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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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Etwas in mir will den Druck und die Angst loslassen und darüber lachen, wie schnell sich alles geändert hat und wie verrückt diese Welt sein kann. Letzte Woche war Catcher noch ein ganz normaler junger Mann, der eine normale Zukunft vor sich hatte. Und jetzt hat er nicht nur seinem eigenen Tod ins Auge geschaut, sondern sieht sich plötzlich konfrontiert mit einer Sekte, die ihn verehren, und mit einer Armee, die ihn benutzen will.
    »Was machen wir?« Ich spreche aus, was alle anderen denken.
    »Wir gehen weiter«, sagt Elias schlicht.
    Schweigend sitzen wir da, jeder ist in seine eigenen Gedanken versunken und versucht zu begreifen, was hier geschieht. Und dann seufzt Catcher und bietet erst Cira eine Hand an, dann mir. Seine Haut ist noch immer heiß, doch ich habe mich daran gewöhnt. Ob ich wohl je wieder an Catcher denken werde, wie er früher war?
    Ich starre den Pfad entlang, bevor wir uns wieder in Bewegung setzen. Irgendwo vor uns ist meine Mutter. Ich kann nur hoffen, dass alles gut wird, wenn wir sie bloß finden. So wie damals als Kind, wenn sie mir die aufgeschlagenen Knie oder Ellenbogen geküsst hat. Mein ganzes Leben lang hat sie alles wieder in Ordnung bringen können. Das ist die Hoffnung, an der ich mich festhalte, während wir auf dem endlosen Pfad gehen und gehen und immer weitergehen.
    Cira ist immer noch schwach und langsam. Catcher und Elias bleiben bei ihr zurück, und so erreiche ich die Gabelung als Erste und lasse meinen Rucksack auf den Boden fallen.
    Die Zäune zu beiden Seiten des Pfades wirken hier anders, zerbrechlicher. Das Metall ist verbogen und altersschwach. Ich rüttele daran und frage mich, ob es die Mudo wohl abhalten kann. Als ich die Hand wieder zurückziehe, ist meine Handfläche mit etwas Schwarzem, Ascheähnlichem bedeckt, und ich wische sie mir am Hemd ab.
    Hier ist der Wald dick und üppig, aber die Vegetation ist noch ziemlich jung. In der Ferne kann ich einen großen Baum mit Brandstellen sehen. Ich schließe die Augen und versuche zurückzudenken. Kann ich mich an Feuer erinnern? An geschwärzte Baumstümpfe?
    Frustriert trete ich gegen den Zaun, dabei höre ich ein Klirren. Als ich mich danach bücke, finde ich einen Riegel, der mit dem am Tor identisch ist, nur hat dieser eine Kruste aus Dreck und Asche. Erstaunt reibe ich ihn sauber, bis die Buchstaben erscheinen: VI .
    Das ist die zweite Zahl, die ich gefunden habe, die zweite Kennzeichnung auf den Pfaden. Ich hocke mich hin, als ich begreife, was das bedeutet: Der Wald hat einen Code. Irgendein Flüstern streift am Rand meines Bewusstseins entlang, zupft daran und tänzelt davon. Nichts, das ich fassen oder mir genauer anschauen könnte.
    »Diese Pfade scheinen markiert zu sein«, erzähle ich den anderen, nachdem sie mich eingeholt haben. Ich zeige auf den Riegel. »Dies ist Nummer sechs, und der andere ist acht. Der letzte am Tor war vier.«
    »Dann müssen wir tiefer in den Wald hineingegangen sein«, meint Catcher. »Vielleicht bedeuten die Markierungen das. Vielleicht kann man damit die Entfernungen bestimmen.«
    Ich verziehe das Gesicht. »Vielleicht«, sage ich, bin jedoch nicht überzeugt. Ich werfe Elias einen Blick zu, aber der schweigt. Er hilft Cira auf den Boden, wo sie die verbundenen Arme auf die Beine legt und in tiefen Zügen Luft holt.
    Wir sollten hier Rast machen. Wir sollten sie nicht so fordern. Trotzdem lehnt sie jedes Mal ab, wenn wir sie eine Pause machen lassen wollen. Wir sind uns alle bewusst, dass die Rekruter uns auf den Fersen sind.
    »Wo entlang?«, frage ich.
    Catcher wägt ab. »Wir könnten es auskundschaften«, antwortet er, aber Cira schüttelt bereits den Kopf.
    »Wir müssen weiter«, sagt sie. »Hier scheint es wieder dahin zurückzugehen, wo wir hergekommen sind.« Sie zeigt mit dem Finger auf den nach rechts führenden Pfad. »Ich würde sagen, wir nehmen den anderen Weg, damit wir auch ganz bestimmt nicht im Kreis laufen.«
    Ihre Augen sind noch immer dunkel gerändert und eingesunken, aber ihre Haut wirkt gesünder. Ich habe nicht mit ihr über das geredet, was geschehen ist, was sie sich angetan hat. Und ich widerstehe dem Drang, den Superhelden zu umklammern, den ich noch immer am Hals trage. Einen Moment lang frage ich mich, ob sie sich wohl auch geschnitten hätte, wenn ich die Figur nicht von ihr angenommen hätte, wenn ich sie nicht allein gelassen oder wenn ich vermocht hätte, ihr irgendwie Hoffnung zu geben.
    Ich möchte sie um Entschuldigung bitten, habe

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