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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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bloß gehabt haben, mir deine Existenz zu verschweigen und, noch schlimmer, dein Kommen zu verheimlichen?«
    Ein Schleimer, dachte ich, der sich für unwiderstehlich hält und jede Woche eine andere Strandurlauberin auf dem Futon in seiner Öko-Hütte flachlegt.
    Â»Vielleicht den, dass sie nichts von meiner Existenz wusste?«
    Â»Das ist eine Erklärung, die ich gelten lassen muss. Und was hat dich hergetrieben?«
    Â»Ich besuche meine Tante.«
    Â»Die vorher nicht wusste, dass es dich gibt?«
    Â»Genau.«
    Â»Großes Kino?«
    Â»Ich dachte, du kennst Ruth schon länger.«
    Er lachte. Etwas zu nett für einen Schleimer. Seine Stimme gefiel mir. Pause, dachte ich, Männerpause, ich fange gerade erst an, mich von der letzten Peinlichkeit zu erholen.
    Â»Wie lange bleibst du?«, wollte Frank wissen.
    Â»Weiß noch nicht«, sagte ich möglichst unfreundlich.
    Er lachte schon wieder.
    Â»Was ist daran lustig?«, fragte ich.
    Â»Weil du eine Katze sein könntest.«
    Doch ein Schleimer, dachte ich, ein Aufreißer mit Frauenversteher-Masche, der mir gleich etwas über Unberechenbarkeit und Eleganz vorsäuseln wird. »Sonst noch was?«
    Â»Ruth laufen oft Wesen zu, in der Regel sind das Katzen.«
    Â»Ich bin niemandem zugelaufen.«
    Â»Das denken die Katzen auch.«
    Â»Verstehe, du kannst mit den Tieren reden.«
    Â»Ich habe zwei Hunde, Ruth nennt mich einen Esel, dich nenne ich Katze, wir brauchen nur noch den Hahn.«

    Womöglich meinte er den Schwachsinn, den er von sich gab, sogar ernst.
    Ich sagte: »Die Stadtmusikanten? Alt, ausgemustert und krakeelend? Das würde ich an deiner Stelle nicht laut sagen.«
    Ich ließ ihn im Strandkorb sitzen und ging mit meiner Ausrüstung ans entgegengesetzte Ende der Korbreihe. Die systematische Reinigung der Polster konnte ich genauso gut von hinten beginnen, den abgehalfterten Pseudocharmeur außer Sicht. Entweder er hatte Informationen über das, was auf meinem Nachttisch lag, was ich nicht im Bereich des Möglichen wissen wollte, oder ihm war zufällig ein Treffer gelungen, der trotzdem danebengegangen war.
    Als ich mich etwas später noch einmal in seine Richtung umdrehte, waren Mann und Hunde verschwunden.
    Â»Ich als Katze! Schwachsinn«, sagte ich zu einem vorbeifliegenden Papierschnipsel. »Nix Stadtmusikant, ich bin jung genug, um neu anzufangen, notfalls sogar als Räuber.«
    Kaum war ich mit den ersten Polstern fertig, als Elisabeth mit einem Tablett nach draußen kam, das dampfte: Kaffee mit frischem Rhabarberkuchen und Sahne obendrauf.
    Sie stellte es auf dem Plastiktisch neben mir ab, lobte meine Arbeit als »die saubersten Polster, die wir seit langem hatten« und sagte: »Der Frank mag dich.«
    Â»Ich habe ihn ganz bestimmt nicht dazu ermutigt.«
    Â»So etwas Ähnliches hat er auch gesagt.«
    Ich war zu verblüfft, um etwas zu erwidern. Elisabeth sagte: »Frank ist auf seine Art ein guter Kerl«, deutete aber mein Schweigen richtig und verzichtete darauf, das Thema zu vertiefen.
    Der Lärm des Baggers hatte sich auf Hörweite dem Haus genähert.

    Elisabeth setzte sich auf einen der Plastikstühle, streckte die Füße aus und seufzte tief.
    Â»Müde?«
    Â»Alt!«
    Â»Ach was!«
    Sie lächelte stumm.
    Â»Die Aussicht ist fantastisch«, sagte ich, »den ganzen Tag möchte man von hier aufs Meer schauen.«
    Â»Die aufhellende Wirkung des Meeres wird überschätzt«, sagte Elisabeth, »man gewöhnt sich schnell daran: Die ewige Horizontale geht mir auch oft auf die Nerven. Mir gefällt es in den Bergen besser. Dort ist es weniger bedrohlich, und das Auge hat mehr zu tun.«
    Ich verstand nicht, was sie meinte.
    Â»Aber hier ist Weite, Offenheit«, sagte ich, »und in den Bergen gibt es Lawinen, Steinschlag, Gewitter, wildgewordene Braunbären und so.«
    Elisabeth sah mich an, als würde auch sie gleich dazu übergehen, mich »Kindchen« zu nennen.
    Â»Wollen wir hoffen, dass es jetzt vorbei ist mit den Frühjahrsstürmen.«
    Â»War es schlimm?«
    Â»Wie man’s nimmt. Für uns war es schlimm, dieses Frühjahr. Im Herbst auch schon: teuer.«
    Â»Bald kommt der Sommer.«
    Â»Hm.« Sie schaute über den Steinwall aufs Meer, wiegte den Kopf hin und her, murmelte etwas, das ich nicht verstand, und ging zum Haus zurück.
    Polternd kam knapp

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