Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)
Bioderma und diesem Unsinn zu tun hat«, fügte er ein wenig lauter hinzu.
»Hören Sie«, gab ich zurück, »wenn Sie mich wiedersehen wollen, dürfen Sie meinen Kunden nicht beleidigen.« Nicht schlecht, Wilson. Wie hast du das geschafft?
Erneut lächelte er, diesmal breiter. »Bioderma ist eine ganz reizende Firma, die ich nicht mehr aus dem Kopf bekomme. Ich werde heute Nacht mit dieser hübschen kleinen Präsentationsmappe unter dem Kopfkissen schlafen.«
»Schon besser.«
Er streckte den gekrümmten Zeigefinger aus, der einen Moment zwischen uns in der Luft schwebte und dann mein Kinn entlangfuhr. »Einen guten Flug morgen«, murmelte er.
»Ihnen auch«, sagte ich atemlos.
Und dann fand ich irgendwie die Kraft, mich umzudrehen und zu gehen.
4
(Per E-Mail)
Julian: Kate, steige gerade in LaGuardia in den Flieger. Mappe sicher und warm unter meiner Jacke verstaut. Werde sie im Flugzeug lesen. Julian.
Ich: Was, kein Privatjet. Was für ein milliardenschwerer Hedgefonds-Manager sind Sie? Kate.
Julian: Offenbar eine Schande für meine Zunft. Geoff hat mir letztes Jahr zu Weihnachten Anteile von NetJets geschenkt, aber ich vergesse immer, sie zu benutzen.
Ich: Wie kann man einen Privatjet vergessen?
Julian: Aktionäre zuerst. Wo sind Sie jetzt?
Ich: Im Taxi, sitze auf der Triborough fest. Flug geht in einer Stunde. Werde allmählich nervös.
Julian: Falls Sie den Flug verpassen, rufe ich für Sie bei NetJets an.
Ich: Da würden die zu Hause aber Augen machen. Kate fliegt über Weihnachten in einer Gulfstream ein. Wie viele Anteile müsste ich dafür kaufen?
Julian: Merken Sie sich den Gedanken. Muss jetzt mein Telefon abschalten.
Ich: Wo sitzen Sie?
Julian: (später) 8C .
Ich: Hm, ein Fan von Gangplätzen.
Julian: Und Sie?
Ich: Fenster. 12A. So, sind jetzt am Flughafen. Bis nachher.
Julian: Flug gekriegt?
Ich: (später) Mit knapper Not. Moment, meine Sitzreihe wird aufgerufen.
Julian: Im Landeanflug. Boston sieht braun und gar nicht weihnachtlich aus.
Ich: (später) Sitze jetzt. Übernachten Sie in Boston?
Julian: Nein. Fliege nach der Besprechung zurück nach NY.
Ich: Und dann?
Julian: Glas Wein, gutes Buch, nachdenken über die Geheimnisse Ihrer wundervollen Gesellschaft. Und Sie?
Ich: In Familie. Essen, Eierpunsch, Weihnachtslieder. Verbringen Sie Weihnachten allein? Sind Sie nicht bei Geoff zum Essen eingeladen?
Julian: Morgen. Keine Sorge, ist kein Problem. Bin daran gewöhnt. Können natürlich gern vorbeikommen, wenn Sie möchten.
Ich: Ich schicke Ihnen so viele Weihnachtsgrüße, dass Ihnen schwindlig werden wird. Wie ist Geoff denn so?
Julian: In Ordnung, ziemlich langweilige Frau, zwei ungebärdige Kinder.
Ich: Inwiefern langweilig?
Julian: Konventionell. Wohnt in Greenwich. Kauft viel ein. Aspen im Januar, Nantucket im August. Zwillinge durch künstliche Befruchtung.
Ich: Igitt. Hoppla, wir landen. Böser Blick von Stewardess. Bis später.
Julian: Unsanfte Landung. Unterwegs zum Taxi .
Ich: Und wo ist Ihre Sitzung?
Julian: Harvard .
Ich: Der Stipendiumsfonds? Wie lange wird es dauern?
Julian: Weiß nicht. Gebe Bescheid, wenn ich fertig bin. Wäre schrecklich, auch nur einen Moment Ihrer Weihnachtsstimmung zu verpassen.
Ich: Haben Sie die Präsentation noch bei sich?
Julian: Dicht an meinem Herzen.
Ich: Stopp. Sie wickeln mich um den Finger.
Julian: Also besteht noch Hoffnung. Taxi fährt vor. Denke an Sie.
Ich: (später) Im Auto mit Mom und Dad. Etwa einen Meter fünfzig Schnee. Denke auch an Sie.
Julian: (viel später) Sitzung gerade zu Ende. Froh, dass Sie gut angekommen sind .
Ich: Uff, lange Sitzung. Welchen Rückflug nehmen Sie?
Julian: Um acht.
Ich: Vielleicht sehen Sie ja den Nikolausschlitten :-). Laut Webseite des Verteidigungsministeriums schwebt er gerade über dem Atlantik.
Julian: Werde Ausschau halten. Frohe Weihnachten, Kate.
Ich: Frohe Weihnachten. Wünschte, Sie könnten die Festtagsstimmung hier sehen. Meine Mutter übertreibt immer ein bisschen. Der Vorgarten ist echt peinlich.
Ich: (später) Melde mich noch einmal wie versprochen. Gute Laune hier. Glaube, Dad hat zu viel Brandy in den Eierpunsch gekippt. Sein Cousin Pete versucht ständig Mom unter den Mistelzweig zu locken. Wie läuft es bei Ihnen?
Julian: Bin ziemlich müde. Gehe jetzt ins Bett.
Ich: Gute Nacht. Ist auch sicher alles in Ordnung?
Julian: Bestens. Gute Nacht. Halten Sie sich von Cousin Pete fern .
Ich: (viel später, am nächsten Tag) Julian, wollte Ihnen nur frohe
Weitere Kostenlose Bücher