Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
Vom Netzwerk:
Antworten aufgehoben?«
    Â»Weiß nicht«, sagte die Tante, »lassen wir sie in Frieden ruhen.«
    Â»Ja«, sagte mein Vater, und noch einmal: »Ja«, als Ruth ihn fragte, ob er ein weiteres Pils wünsche, dann war er wieder still wie immer.
    Sie taugten beide nicht für sentimentale Familienzusammenführung, waren einander fremd und realistisch genug zu wissen, dass dies im Wesentlichen so bleiben würde. Dass sie einander nicht unsympathisch waren, konnte ich sehen, und
das reichte für diesen Moment, den ich mir später wieder und wieder vor Augen geführt habe, bedauernd, dass ich in der darauf folgenden Zeit die Chance ungenutzt verstreichen ließ, sie öfter an einen Tisch zu bringen.
    Der Rest des Abends bleibt verschwommen. Grog, Wodka und Rosenlikör hatten mich niedergemacht, bevor es neun schlug. Wir hatten gegessen, getrunken, Geschichten erzählt, und alle hatten meinem Vater Loblieder auf mich gesungen, was diesem anscheinend außerordentlich gut gefiel. Ich erinnere mich nur an sein entspanntes Gesicht hinter Wolken aus Pfeifenrauch, durch den ab und zu sein Blick auf mich fiel, voller Wohlwollen und ein bisschen traurig, so wie er mich immer angesehen hatte, wenn es ihm gut ging und wenn er glaubte, ich achte nicht auf ihn.
    Gegen elf hatte Frank meinen Vater zum Halsunger Hof begleitet und versprochen, ihn am späten Vormittag wieder im Palau anzuliefern, pünktlich zum Geburtstagsessen. Da kam was auf mich zu.
    Â»Du kannst dich bei Frank bedanken, denn sonst hätte dein alter Herr noch mitgekriegt, wie du vollständig abgestürzt bist«, bekam ich später zu hören.
    Â»Er ist Kummer gewohnt.«
    Â»Gib nicht so an, schäm dich lieber.«
    Â»Bin zu alt dazu!«
    Â»Hört, hört!«
    Dass ich zwar nicht gleich ausfallend geworden sei, nachdem mein Vater das Haus verlassen hatte, sondern erst mal wie ein nasser Sack unter den Tisch gerutscht wäre, wurde behauptet, und dass man mich gemeinschaftlich nach oben habe bugsieren müssen, was gar nicht so einfach gewesen sei.
    Â»Die Sätze, die du dabei von dir gegeben hast, nun ja, die
sind doch mehr als merkwürdig gewesen, einer Dame so gar nicht würdig und …«
    Â»Hört bitte auf!«
    Â»Der arme Heinrich hat deine Liebeserklärung womöglich wörtlich genommen, da kannst du jetzt sehen, wie du dich wieder herauswindest.«
    Â»Lacht nur! Lacht mich ruhig aus!«
    Ich weiß bis heute nicht, ob und in welchem Umfang das alles stimmte, aber sie zeigten sich einig darin, mir weitere Details zu ersparen und das überraschende Auftauchen meines Vaters nicht zu kommentieren, womit ich nur allzu einverstanden war. Wir hatten mit meinem Geburtstag sowieso genug zu tun, in unterschiedlicher Hinsicht.
    Â 
    Â»Dreißig volle Jahre!«, sagte Elisabeth feierlich, als ich beim Frühstück erschien, mit der Bitte um eine Aspirin und sonst gar nichts.
    Â»So ganz jung ist das nicht mehr«, sagte die Tante und faltete zur Feier des Tages ihre Zeitung vorzeitig zusammen.
    Die Torte mit meinem Namen drauf, die Elisabeth noch in der Nacht gebacken haben musste, sah umwerfend aus, und beim bloßen Gedanken, ein Stück davon essen zu müssen, wurde mir wieder übel.
    Â»Blas wenigstens die Kerzen aus«, forderte Elisabeth.
    Â»Später. Bitte!«
    Das Tantengelächter drang mir direkt in den Stirnlappen, wo es schmerzlich und sternförmig explodierte.
    Â»Seht euch das verkaterte Kind an!«
    Â»Kind ist gut!«
    Â»Mein Gott, als ich noch dreißig war!«
    Â»Zu meiner Zeit galt man da schon als alte Jungfer.«

    Â»Du siehst aus wie eine Leiche auf Urlaub.«
    Â»Macht nur weiter, ich fühle mich schon viel besser!«
    Und dann war da auf einmal Ruth direkt vor mir, die ihre Hände um meine Wangen legte, meinen Kopf zu sich herunterzog, mir einen warmen, feuchten Kuss auf die schmerzende Stirn drückte und brüllte: »Herzlichen Glückwunsch, Nichte!« , so dass ich es noch in der Magenschleimhaut zu spüren glaubte.
    Â»Hattest ja den Kanal ganz schön voll gestern.«
    Â»Mein Vater, hat er von meinem Zustand noch viel mitgekriegt?«
    Â»Mach dir seinetwegen keine Gedanken«, sagte Elisabeth, »er hatte einen schönen Abend, da bin ich mir sicher. Ein netter Mann übrigens.« Sie schaute nach Ruth, die nicht reagierte. »Aber du kannst ganz beruhigt sein, wir haben dafür

Weitere Kostenlose Bücher