Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben
zurück.
Mein erster Besuch galt dem Schmuckstand, wo ich nach Drahtspulen suchte. Die Auswahl war überwältigend.
»Was brauchst du denn?«, fragte der Verkäufer.
»Ich suche etwas Stabiles, das dennoch weich genug ist, dass ich es mit den Händen biegen kann.« Nachdem ich mir das fertige Produkt kurz vor Augen gerufen hatte, streckte ich den Arm aus. »Ungefähr dreimal so lang.«
Er stöberte herum und förderte mehrere Spulen zu Tage.
»Ich empfehle diese hier«, er klimperte mit einer, »weil sie nicht teuer ist, und du brauchst eine Menge.«
»Das klingt perfekt.« Dankbar dafür, dass er mir die Wahl erleichtert hatte, betrachtete ich die Auslage. Silber, Gold, Dinge, die ich nicht identifizieren konnte. »Woher hast du eigentlich das ganze Metall?«
Der Verkäufer schrieb meine Rechnung. »Das meiste davon wird von den Bergen heruntergespült, aber es gibt in der Nähe zwei Höhlen mit Drohnenabbau.« Sein Bleistift schwebte über dem Papier, und er sah mich kurz an. »Wie war noch mal dein Name?«
Ich versuchte, mich größer zu machen. »Ana. Aber stell die Rechnung bitte auf Dossam aus.«
Seine Augen wurden schmal, und ich widerstand dem Drang, mich zurückzuziehen, als er die Rechnung fertig stellte. »Komm nicht wieder her, Seelenlose.« Er drückte mir das Papier und die Drahtspule in die Hände. »Lieber Janan, warum werden wir so geprüft?«
Eine hohe Stimme piepste hinter mir. »Es wäre eine Schande, wenn die Leute wüssten, wie unhöflich du zu deinen Kunden bist, Marika.« Ein kleines Mädchen von vielleicht neun Jahren lächelte mich breit an. »Ich wünsche dir noch einen schönen Nachmittag, Ana.«
Ich nahm mir meine Sachen und eilte davon. Jeder kannte mich. Menschen, die mich hassten, Menschen, denen ich egal zu sein schien, und sogar Menschen, die mich aus unerklärlichen Gründen mochten. Wie Sarit oder das Mädchen am Schmuckstand.
Die Maskerade stand bevor. Dann würde mich niemand erkennen.
Ich brauchte nicht lange, um Larkin zu finden, der gefärbten Stoff verkaufte. Ich zeigte mit den Armen, wie viel synthetische
Seide ich wollte, und wir sprachen über Farben und Preise, bevor wir uns einigten. Erst dann fragte er mich nach meinem Namen, aber er fiel in die Kategorie der Leute, denen es egal war. Das war eine Erleichterung.
Während er meine Sachen zusammenfaltete und eine Rechnung für Sam schrieb, ließ ich den Blick über den Markt schweifen. Die Menschen waren nicht weniger geworden. Noch immer feilschten die Leute um Kinkerlitzchen und teilten sich eine Kleinigkeit zu essen. Kinder marschierten zwischen den Ständen umher und benahmen sich genau wie Erwachsene. Ich sah sogar einen Säugling, der still und reif seine gegenwärtigen Eltern zu Dingen hinlotste, die er haben wollte. Ich musste ein solcher Schock für die Welt gewesen sein, außer Stande, mich anders mitzuteilen als durch hirnloses Geschrei.
Armande entdeckte mich und winkte mir zu, ebenso wie einige andere, bei denen ich Unterricht hatte. Ich winkte zurück und fragte mich fast, ob Sam sie geschickt hatte, um auf mich aufzupassen.
Eine hochgewachsene Gestalt erschien in meinem Augenwinkel. Sie berührte mich an der Schulter.
»Stef, ich habe gesagt, ich …«
Ich drehte mich um und taumelte stotternd zurück. »Li.« Sie sah genauso aus wie an meinem Geburtstag, grimmig und ewig verärgert über meine Existenz. Mein Körper versteifte sich.
Larkin, der meine Sachen eingepackt hatte, kehrte zurück. »Bitte, Ana.« Dann wurde auch er still.
»Also.« Li riss die Rechnung aus Larkins Hand. »Du hast jemand anderen gefunden, der sich um dich kümmert. Dossam war schon immer ein Narr.«
Meine Kehle war zugeschnürt. Ich wollte zurückblaffen und sagen, niemand kümmert sich um mich, aber tat er das nicht?
»Nichts zu sagen?«, höhnte Li und drückte das Papier Larkin wieder in die Hand. »Ich sollte wohl beeindruckt sein, dass du es bis hierher geschafft hast, bei deinem Orientierungssinn.«
»Du hast mir einen defekten Kompass gegeben.« Ein Teil von mir wünschte, jemand würde kommen und mir helfen. Der größte Teil von mir wünschte, ich könnte mich allein gegen sie behaupten. »Deinetwegen wäre ich fast gestorben.«
»Du weißt, dass du deine Ausrüstung überprüfen musst.«
»Geh weg.« Meine Stimme verlor sich bestimmt in dem Lärm der Menge und dem Klopfen meines Herzens. »Du gehörst nicht mehr zu meinem Leben. Lass mich in Ruhe.«
Sie kniff mir ins Kinn und hob mein Gesicht.
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