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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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daran. Ich sehe, wie aufgewühlt Elias ist. »Ein Immuner kann überall hingehen. Alles tun.« Er fängt an, in kleinen Kreisen herumzulaufen, mir wird ganz schwindlig vom Zuschauen.
    »Weißt du, wie viele Städte und Siedlungen es da draußen gibt, die von Ungeweihten derart überrannt sind, dass es für lebende Menschen unmöglich ist, sie zu erreichen?«, fragt er. »Aus den sicheren Gebieten ist alles herausgeholt worden. Aus allen überlebenden Städten haben wir geholt, was wir konnten. Denkt an all die Orte da draußen, an die ein Immuner gehen könnte, um Nachschub zu holen. Und nicht nur das, Immune sind die idealen Waffen. Sie können mitten in die Horden gehen und auch noch den letzten Ungeweihten töten. Sie können gefangene Menschen befreien.« Er greift sich an den Kopf. »Die Rekruter würden alles tun, um einen Immunen in die Hände zu bekommen.«
    Cira ist so bleich, wie ich mich fühle. Daran hatte ich nie gedacht, ich hatte mir nie überlegt, welche Bedeutung Catchers Immunität im größeren Maßstab hatte. Mir war nur wichtig gewesen, dass er lebte und nicht sterben würde – und dass wir noch zusammen sein konnten. Meine Beine geben unter mir nach, ich setze mich auf den Boden. Wir schweigen, denken über diese neuen Informationen nach, und jeder einzelne von uns überlegt, welche Auswirkungen sie auf uns und unsere Beziehung zu Catcher haben.
    »Dann gehe ich zurück«, sagt er leise.
    Cira schreit auf. »Nein!« Sie packt seinen Arm. »Nicht, ich habe doch schon einmal geglaubt, ich hätte dich verloren. Nicht jetzt, ich brauche dich. Nein, Catcher.«
    Er legt ihr die Hand auf die Wange, aber sie schüttelt nur den Kopf. »Nein«, wiederholt sie. »Nein.«
    »Es ist so, wie Gabry gesagt hat.« Er schaut mir in die Augen. »Das ist die einzige Möglichkeit, unsere Sicherheit zu garantieren. Nur so bleiben die Menschen geschützt, die ich liebe.«
    »Du kannst nicht gehen«, sage ich leise. »Bitte.«
    In diesem Augenblick fühlt es sich an, als wären wir hier allein. Alles andere verschwindet in der Versenkung. Es gibt keine Mudo, keine Ansteckung, keinen Pfad und keine Rekruter. Nur uns. Wir schauen einander an wie in jener Nacht im Vergnügungspark vor unserem ersten Kuss. Ich will diesen Augenblick nehmen, ihn gut verpacken und für immer bei mir behalten.
    Doch dann räuspert Elias sich, und ich werde aus meinen Gedanken gerissen.
    »Das wird sie nicht davon abhalten, uns zu verfolgen«, sagt er. »Das ist das Problem. Die Rekruter haben keine Kontrolle über die Immunen – die gehen einfach in eine Horde Mudo oder sonst was, wenn sie fliehen wollen. Deshalb müssen die Rekruter diejenigen fangen, die dem Immunen nahestehen. Nur so können sie sich darauf verlassen, dass sie auch wiederkommen. Wenn sie jemanden festhalten, den der Immune liebt, wird er seine Pflicht tun und immer wieder zurückkommen.«
    Ich atme scharf ein und schaue Cira an.
    »Ich?«, sagt sie mit ängstlichem Blick.
    Elias nickt und sieht zu mir. »Wir alle«, erwidert er. »Wir sind alle mit ihm geflohen. Deshalb werden sie glauben, dass wir ihm alle etwas bedeuten. So etwas kommt vor, ich habe schon davon gehört.«
    Catcher spuckt auf den Boden und entfernt sich mit hinter dem Kopf verschränkten Händen von uns, er geht den Weg hinunter, seine Fingerknöchel treten weiß hervor. Am liebsten möchte ich seinen Arm nehmen, ihn beruhigen, aber mir gehen immer noch Elias’ Worte und ihre Bedeutung durch den Kopf. Wir sind jetzt alle Zielscheiben. Keiner von uns kann zurück.
    »Wir haben Zeit«, ruft Cira ihrem Bruder zu. »Du hast doch gesagt, sie wären noch nicht mal im Wald. Die Soulers sind noch dabei, den Pfad mit der Brücke zu verbinden.«
    Catcher schüttelt den Kopf, als er wieder zu uns zurückkommt. »Ich kann nicht, Cira«, sagt er. »Ich kann nicht zulassen, dass die Soulers so von ihnen ausgenutzt werden. Wenn einer von ihnen stirbt, dann ist es meine Schuld.«
    Wenn sie von der Ansteckung sterben, will ich gerade sagen, dann ist es wahrscheinlich das, was sie wollen, aber Elias spricht zuerst.
    »Man zwingt die Soulers nicht zu dieser Arbeit«, erklärt er. »Sie machen es freiwillig. Das ist der Punkt. Für die Rekruter bist du ein Werkzeug, für die Soulers jedoch bist du so etwas wie ein Prophet, du hast die Ansteckung überlebt. Sie werden alles tun, um dich zu bekommen, genau wie die Rekruter.«
    Catcher lässt sein Gesicht in die Hände sinken. Ich stehe nur da und starre die anderen an.

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