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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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gab sie aber die Tür frei. David sah sie fragend an.
    »Also darf ich doch gehen?«, fragte er unsicher.
    »Ich will es nicht verbieten«, sagte sie, obwohl der Klang ihrer Stimme etwas anderes verhieß. »Du bist alt genug. Aber ich will, dass du weißt, dass ich das nicht billige.«
    »Okay.« David machte einen Schritt auf die Tür zu.
    »Eigentlich könnten wir doch auch etwas zusammen unternehmen, wenn du magst«, sagte seine Mutter plötzlich.
    »Ähm - ich habe doch jetzt schon gesagt, dass ich mit Selma zum Sport gehe. Sie wartet.«
    »Sie ist doch alt, worüber willst du dich denn mit ihr unterhalten«, lachte Hanne.
    David schob den Gedanken, dass seine Mutter älter war und bei weitem weniger kommunikativ, schnell beiseite. Irgendwie hatte er Angst, dass er diesen Gedanken in einem unbedachten Augenblick laut aussprechen könnte. Er ging zur Tür und legte die Hand auf die Klinke.
    »Es würde mich glücklich machen.« Seine Mutter lächelte ihn an.
    »Mam!«
    »Davi, es tut mir weh, wenn du mit dieser Frau ...«
    »Mam!«, wiederholte sich David. Die Masche seiner Mutter verunsicherte ihn. Einerseits zeigte ihre Taktik Wirkung, andererseits wusste David, dass sie das gezielt einsetzte, damit er das tat, was sie wollte. Er schaute durch das kleine Butzenfester in der Tür. Selma stand auf der anderen Straßenseite und wartete.
    »Bis nachher«, sagte er und zog die Tür auf. Ohne sich noch mal umzudrehen lief er raus.

    65

    »Guten Morgen großer Krieger.«
    Merlin versuchte die Augen aufzumachen, konnte sich aber nur zu einem kurzen Blinzeln durchringen. Schnell versteckte er sein Gesicht in der Armbeuge und krächzte eine halbherzige Begrüßung zurück. Zumindest dachte er, dass es eine Begrüßung war.
    »Ich hab uns schon Frühstück gemacht«, sagte Christian und aus seiner Stimme klang wie immer der unschlagbare Elan, den er unermüdlich an den Tag legte.
    Merlin stöhnte. Kraftlos setzte er sich auf und saß eine Weile mit geschlossenen Augen da. »Hell«, sagte er, mehr fiel ihm nicht ein.
    Christian lachte. »Also, ich habe Brötchen gekauft, auch welche mit diesen eklig grünen Körnern, die du so gern magst. Wurst habe ich leider nicht, aber Käse ist genug da, ich hoffe ...«
    Merlin stöhnte wieder. Langsam kam der ziehende Schmerz durch den Nebel in seinem Kopf bei ihm an. Er drückte sich die Handflächen an die Schläfen, aber es half nicht wirklich.
    »Oh«, machte Christian, »hast du Kopfschmerzen?«
    Was für eine Frage, dachte Merlin. Aber außer einem Nicken brachte er nichts zustande. Wenn er an den gestrigen Abend dachte, wurde ihm übel. Sein Magen schien plötzlich ein Eigenleben zu bekommen und sich in seinem Bauch hin- und herzuwälzen.
    »Vor dir steht Wasser und ich hab dir auch Aspirin hingelegt«, sagte Christian. »Komisch, ich hab keinen Kater.«
    Vorsichtig öffnete Merlin die Augen und ließ die gleißende Helligkeit in sich hinein. Ganz langsam beugte er sich vor und nahm eine Tablette und das Wasserglas. Seine Bewegungen kamen ihm allesamt viel zu schnell vor. Dann spülte er die Aspirin mit dem ersten Schluck runter. Das Wasser schmeckte scheußlich süß.
    »Ich hab eigentlich gedacht, wir könnten heute ein wenig durch die Stadt ziehen, ein paar Kneipen, lecker Kölsch. Ich hätte Lust mal wieder Billard zu spielen«, sagte Christian euphorisch. Dann dämpfte er seine Laune. »Aber wenn ich dich so sehe, habe ich Zweifel, dass du heute überhaupt irgendwo hingehen wirst.«
    »Genau so fühl ich mich«, flüsterte Merlin. Seine Augen hatten sich mittlerweile einigermaßen an das Licht gewöhnt.
    »Na ja, wir können ja mal warten, wie die Welt aussieht, wenn du erst mal geduscht hast und die Pille wirkt.«
    Merlin grinste. »Hört sich fast an, als hätte ich Drogen geschmissen.«
    »Immerhin weißt du ja nicht, was du genommen hast. Ich hätte dir doch genauso eine Todespille hinlegen können, du hättest sie gefressen.«
    »Jedenfalls wären dann meine Probleme auf einen Schlag gelöst. Dass ich nicht schon vorher auf die Idee gekommen bin«, sagte Merlin und konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Sein Kopf strafte ihn augenblicklich mit stechendem Schmerz.
    »Wenn du willst, mache ich dir gern das Fenster auf«, scherzte Christian.
    Merlin kniff die Augen zusammen und wartete, bis der Schmerz wieder nachließ. Ein makaberer Gedanke schob ihm das Bild seiner eigenen Leiche vor, wie er dort unten am Boden zerschmettert in seinem Blut lag. Erschrocken stellte er

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