Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
Vom Netzwerk:
folgte. Einen gravierenden Unterschied zu den Strandabschnitten, an denen sie nicht sammelte, konnte ich allerdings nicht feststellen.
    Â»Tante, bringt das denn was?«
    Â»Die Genugtuung, etwas dagegen unternommen zu haben!«
    Die angewandte Vergeblichkeit, gepaart mit dem Energieschub einer fixen Idee für die Dauer einer Morgenstunde: Irgendwie gefiel mir das auch.
    Â»Tante, wie hieß noch mal der mit den Windmühlen?«
    Â»Du denkst an Sisyphos, aber das ist nicht der mit den Windmühlen.«
    Â»Woher willst du wissen, was ich denke?«
    Â»Ohne meine Sammelei lägen täglich zwei Tüten voll Müll mehr am Strand. Da brauch ich keine weitere Philosophie.«
    Gelegentlich habe ich sie begleitet, nahm mir ebenfalls Greifer und Plastiktüte, ließ mich dafür halb ernst, halb spöttisch loben, hoffte, Ruth würde in Erzähllaune sein, und
kriegte es nie hin, einen Plastikbecher auf Anhieb in die Tüte zu hieven.
    Â»Erst reinstecken, dann öffnen!«
    Â»Warum machen wir das nicht einfacher? Greifen das Zeug mit Handschuhen.«
    Â»Nach deinem siebzigsten Geburtstag beantwortet dir dein Rücken die Frage!«
    Bei diesen Gängen wurde ich Zeugin zahlreicher Attacken auf ahnungslose Wanderer, denen sie hinterherrannte und ein fallen gelassenes Bonbonpapier oder eine leere Chipstüte unter die Nase hielt: »Habt ihr das verloren? Soll ich bei euch zuhause auch mal den Müll auf den Boden werfen, ja? Ich bringe euch auf die Wache, wenn ich noch einmal sehe, wie ihr mein Land verunreinigt!«
    Die derart Angesprochenen, vielmehr Angebrüllten, traten erschrocken einen Schritt zurück, und wenn sie klug waren, murmelten sie eine Entschuldigung und zogen, ihren Müll gehorsam in den Rucksack steckend, weiter.
    Mehrere Anzeigen wegen Beleidigung hatte Elisabeth schon mit Hilfe des für Liefgaard zuständigen Dorfpolizisten von Ruth abwenden müssen und dabei selbst vor dem Einsatz von Hotelgutscheinen nicht zurückgeschreckt. Von deren Einlösung sahen die als »Strandsau« oder »Umweltmörder« titulierten Urlauber aber meist ab, wenn sie hörten, dass auch Ruth dort sein würde.
    Â 
    Am letzten Tag im Mai regnete es ohne Unterlass. Ich rief Manu vom Rezeptionstelefon aus an und bat sie, mir zwei der fünf Bananenkisten zu schicken, die auf ihrem Dachboden lagerten. Eine mit Sommerkleidern, die andere mit Musik, CD-Spieler und einigen Gegenständen, die ich zu Geld machen
wollte. Manu maulte, dass ich nur anrufe, wenn ich etwas von ihr brauche, versprach aber, sich darum zu kümmern.
    Â»Dann benötigst du ja in absehbarer Zeit mein Gästezimmer nicht.«
    Â»Nicht so bald.«
    Als sie fragte, womit ich mich beschäftigen würde da draußen, ohne Auto am abgelegenen Ostseestrand, und mir lebhaft zu erzählen begann, mit wem sie in welchem Club oder Restaurant gewesen war, fiel mir auf, dass ich es seit meiner Ankunft nicht weiter als bis zum Wochenmarkt von Halsung geschafft hatte, und das auch nur zwei Mal. Verwunderlich daran war, dass es mich nicht störte.
    Â»Und was machst du nach Dienstschluss?«, wollte Manu wissen.
    Â»Lesen. Spazieren gehen. Aufs Wasser schauen.«
    Â»Klingt eher unglamourös. Und sonst?«
    Â»Es gibt nicht viel ›sonst‹. Viele in der Tourismusbranche arbeiten während der Saison bis zum Umfallen und verdienen dabei genug, um sich im Winter auf die faule Haut zu legen. Keine schlechte Sache.«
    Â»Seit wann arbeitest du bis zum Umfallen?«
    Â»Ich meine mehr so als Konzept.«
    Manu wieherte ins Telefon: »Umfallen als Konzept! Das merke ich mir.«
    Ich tat beleidigt, was Manu noch nie gestört hatte.
    Â»Du wirst versauern!«
    Â»Blödsinn!«
    Â»Hast du wenigstens nette Kollegen?«
    Â»Ja. Sehr.«
    Â»Männer?«
    Â»Geht so. Die meisten sind etwas älter als ich.«

    Manu behauptete, dass sie sich Sorgen um mich machen würde, ich klänge so anders und dass »der Schnösel«, wie sie ihn nannte, noch immer beinahe jede zweite Woche bei ihr anrief, ob mir das überhaupt klar sei.
    Ich wunderte mich, wie lange ich nicht mehr an das Drama in Bergedorf gedacht hatte.
    Â»Hast du ihm gesagt, wo ich bin?«
    Â»Bist du irre? Aber er nervt. Sag mal, kann es sein, dass er dich liebt?«
    Â»Nein! Er verwechselt etwas. Aber sag ihm weiterhin nicht, wo ich bin.«
    Â»Wie du willst, aber eigentlich ist es

Weitere Kostenlose Bücher