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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Gleich würde der Typ sich aufregen, warum es denn so lange dauerte.
    »Geht das vielleicht etwas schneller?«
    »Einen Moment, bitte. Ich bin gleich so weit.« Wieder lächeln. Unentwegt lächeln. Nie unhöflich werden, auch wenn der Kunde es ist, lautete die Anweisung des Chefs.
    Noch einmal drückte Emma auf die Taste Grande . Jetzt floss die aufgeschäumte Milch, und Emmas Herzschlag beruhigte sich. Nicht ärgern – das hast du nicht nötig, redete sie sich selbst zu. Mit immer freundlicher Miene stellte sie das Tablett mit der Bestellung auf die Theke und gab den Preis in die Kasse ein. »Sieben Euro, bitte.«
    Sie bekam einen Fünfziger in die Hand gedrückt. Ebenso eilig wie zuvor suchte sie das Wechselgeld aus der Kasse. Sie spürte den strengen Blick, ließ sich aber nichts anmerken.
    Zwei Zwanziger, ein Euro, zwei Euro, zählte Emma ab. »Danke für ihren Besuch.«
    Der Mann ging ohne ein Wort. »Was war hier los?« Jetzt nicht auch noch der Chef, g ing es Emma durch den Kopf, und sie bereitete sich darauf vor, erneut Ruhe zu bewahren. »Die Milch war leer.«
    »Nächstes Mal hast du das vorher kontrolliert«, ermahnte er sie mit einem warnenden Fingerzeig.
    »Zwei Cappuccino.«
    »Ein Kaffee und einen Brownie, bitte.«
    Unaufhaltsam nahte die hektische Mittagszeit. Bis vier Uhr würde es andauern. Immerhin machten die nächsten Bestellungen keine Probleme. Aber ein Blick auf die Uhr schien die Zeit noch langsamer verstreichen zu lassen. In jeder freien Sekunde musste sie wieder daran denken, wie befreiend es wäre, diesen verdammten Job hinzuschmeißen. Endlich nicht mehr dieses braune Polohemd und die komische Kappe tragen müssen. Diese verdammte Uniform, die man jedem aufzwang, der in einer von über sechstausend Filialen von Marlon’s Coffee Shop arbeitete. Immerhin verdiente sie sieben Euro und neunundfünfzig Cent die Stunde. Andere Läden zahlten schlechter. Wenn sie sich so im Spiegel sah, hätte sie heulen können. Aber eine Kündigung konnte sie sich nicht leisten. Nicht, solange Mama nur so viel verdiente, dass sie genug Essen im Kühlschrank hatten. Und Papa hatte diesen Monat wieder nichts überwiesen, auch wenn ihm Mamas Rechtsanwalt jede Woche eine Mahnung schrieb. Es hieß, dass er unter der alten Adresse gar nicht mehr zu erreichen war.
    Wenn Emma sich am Samstag endlich eine neue Jeans kaufen wollte, musste sie hier durchhalten. Einfacher wurde es aber nicht, solange sie neben der Kaffeemaschine auch gegen andere Ungerechtigkeiten anzukämpfen hatte. Gerade letzte Woche hatte der Chef ihr zwanzig Euro abgezogen, weil das Geld in der Kasse fehlte. Emma hatte keine Ahnung, wie es verschwunden sein konnte. Rechtfertigungen halfen nicht.
    »Mach in einer Stunde noch die Maschine sauber und schließ ab. Dann kannst du gehen.«
    »Ist okay.« Emma nickte müde. Noch eine Stunde. Immerhin war sie jetzt wirklich alleine, wurde nicht mehr überwacht. Nur ab und zu kam noch ein Geschäftsmann, der Überstunden gemacht hatte, und holte sich sein Abendbrot, weil zu Hause niemand mehr auf ihn wartete. Immerhin ein Schicksal, das sie teilten. Ein Blick auf ihr Handy bestätigte, dass niemand an sie dachte. Keine Nachricht, kein Anruf. Der letzte Schultag. Alle feierten wohl, nur sie arbeitete. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, Luka zu schreiben. Nein. Das war nicht ihre Art. Sie hatte sich nie bei einem Jungen gemeldet. Das war einer ihrer heimlichen Vorsätze. Wenn sie einmal damit anfing, würde sie nur enttäuscht werden. Ihre Mutter hatte ihr zu oft gezeigt, wie das endete. In dem Moment summte es. Arbeitest du noch?
    Ja :-/ ,antwortete Emma, freute sich aber über Lukas Nachricht. Er dachte also doch an sie.
    Wann bist du fertig? – Noch eine halbe Stunde … Sie wartete auf seine Antwort, aber nach zwanzig Minuten blieb das Handy immer noch stumm. Was hatte sie erwartet? Wahrscheinlich beschäftigte ihn Dringenderes. Gut möglich, dass er mit Benjamin und Finn unterwegs war. Emma war gut darin, die Hoffnung aufzugeben. Schnell wischte sie noch die Schränke. Auch drüben bei McDonalds wurden bereits die Fritteusen geputzt. Als alles glänzte, schaltete auch Emma das Licht aus und ging durch die Hintertür in das kleine Personalzimmer. Jedes kleine Geräusch hallte wider. Im schmutzigen Licht der Leuchtstoffröhre schaute sie sich noch einmal im Spiegel an und lächelte. » Wenn du mich so ansiehst, will ich dich küssen.« Da war sie weich geworden. Aber wollte er sie mit dem

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