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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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die Schultern hoch. Sein Mund war schmal wie Klingen. „Die Gerichtsmediziner werden eine Weile brauchen, um festzustellen, was in dem Wrack zu wem gehört.“
    Entsetzt fuhr sich Taya mit dem Ärmel über das Gesicht – da waren sie wieder, die Tränen! Was zu wem gehörte – sie wusste, was das bedeutete. Die Leichname waren so verstümmelt, dass man sie nicht identifizieren konnte. „Ich werde nicht heulen, solange Cristof zusieht!“, nahm sie sich fest vor. „Was ...?“ Sie stockte, konnte die Frage nicht zu Ende bringen. Aber Cristof verstand sie auch so.
    „Sie wissen, dass es ein Sprengkörper war.“ Auch Cristof schien Mühe zu haben, seine Stimme zu beherrschen. „Anscheinend hatte Alister heute, als er den Turm verließ, den Chronometer dabei, den ich für ihn repariert hatte.“
    Tayas Kopf flog hoch.
    „Warum hat man Euch dann nicht verhaftet?“
    „Hatte man ja.“
    Sie wartete. Er schwieg.
    „Na und?“, drängte sie. „Was ist passiert?“
    „Denk nach. Dass ich einen Chronometer mit einer Bombe präpariere, den ich selbst repariert habe und der ganz klar mir zuzuordnen ist, das wäre ungefähr so logisch wie die Vorstellung, dass du Viera und Ariq rettest, nachdem du zuvor die Drahtfähre sabotiert hast, in der sie unterwegs waren.“ Er warf ihr einen empfindungslosen Blick zu. „Nicht unmöglich, aber doch unwahrscheinlich. Bis man weitere Beweise gefunden hat, kann man keinen von uns wegen solch unwahrscheinlicher Hypothesen noch länger festhalten.“
    Taya ließ ihn nicht aus den Augen.
    „Alister wusste nicht, dass Ihr für die Liktoren arbeitet, oder? Sonst wäre ihm klargewesen, dass Ihr Pins nicht getötet habt.“
    „Nein, und ich habe es dir zu verdanken, dass er in dem Glauben starb, sein Bruder sei ein Terrorist.“
    „Warum habt Ihr es ihm nie gesagt?“
    „Wen kümmert das? Das ist doch egal. Oder?“ Cristof klang bitter. „Selbst wenn er es gewusst hätte – auch das wäre egal. Denn so oder so wäre er tot.“ Er wandte ihr den Rücken zu, die Schultern immer noch bis zu den Ohren hochgezogen. „Verschwinde, Ikarierin. Ich will dich nie wiedersehen.“
    Bestürzt holte Taya tief Luft, um dann ganz langsam wieder auszuatmen. Still massierte sie ihre Handgelenke, schickte sich an, die Zelle zu verlassen. An der Tür blieb sie stehen. Zu viele ungeweinte Tränen brannten ihr in den Augen.
    Alister war tot. Caster war tot. Das herrliche Fest der vergangenen Nacht schien nicht mehr als ein Traum zu sein. Was sollte sie tun? Einfach so verschwinden?
    Verzweifelt lehnte sie die Stirn gegen den Türrahmen. Erst nach einer Weile hatte sie sich wieder so weit im Griff, dass sie sich zu Cristof umdrehen konnte.
    „Ich habe Euren Bruder nicht getötet.“ Herrin, wie schwer es fiel, ruhig und gelassen zu bleiben, dafür zu sorgen, dass ihre Stimme nicht zitterte. „Ich mochte ihn. Ich mochte ihn sogar sehr, und ich mochte auch Caster Octavus. Also werde ich herausfinden, wer sie umgebracht hat. Um ihrer beider willen.“
    „Nein!“ Er sah auf, Trauer im Blick. „Du wirst dich aus allem raushalten und dich benehmen, wie es deiner Kaste entspricht.“
    „So wie Ihr es tut?“
    „Die Liktoren lassen mich in diesem Fall wohl kaum ermitteln. Auch das habe ich dir zu verdanken.“
    „Gut. Ihr könnt mit Eurer Zeit tun, was Euch beliebt. Ich schulde es Alister und dem Erhabenen Octavus, ihren Mörder zu finden.“
    Sie hatte sich erneut zum Gehen gewandt, als der Erhabene sie am Arm packte. Seine schlanken Finger zeigten erstaunliche Kraft, es tat weh, als sie zudrückten. In seinem Gesicht mischte sich Wut mit etwas anderem – Trauer? Verzweiflung?
    „Sei nicht albern. Du wüsstest doch nicht einmal, wo du anfangen solltest.“
    Taya funkelte ihn wütend an, bis sie sah, wie stark die grauen Augen hinter den Brillengläsern gerötet waren. Ihr Zorn verpuffte, als sie den tiefen Schmerz erkannte, der sich hinter Cristofs scharfen Worten verbarg.
    „Unsere Eltern sind tot. Wir haben nur noch einander.“ Das hatte Alister gesagt, und nun war Alister tot, und Cristof stand allein in der Welt.
    „Dann helft mir“, sagte sie. „Er war Euer Bruder. Ihr seid es ihm auch schuldig.“
    Um Cristofs Mund zuckte es. Er ließ Taya los, und sein Blick huschte flüchtig hinaus in den Flur, ehe er sich wieder auf sein Gegenüber konzentrierte.
    „Du musst unterschreiben, damit sie dir deine Flügel wiedergeben. Ich bin im Berauschten Zaunkönig, acht Blocks südlich vom

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