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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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Zuständigkeit für das Rasenmähen klärte sich auch schnell: Ruth gab sie gerne an mich ab, vom Benzinrasenmäher würde ihr sowieso schlecht, und so hatte ich Arbeit für mehrere Nachmittage.
    Die Tür zur Kajüte ging auf. Ein kräftiger Mann um die sechzig, in Wanderschuhen, Leinenhose und Fischerhemd, lupfte seine Schirmmütze und sagte mit einem satten Bass: »Ich komme wohl gerade richtig?«
    Elisabeth sprang auf, machte sich am Bierhahn zu schaffen, und Ruth sagte: »Darf ich vorstellen: der Doc. Entschuldigung: Doktor Burkhard Vollmer. Doc, das ist Katia.«
    Die Auskunft schien ihm zu genügen. Er nickte knapp in meine Richtung: »Schön. Mal jemand anderes«, setzte sich vor den noch freien Teller, faltete die Serviette auseinander und schwieg, bis Elisabeth ein Bier vor ihn hinstellte. Während der Doc seinen Schnauzer in den Schaum tauchte und einer weiteren
Ausführung Heinrichs lauschte oder wenigstens so tat, raunte Elisabeth mir zu: »Der Doc gehört gewissermaßen zur Mannschaft. Verarztet die Gäste, wenn’s nötig ist. Manchmal auch uns. Er hat eine Praxis in Liefgaard, die er seit fünf Jahren abgeben will. Seit dem Tod seiner Frau kommt er oft zum Essen, und seine Marmelade ist besser als meine.«
    Der Doc zeigte Elisabeth einen Vogel. »Glaub ihr kein Wort!«
    Ich wollte gerade etwas fragen, als Ania aufschrie, Sergej mit einer Schüssel in jeder Hand durch die Schwingtür kam, gefolgt von einer Ania-Kopie in noch dicker, noch älter und wasserstoffblond: Bascha. Sie wusste bereits, dass es mich gab, und nachdem sie von ihrer Schwester mehrfach geküsst worden war, begrüßte sie mich überschwänglich, nannte mich Kaschka-Schätzchen und entließ mich aus ihren gewaltigen Armen mit den Worten: »Ruth, sie muss mehr essen!«
    Es gab gefüllte Eier mit Sprotten und Kartoffelsalat, dazu Geschichten aus der polnischen Heimat, wo gerade eine Hochwasserkatastrophe drohte. Bei ihnen zuhause hatte es bislang nur die Zwiebeln und die Kartoffeln weggespült, wohingegen der Freund vom Bruder des Schwagers aus dem Nachbarort wirklich zu bedauern war, dem hatte es das Haus samt Ställen fortgerissen, was war da schon ein bisschen verlorenes Gemüse. Heinrich zählte einige Rekordwasserstände der Oder auf, Ania fuhr ihm über den Mund, wollte nichts mehr hören von Überschwemmungen, und Sergej mahnte zu essen, bevor es kalt sei. »Ist doch schon kalt«, meinte Heinrich. »Eben«, sagte der Doc, »deshalb sollt ihr essen.«
    Weil Ania noch am selben Tag für drei Wochen nachhause fuhr, gab es ein polnisches »Wässerchen« für jeden: »Der erste trifft wie ein Keil, der zweite wie ein Pfeil, die nächsten sind so leicht wie ein Vögelchen.«

    Es fiel mir nicht schwer, die Außenwelt in die Warteschleife zu schicken, unterdrückte Rufnummern zu vergessen und auch die eigene Dummheit.
    Â 
    Mit Bürste, Schwamm, Kanister, Lappen, Eimer und einer farbbefleckten Latzhose von beachtlicher Größe ausgestattet, machte ich mich nachmittags auf den Weg zum Korb Nummer eins, rechts außen. »Geh systematisch vor«, hatte Ruth gesagt. Sie war der Meinung, dass ich einen Korb am Nachmittag fertig bekommen könnte, ohne mich zu überarbeiten, dann würden wir weitersehen, denn morgen war Großkampftag wegen der Kaffeegesellschaft am Mittwoch. Backen, Putzen, Räumen, Stühle schleppen. Jeder hatte beim Kaffee plötzlich doch eine Idee gehabt, wie er sich meine Anwesenheit nutzbar machen konnte, obwohl nicht Saison war.
    Â»Bei mir kann sie …«, »Bei mir müsste …«, »Ganz wichtig wäre aber doch …«
    Ich war zufrieden und die Chefinnen anscheinend auch. Nützlich und lernfähig, das waren mal ganz neue Attribute für mich.
    Â 
    Die mageren Hunde saßen etwa einen Meter neben dem Schild, beobachteten mich wachsam beim Abstellen der Eimer, rührten sich aber nicht vom Fleck, als ich sie anzulocken versuchte. Aus Korb drei ragten die dazugehörigen Stiefel.
    Â»Die Tiere bewegen sich nur, wenn ich es ihnen sage.«
    Ich trat ins Sichtfeld der Nummer drei und sagte: »Aha.«
    Â»Arbeitest du hier?«, fragte Frank und deutete auf die Gerätschaften zu meinen Füßen.
    Â»Nach was sieht es denn aus?«
    Frank grinste. »Ruthis Nichte, zweifellos. Aber was für einen
Grund mag sie

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