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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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selbst Träger eingestellt hat, benutzt sie sie nicht, um hierher
zu kommen - was für extreme Diskretion spricht, nicht wahr?«
    Eine Dame, die viel zu verlieren hatte, falls die Affäre entdeckt wurde. Doch Trevelyans Arrangements waren so komplex, dass er das bereits wusste.
    »Und das ist alles, was ich weiß«, sagte Caswell in endgültigem Tonfall. »Was nun Euren Teil unserer Abmachung angeht, Mylord …?«
    Obwohl sein Verstand wie betäubt von den schockierenden Enthüllungen war, erinnerte sich Grey an das Versprechen, das er Tom Byrd gegeben hatte, und riss sich so weit zusammen, dass er noch eine Frage stellen konnte, die er beinahe wahllos aus dem Strudel aus Fakten und Vermutungen zog, der gegenwärtig seinen Schädel füllte.
    »Alles, was Ihr über die Frau wisst. Was aber Mr. Trevelyan angeht - habt Ihr ihn je in Begleitung eines Mannes gesehen, eines Bediensteten? Etwas größer als ich, hageres Gesicht, dunkle Haare, und links fehlt ihm ein Eckzahn?«
    Caswell machte ein überraschtes Gesicht.
    »Ein Bediensteter?« Er runzelte die Stirn und kramte in seinem Gedächtnis. »Nein. Ich … nein, halt. Ja, ja, ich glaube, ich habe den Mann gesehen, obwohl ich glaube, dass er nur einmal hier gewesen ist.« Er blickte auf und nickte entschlossen.
    »Ja, so ist es gewesen; er ist gekommen, um seinen Herrn zu holen, mit einem Brief - irgendein Notfall im Geschäft. Ich habe ihn hinunter in die Küche geschickt, um dort auf Trevelyan zu warten -, er war ein hübscher Kerl, trotz des Zahns, aber ich hatte sehr den Eindruck,
dass er für den Zeitvertreib, den er oben möglicherweise zu Gesicht bekommen hätte, nichts übrig gehabt hätte.«
    Tom Byrd wäre erleichtert, diese Expertenmeinung zu hören, dachte Grey.
    »Wann ist das gewesen? Wisst Ihr das noch?«
    Caswell spitzte nachdenklich die Lippen, und Grey musste kurz den Blick abwenden.
    »Ende April, glaube ich, obwohl ich nicht genau - oh. Doch, ich kann es genau sagen.« Er grinste und stellte triumphierend seine verfaulenden Zähne zur Schau. »Das war es. Er hat die Nachricht von der Niederlage der Österreicher bei Prag überbracht, die per Spezialkurier eingetroffen war. Es stand zwar innerhalb von Tagen in den Zeitungen, doch natürlich hatte Trevelyan ein Interesse daran, es als Erster zu erfahren.«
    Grey nickte. Für einen Mann mit Trevelyans Geschäftsinteressen war eine solche Nachricht das Gewicht des Überbringers in Gold wert - oder sogar mehr, je nachdem, wie zeitig sie eintraf.
    »Eine letzte Frage noch. Als er so hastig aufgebrochen ist - ist die Frau dann auch gegangen? Und ist sie mit ihm zusammen gegangen, anstatt sich ein eigenes Transportmittel zu nehmen?«
    Darüber musste Caswell, der an der Wand lehnte, kurz nachdenken.
    »Ja-a, sie sind zusammen gegangen«, sagte er schließlich. »Ich meine, mich erinnern zu können, dass der Bedienstete losgelaufen ist, um eine Mietdroschke zu holen, und sie sind zusammen eingestiegen. Sie war natürlich vollkommen verschleiert. Ziemlich schmal allerdings; ich hätte sie leicht für einen Jungen halten können, wenn
ihre Gestalt nicht die richtigen Rundungen gehabt hätte.«
    Jetzt richtete sich Caswell gerade auf und ließ einen letzten Blick über das leere Zimmer schweifen, als wollte er sich überzeugen, dass es keine weiteren Geheimnisse herausrücken würde.
    »So, damit habe ich meinen Teil der Abmachung erfüllt, Herzchen. Wie steht’s mit dem Euren?« Seine Hand schwebte über der Kerze, eine hagere Klaue im Begriff, die Flamme auszudrücken. Grey sah die glänzenden Obsidianaugen einladend auf sich geheftet und war sich des großen Bettes dicht hinter ihm nur allzu bewusst.
    »Natürlich«, sagte Grey und schritt gezielt zur Tür. »Wollen wir uns in Euer Büro zurückziehen?«
    Man hätte Caswells Gesichtsausdruck ein Schmollen nennen können, wären seine Lippen voll genug gewesen, um Derartiges zuwege zu bringen.
    »Wenn Ihr darauf besteht«, sagte er seufzend und löschte die Kerzenflamme, die in duftendem Rauch verpuffte.
     
    Die Dämmerung begann über den Dächern von London aufzusteigen, als Grey Caswells Allerheiligstes verließ, allein. Er blieb am Ende des Korridors stehen, lehnte die Stirn gegen das kühle Glas des Fensters und sah zu, wie die Stadt in unmerklichen Schritten aus ihrem nächtlichen Umhang auftauchte. Gedämpft durch die Wolken, die im Lauf der Nacht aufgezogen waren, nahm das Licht in Graustufen zu, die nur fern über der Themse durch einen schwachen

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