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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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hört sich an, als ob sie mich umzingelt hätten. Ich höre Knacken und Rascheln aus dem Wald, jedes Geräusch zerrt an meinen Nerven.
    Also mache ich mich auf den Weg in die Sicherheit, zu den anderen, renne fast, weil ich überzeugt davon bin, dass die Zäune durchbrochen worden sind und die Mudo mich verfolgen. Ich platze auf die kleine Lichtung, wo Elias und Cira nebeneinander am Feuer sitzen. Elias springt auf und fängt mich in seinen Armen auf.
    »Was ist?«, fragt er. Er schaut an mir vorbei den Pfad entlang und greift schon nach seinem Messer.
    »Mudo«, bringe ich panisch hervor. »Das Stöhnen …«
    Elias schiebt mich hinter sich und geht ein paar Schritte. Cira streckt den Arm nach mir aus.
    »Sind sie durch den Zaun gebrochen?«, fragt er. Er wirkt kampfbereit.
    »Ich … ich weiß nicht«, stammele ich. »Sie schienen so nah zu sein. Also ob sie mitten auf dem Pfad wären.«
    Er wartet noch eine Weile, das Stöhnen umwabert und umweht uns. Schließlich normalisiert sich mein Herzschlag, und ich kann wieder klar denken. Keine Leiche stolpert in unseren schmalen Lichtstreifen.
    »Ich habe es mir wohl nur zu nahe gehen lassen«, sage ich dann. Es ist mir peinlich, dass ich in Panik geraten bin. »Es war dunkel und …«
    Cira hält meine Hand. »Ist schon gut«, sagt sie leise. »Es ist okay, Angst zu haben.«
    Ich drehe mich zu ihr, mir war gar nicht klar, wie sehr ich es gebraucht habe, das zu hören. Sie zieht mich an sich, und ich will mich an sie lehnen, doch ich bin vorsichtig, denn sie ist noch schwach, weil sie viel Flüssigkeit und Blut verloren hat. Eigentlich sollte ich sie wohl halten. Aber im Moment brauche ich jemanden, der mich beruhigt.
    »Wo ist Catcher?« Habe ich ihn vielleicht vertrieben?
    Sie sieht mir ins Gesicht. Hat Catcher ihr von mir erzählt, von unserem Beinahe-Kuss? Dass er weggerannt ist, als ich mich an ihn drücken wollte? Begreift sie überhaupt, was mit ihm los ist?
    »Er wollte den Weg zurückgehen und sich vergewissern, dass uns niemand in den Wald gefolgt ist«, sagt sie gähnend.
    Ich werfe Elias einen Blick zu. Er zuckt mit den Schultern. An diese Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht – dass uns Miliz und Rekruter verfolgen könnten. Es wäre doch dumm, so ein Risiko einzugehen, das ist keiner von uns wert. Ich lege mich neben Cira und überlege bei jedem knackenden Zweig, ob uns jetzt die Mudo holen kommen oder ob das eine andere Bedrohung ist, die uns noch unbekannt ist.
    »Sie sind uns gefolgt«, sagt Catcher plötzlich am nächsten Morgen. Wir haben unser bisschen Essen herumgereicht und versucht, die zu beiden Seiten des Zaunes herumschlurfenden Mudo zu ignorieren. Ich halte mitten im Zubeißen inne und warte darauf, dass Catcher mich ansieht, damit ich irgendwie ausmachen kann, wie es ihm mit dem geht, was gestern Abend zwischen uns vorgefallen ist. Aber er meidet meinen Blick, seit er zurück ist.
    »Was?«, frage ich im selben Augenblick wie Cira und Elias.
    »Ich habe letzte Nacht eine Abkürzung durch den Wald genommen, diese Pfade winden sich ziemlich«, erklärt Catcher. Cira erstarrt, als ihr Bruder davon spricht, wie er zwischen den Mudo im Wald herumgestreift ist, doch sie schweigt. »Ich bin fast bis zum Fluss, fast bis nach Vista gelaufen.« Er schaut Elias an und dann auf die Kordel der Wasserflasche, die er zwischen den Fingern dreht. »Sie lassen die Soulers Zäune vom Pfad zur Brücke über den Wasserfall bauen, damit sie uns folgen können, ohne riskieren zu müssen, dabei durch den Wald zu laufen.«
    Elias wird weiß im Gesicht und ballt die Hände zu Fäusten.
    »Was redest du da, Catcher?«, fragt Cira, und ich nicke, obwohl ich immer noch nicht begreife, was los ist.
    »Ich weiß nicht, wer das veranlasst hat – die Miliz, die Rekruter oder beide. Aber sie treffen Vorbereitungen, den Wald zu betreten und uns auf dem Pfad zu verfolgen.«
    Mein Magen verkrampft sich, mir wird übel.
    »Und was soll das?«, fragt Cira. »So wichtig kann ich doch nicht für sie sein. Ich weiß, ich sollte mich den Rekrutern anschließen, aber warum gehen die so ein Risiko ein?«
    Ich stehe auf und entferne mich ein paar Schritte von den anderen. In meiner Vorstellung steht Daniel vor mir. Ich sehe den roten Fleck auf seinem Hemd, sehe, wie er mich angeschaut hat. Hinter mir sind sie her, nicht hinter Cira. Für das, was ich getan habe, werden sie mich nicht davonkommen lassen. Wieder bin ich an allem schuld, nur diesmal habe ich auch meine Freunde in Gefahr

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