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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Koelle
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in dem Alter! Ich wünschte, Christiane könnte sie sehen. Das fände sie bestimmt nicht richtig . Ich find’s klasse.“
    Carly klapste ihm lachend auf die Finger.
    „Benimm dich, sonst bekommt ihr Männerhass gleich neuen Schwung.“
    Beeindruckt sahen sie, wie Elisa mit einer großen, schlanken Frau auf das Haus zukam, die fuchsienfarbene sehr kurze Shorts zu einer weißen Bluse und eine ebenfalls fuchsienfarbene Kette aus dicken Holzperlen trug. Ihre dichten Haare waren zu einem langen weißen Zopf geflochten. Carly musste sofort an das eine von zwei Bildern im Haus denken, die nicht von Henny waren. Es hing oben im Flur und zeigte eine große Mohnblume. Ganz anders als in Hennys Bildern gab es hier keine Feinheiten, aber die Blume strahlte eine ungenierte Lebenskraft aus, die das Bild anziehend machte. Signiert war es mit „Myra Webelhuth.“ Carly hatte es mit einem Fragezeichen auf die Liste gesetzt, und Elisa es mit einem moderat ansehnlichen Betrag versehen.
    „Ist sie als Künstlerin auch bekannt?“, fragte Carly.
    „Nicht vom Namen her bekannt“, meinte Synne. „Aber wenn Leute ihre Bilder sehen, nehmen sie oft eins mit. Sie strahlen etwas aus, das guttut. Sommer eben.“
    „Hallo.“ Myra nickte in die Runde, als sie die Küche betrat. An Carly blieb ihr Blick hängen.
    „Ist das nicht Hennys Kleid?“
    „Ähm ... ja, ich ...“ Carly fühlte sich ertappt.
    Ein Lächeln zauberte ein verblüffendes Strahlen auf Myras Gesicht.
    „Es steht dir. Du siehst Henny ähnlich. Es würde sie freuen. Wie oft habe ich versucht, ihr diese langen Fummel auszureden! Aber sie passten zu ihr. Warum ist es wichtig, mehr Bilder zu finden?“
    Carly freute sich, dass Myra das „Sie“ fallengelassen hatte, offenbar aufgrund der angeblichen Ähnlichkeit mit Henny. Es war wie eine Auszeichnung.
    „Ich hatte gehofft, wenn die nötige Summe anders aufzutreiben wäre, dass ich die Besitzer überzeugen könnte, Naurulokki nicht zu verkaufen.“ Carly erwähnte Thore vorsichtshalber nicht ausdrücklich.
    „Außerdem weißt du selbst, dass Hennys Bilder an die Öffentlichkeit gehören!“, mischte sich Elisa ein.
    „Gute Gründe. Sehr gute Gründe. Hmmm. Erzählt hat sie mir nichts.“ Myra zog die Stirn kraus, ging systematisch durch alle Räume, musterte die Möbel und Wände, sah in Schränke, klopfte an die Tapete, schüttelte den Kopf. Oben im Flur öffnete sie einen in die Wand eingelassenen Schrank, dessen Türen Carly bisher für ein schlichtes Holzpaneel gehalten hatte. Doch darin fanden sich nur Stiefel und Taschen. Schließlich wies Myra zur Decke.
    „Habt ihr auf dem Dachboden nachgesehen?“
    „Dachboden?“
    Alle hoben den Kopf. In der Decke war eine viereckige Platte eingelassen, die, wie der Schrank, eine Dekoration zu sein schien. Carly war nicht auf die Idee gekommen, dass es einen Dachboden gab. Die Vorstellung, dass die ganze Zeit Gott weiß was über ihrem Kopf gelegen haben könnte, war unheimlich.
    Ralph streckte die Hand aus, aber die Decke war zu hoch. Er griff nach einem Stuhl, der neben der Tür stand, doch Myra winkte ab, marschierte in Hennys Zimmer und zog eine Leiter hinter dem Kleiderschrank hervor.
    „Als Kinder haben wir da oben manchmal gespielt. Aber es war sehr stickig.“
    „Soll ich?“ Ralph sah sich in der Runde um. Niemand widersprach.
    Die Platte knarrte nicht, als Ralph sie anhob. Carly fand die Stille viel gespenstischer. Ralph steckte den Kopf durch die Öffnung. Muffige Luft, zum Schneiden dick, fiel in den Flur. Carly sah sie fast stauben. Ralph hustete.
    „Viel Platz ist hier nicht. Nur ganz niedrig, der Raum. Und leer bis auf Vogelkot und eine Kiste. Wenn ich krieche, komm ich ran.“
    Nach einigem Rumpeln nahm Carly die Kiste entgegen.
    „Da oben sollte ich wohl noch putzen“, meinte sie.
    Sie stellte die Kiste auf den Boden und alle drängelten neugierig um sie, als sie ein verschlissenes Band löste und den Deckel hob.
    Zum Vorschein kam kein Papier, wie alle erwartet hatten, sondern Stoff, der nach Mottenpapier roch. Feiner, champagnerfarbener Stoff. Carly zögerte.
    Myra räusperte sich.
    „Nimm es ruhig heraus. Ich weiß, was es ist.“
    Behutsam hob Carly den Stoff an.
    „Ein Kleid!“
    Ein langes Kleid, in das an Ärmeln und Taille dezente Bänder gezogen worden waren, in Rotbraun und Grün. Am Saum waren zarte Muscheln eingestickt und an den Schultern Möwen.
    „Wunderschön!“, sagte Synne andächtig.
    Carly hatte es die Sprache verschlagen.
    Elisa

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