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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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albern. Als ob er dir russische Mafia-Killer auf den Hals schicken würde, diese Memme! Klär das mal, der braucht eine Ansage. Ich habe ihm schon geraten, dich in Ruhe zu lassen, aber mir nimmt er es nicht ab.«
    Ich sagte: »Bestimmt mache ich das« und gab vor, dringend zurück an die Rezeption zu müssen.
    Â 
    Eine wirklich gute Arbeitsstelle hatte ich da vernichtet, die beste, die ich bislang gehabt hatte: wenig zu tun und reichlich Gehalt, dazu Wochenendzulage, Reisebonus, freie Tage extra, fünfzig Quadratmeter Einliegerwohnung mit Kabelfernsehen. Die weiße Villa am Rand von Bergedorf stand auf fußballfeldgroßer Gartenanlage, zwanzig S-Bahn-Minuten von Hamburg-Hauptbahnhof entfernt. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als die Herrin des Hauses mir nach dreißig Minuten Vorstellungsgespräch den Vertrag zur Unterschrift über die Glasplatte entgegenschob.
    Â»Wann können Sie anfangen?«
    Â»Sofort, wenn Sie wollen.«

    Sie hatte die letzte Entscheidung ihren Kindern überlassen: »Wollt ihr sie haben?«
    Die Kinder sahen mich an.
    Â»Schimpfst du oft?«
    Â»Nur im Notfall!«
    Â»Wann ist ein Notfall?«
    Â»Fast überhaupt gar nicht und nie!«
    Alles ging gut. Ich mochte die Zwillinge, Florin und Johanna, sie waren zutraulich wie Welpen, dabei gut erzogen und den halben Tag im privaten Kinderhort für Hochbegabte, Englisch-Französisch-Deutsch.
    Â»Ich hab dich lieb, Katia.«
    Â»Ich dich auch, Schätzchen.«
    Das war nicht einmal übertrieben.
    Nach sechs Monaten fingen sie an, in der Nacht meinen Namen zu rufen, wenn sie schlecht geträumt hatten.
    Frau Professor nahm es sportlich, sagte: »Frau Werner, machen Sie das.«
    Ohnehin war sie oft unterwegs, Vorträge, Tagungen, Forschungsreisen. Einmal zu oft.
    Die Enttäuschung der Kinder. Was hatte man ihnen zur Erklärung für mein Verschwinden gesagt? Mich von ihnen zu verabschieden, blieb keine Zeit. War vielleicht besser so.
    Â»Mag der Papa dich jetzt lieber als die Mama?«
    Â»Aber nein, wie kommst du denn auf die Idee?«
    Er hatte begonnen, mich zu beobachten, wenn er zuhause war, strich um uns herum, tauchte unvermutet im Kinderzimmer auf, brachte am Wochenende die Post persönlich an meine Tür. Verständlich, dass man ein Auge drauf hat, wenn man eine Fremde in seine Familie gelassen hat, dachte ich und maß dem keine Bedeutung bei.

    Â»Die Kinder sind so viel glücklicher, seit Sie bei uns sind, Katia«, und: »Sie tun uns gut.«
    Das nahm ich irgendwann doch persönlich.
    Dann sprach er immer weniger über die Kinder mit mir, der Herr Kommunikationswissenschaftler, der »Sehnsucht« hatte nach einer »Auszeit«, wieder mehr zuhause sein wollte, statt in Peking, Shanghai oder Los Angeles die Märkte zu erforschen. Sabbatical, eine Publikation vorbereiten, was weiß ich, er nahm sich unbezahlten Urlaub, saß mit seinen Büchern im Garten, wenn wir Federball spielten, griff sich einen Schläger fürs gemischte Doppel. Er sagte, man könne sich am Abend gemeinsam Filme ansehen, auf dem großen Flachbildschirm im Wohnzimmer, ein Glas Vecchia Romana wird dabei nicht schaden.
    Â»Dein Haar, es riecht nach grünem Apfel.«
    Die abgeschmackteste Geschichte von allen, der Hausherr und sein Kindermädchen, Schundroman live, Gefasel von unglücklicher Ehe und innerer Einsamkeit inklusive. Ich fiel darauf herein, glaubte etwas Besonderes zu sein, weil ich einen stillen, hochgewachsenen Hanseaten dazu gebracht hatte, seine Zurückhaltung aufzugeben.
    Bis wir einmal zu laut wurden und Florin vor dem Sofa stand. Die Frau Professor verlor tags darauf bei ihrer Rückkehr vom Kongress die Contenance und hatte binnen einer Stunde ihren Mann vor sich auf den Knien: »Lass mich erklären! Ich war so oft allein.«
    Sie würde ihm womöglich verzeihen, sagte sie, aber dafür verlange sie viel. Zuerst und unverzüglich die Entfernung »dieser Schlampe vom Personal«.
    Das war ich. Ich stand daneben, betrachtete die Szene und dachte, was für eine Idiotin ich doch war.

    Â»Du siehst sie nie wieder!«
    Â»Ja.«
    Â»Versprich es mir!«
    Â»Ja.«
    Jetzt löschte ich ihn regelmäßig von meiner Mailbox, und Manu musste erklären, dass ich für ihn unbekannt verzogen war.
    Â 
    Anfang Juni war ich in die Grundzüge des Getränkeausschanks eingearbeitet, baute präsentablen

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