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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Koelle
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und entdeckte oben eine sandige Kuhle zwischen blühenden Heckenrosen. Was für ein wunderbarer Platz zum Ausruhen. Schnaufend ließ sie sich bäuchlings hineinfallen.
    Direkt vor ihren Augen schwankten zwei Löwenzahnblüten im Wind. Zwei knallgelbe Punkte nebeneinander im gleißenden Mittagslicht, genau vor dem silberdunstigen Horizont.

    Von einem Atemzug zum anderen waren über zwei Jahrzehnte ausgelöscht. Carly war wieder sechs Jahre alt, lag an einem heißen, windstillen Tag bäuchlings im Sand an einem tropischen Ferienstrand und beobachtete zwei gelbe Punkte, die sich auf den dunstigen blauen Streifen zubewegten, an dem sich Himmel und Meer trafen. Es musste wunderschön sein dort, vielleicht konnten die Boote vom Wasser aus direkt ein Stück in den Himmel fahren.
    „Bring mir einen Seestern mit, so einen ganz großen!“, hatte Ralph den Vater beauftragt.
    „Mir auch einen Stern!“, hatte Carly eilig angefügt. Für sie waren Seesterne die Samen von Sternen, die vom Himmel fielen wie Nüsse zuhause vom Baum. Dass sie nicht leuchteten, war ja klar, diese Sterne waren ja noch klein. Logisch fand Carly auch, dass man genau dort, wo man vom Meer in den Himmel fahren konnte, die meisten davon finden würde.
    „Mensch, Carly“, lachte Ralph, „Mama und Vater fahren nicht in den Himmel, die fahren doch nur bis zu der Insel dahinten.“
    „In zwei Stunden sind wir wieder da. Naja, vielleicht auch in drei.“ Vater stand im Wasser. Obwohl Carly eigentlich schon zu groß dafür war, schwangen Tante Alissa und Mama sie an den Händen hin und her. „Flieg, Fischchen!“, sagte Vater und Carly wurde losgelassen und flog direkt in seine Arme. Er drehte sich mit ihr einmal im Kreis, so dass ihre Zehen das Wasser aufspritzen ließen und für einen Augenblick einen Ring silberner Tropfen um sie beide zogen. Dann stellte er sie am Strand ab.
    „Wir sollten los, Nelia“, sagte er. „Sonst müssen wir die Kajaks noch eine Stunde länger bezahlen. Danke, dass du auf die Kinder aufpasst, Alissa.“
    „Sehr gerne, Kai, das weißt du doch!“ Tante Alissa strahlte Vater immer an, wie sie sonst niemanden anstrahlte. Sie war meistens ernst, aber wenn Vater da war, war sie anders, irgendwie heller und leichter.
    Die schmalen gelben Boote, in die immer nur ein Mensch hineinpasste, lagen bereit. Vater hatte sie von Fred geliehen, der nicht nur Boote verlieh, sondern auch leckeres Bananeneis verkaufte, das seine Frau machte.
    „Zieh die Schwimmweste an, Nelia!“
    „Du weißt doch, dass ich die Dinger nicht mag.“
    „Und du weißt, dass man sie trotzdem anzieht. Auch du“, lachte Vater und küsste sie.
    Fred kam dazu, sah auch noch mal nach, ob die Schwimmwesten richtig saßen, und gab dann beiden Booten einen ordentlichen Schubs aufs Wasser hinaus. Für Ralph und Carly hatte er ein Bananeneis mitgebracht.
    Weil die Boote so gelb waren und die Schwimmwesten auch, konnte man sie immer noch als Punkte im Blau sehen, als das Eis alle war.
    „Sie müssen an der Insel vorbei fahren und landen auf der Rückseite, vorne ist kein Strand. Da wachsen nur Mangrovenbäume“, erklärte Tante Alissa.
    Schließlich wurden die Punkte so klein, dass sie in dem Blau verschwanden.
    „Jetzt haben sie den Himmel und die Sterne gefunden“, meinte Carly zufrieden.
    Ralph schüttelte nur den Kopf über seine kleine Schwester.
    „Tante Alissa, hilfst du mir die Luftmatratze aufblasen?“
    Es dauerte, bis sie mit der kleinen Plastikpumpe genug Luft in die Matratze bekamen. Dann schipperten Ralph und Carly lange darauf herum, während Tante Alissa am Ufer nach Muscheln suchte und dabei aufpasste, dass sie nicht zu weit abtrieben. Als sie müde waren, gingen sie rauf ins Hotel, tranken Limonade und aßen Donuts. Tante Alissa verteilte sorgfältig neue Sonnencreme.
    „Ich kann das alleine!“, wehrte sich Ralph. „Lass uns wieder runtergehen, sie müssen bald zurück sein. Ich will sehen, ob sie Seesterne mitgebracht haben!“
    Das Licht draußen war weicher geworden, die Sonne stand tiefer, auch wenn sie noch lange nicht untergehen würde. Die Möwen und Pelikane, die vorhin in der brütenden Mittagshitze geschlafen hatten, waren munter geworden und jagten nach Fischen. Es waren wieder mehr Touristen unterwegs. Am Horizont war nur ein Segelboot zu sehen. Carly fing an, eine Sandburg zu bauen. Nach einer Weile kam Fred, diskutierte mit Tante Alissa, tippte auf seine Armbanduhr und ging wieder.
    „Dann müssen sie wohl doch noch eine Stunde

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