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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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bleibt er denn?«
    Wie auf ein Stichwort läutete Julians Mobiltelefon.
    »Kopf hoch, Liebling«, sagte er und nahm das Gespräch an. »Laurence hier. Ja, Daniel. Danke, dass du dich meldest. Moment. Wir setzen uns in die Bibliothek. Ich schalte dich auf Raumlautsprecher.«
    Als Julian mich zu sich winkte, ging ich voraus in die Bibliothek. Ich fühlte mich wie betäubt. Auf einem dreibeinigen Tisch am Fenster stand ein Konferenztelefon. Julian kramte ein Kabel aus der Schreibtischschublade und verband sein BlackBerry mit dem Apparat.
    »Daniel?«, sagte er in den Lautsprecher.
    »Hier bin ich«, erklang die Stimme des Anwalts. Julian zog mir einen Stuhl heran. »Wie ist die Landluft, Laurence?«
    »Wunderbar. Miss Wilson ist hier bei mir, Daniel.«
    »Hallo, Miss Wilson. Daniel Newton. Soweit ich im Bilde bin, haben die Arschlöcher bei Sterling Bates Sie den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.«
    »Äh … nennen Sie mich Kate. Ja, ich denke, so könnte man es ausdrücken«, erwiderte ich. In meinem Hinterkopf hielt sich hartnäckig eine schwere und bedrohliche Masse. Ich warf einen Blick auf Julian, der sich mit einer eleganten Bewegung rittlings auf den Stuhl neben mir setzte und sich mit der Hand durchs Haar fuhr. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es je jemandem gelingen würde, seine Entschlossenheit ins Wanken zu bringen oder seine überlebensgroße Wucht aus der Bahn zu werfen.
    »Keine Kraftausdrücke, Daniel«, warnte Julian. »Sie hat eine bessere Erziehung genossen als die Frauen, mit denen du dich für gewöhnlich umgibst.«
    Lautes Gelächter hallte aus dem Lautsprecher. »Hahaha!«, prustete Daniel selbstbewusst. »Da hast du offenbar endlich jemanden gefunden, der dir Zunder gibt, Laurence. Hahaha! Also, Kate, jetzt erzählen Sie mir mal, was passiert ist. Mir juckt es in den Fingern, den freundlichen Herren in Ihrer ehrenwerten Firma – Ihrer Ex-Firma – die Hölle heißzumachen.«
    Schmunzelnd stellte ich fest, dass Daniel Newton mir sympathisch war. Ich malte mir aus, wie er an seinem Schreibtisch in Manhattan saß, ein Bär von einem Mann, mit Bauch, einem gemusterten Einstecktuch aus Seide in der Sakkotasche und einem altmodischen Goldclip, der seine Krawatte ans maßgeschneiderte Hemd heftete. Der Druck in meinem Kopf ließ nach. »Nun, ich kann nur meine Seite der Ereignisse schildern, Daniel«, begann ich. »Was die anderen getrieben haben, weiß ich nicht, denn sie waren nicht gerade offen zu mir.«
    »Das wird ja immer besser«, murmelte er, anscheinend vom Jagdfieber ergriffen.
    Ich berichtete ihm alles, so gut ich konnte, angefangen von der ersten Auseinandersetzung mit Alicia wegen des Bioderma-Geschäfts bis zu ihrem seltsamen Verhalten in den nächsten Monaten, dem Zwischenfall mit dem Laptop, den Gerüchten zum Thema Handelsvolumen und Southfield und der Kündigung an sich. Abschließend fügte ich noch das hinzu, was Charlie herausgefunden hatte. Daniel lauschte, wie es nur ein Anwalt kann – aufmerksam und ohne mich zu unterbrechen, außer, um einige klärende Fragen zu stellen.
    »Also, Kate«, verkündete er dann, »wenn das alles war, haben wir verd … ziemlich gute Chancen. Ich würde empfehlen, Beschwerde einzulegen und Einsicht in Ihre Personalakte und insbesondere in die gegen Sie vorliegenden Beweise zu fordern. Es ist absolut ungesetzlich, dass man sie Ihnen bei der Besprechung vorenthalten hat. Vermutlich hat man auf Ihre Unerfahrenheit vertraut. Sie sagen, Sie hätten etwas unterschrieben. Was war das denn?«
    »Ja, habe ich«, erwiderte ich. »Aber ich weiß nicht wirklich, was in dem Dokument stand. Es war irgendeine Verzichtserklärung. Ja, das war dumm von mir. Halten Sie mir ruhig eine Anwalts-Gardinenpredigt. Aber ich war in diesem Moment so wütend, dass es mich nicht interessiert hat. Außerdem haben sie mir gedroht, sie würden mir sonst nicht erlauben, den Raum zu verlassen, und ich wollte nur noch raus …«
    »Bitte nimm zur Kenntnis, Daniel«, mischte sich Julian in einem Ton ein, der so eiskalt und gnadenlos war, dass ich vor Schreck fast vom Stuhl fiel, »dass ich diese Dreckskerle fertigmachen will. Ich will, dass sie vor den Kadi gezerrt werden.«
    »Oh, ich bin genauso sauer wie du«, sagte Daniel. »Aber die Entscheidung liegt bei Kate, richtig?«
    »Wir wollen es langsam angehen, einverstanden?«, flehte ich. »Freunde von mir ziehen in der Firma Erkundigungen ein. Ich würde lieber erst sehen, was dabei herauskommt, bevor ich dem Laden einen

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