Das Meer in seinen Augen (German Edition)
fest, dass er diese Art der Problemlösung tatsächlich kurz durchdachte. Er stöhnte.
»Merlin?«, fragte Christian.
Merlin deutete ihm, dass er jetzt gerade nicht antworten konnte und rieb sich die Stirn. Der Gedanke an einen Selbstmord hatte tatsächlich etwas Verlockendes. Nur, er würde das natürlich niemals in die Tat umsetzen.
»Was ein Schwachsinn«, murmelte Merlin und machte die Augen wieder auf. Das Licht kam ihm viel greller vor als zuvor.
»Was ist Schwachsinn?«, fragte Christian.
»Ich hab mir gerade mal kurz ernsthaft Gedanken über einen kleinen Selbstmord gemacht«, sagte Merlin und grinste frech.
»Jetzt drehst du aber ganz durch, oder?« Christian sah ihn mit aufgerissenen Augen an. Dann verzog sich sein Mund aber zu einem verschmitzten Lächeln. »Wenn du dein Leben nicht mehr willst, dann kannst du es doch mir schenken. Ich hab da zufällig noch eine Stelle für einen Lustsklaven frei.«
»Ja bestimmt«, sagte Merlin und kicherte wieder. »Das könnte dir so passen.«
»Siehst du, auch wenn du keinen Ausweg mehr siehst, andere wissen schon was mit dir anzufangen.«
»Bevor ich mich von dir ans Kreuz nageln lasse, schlafe ich lieber noch ein paar mal mit ...« Merlin brach ab. Peinlich berührt registrierte er, dass diese Aussage nicht nur gemein gegenüber Christian war, sondern auch absolut daneben. Vorsichtig erhob er sich und machte ein paar schwankende Schritte zur Tür. Als er sich noch mal umdrehte, saß Christian auf seinem Sessel und zog demonstrativ eine Schmolllippe.
»Ich wasch mir den Mund mit Seife aus«, sagte Merlin matt. »Versprochen.«
»Das ist aber auch das Mindeste.« Christian sah auf und zwinkerte ihm zu. Immerhin war er nicht ernsthaft beleidigt. So ganz genau konnte man das bei ihm nie vorhersehen.
Als er eine Viertelstunde später in einem wunderbaren Schaumbad saß, fühlte sich Merlin schon etwas besser. zumindest ließen die Kopfschmerzen langsam nach.
Es klopfte an der Badezimmertür.
»Ja?«, fragte Merlin.
»Darf ich reinkommen?«
»Klar.« Merlin schob den Schaum in Richtung Körpermitte.
»Ich dachte, du hast vielleicht doch Hunger«, sagte Christian, als er das Badezimmer betrat. In der Hand hatte er einen Teller mit Käsebrötchen.
»Das ändert aber nichts an meiner Entscheidung«, sagte Merlin entrüstet.
»Welche Entscheidung?«
»Na, dass ich nicht dein Sklave sein will.«
Christian lachte. »Nee, ist schon gut, ist ein Service des Hauses.« Er reichte ihm den Teller.
Merlin nahm an. Jetzt, da er das Essen sah, bekam er mit einem Mal unglaublichen Hunger. Er hatte gestern nicht wirklich was Vernünftiges gegessen. Wahrscheinlich lag darin auch die Ursache für seinen Kater.
»Danke«, sagte er, schüttelte ein wenig das Wasser von seiner linken Hand und biss gierig in eines der Brötchen.
Christian setzte sich auf den Toilettendeckel und sah ihm amüsiert zu. »Bist echt ein putziges Haustier«, lachte er.
»Wie kommst du denn jetzt darauf?«, nuschelte Merlin an seinem Essen vorbei.
»Na, man muss sich um dich kümmern, du brauchst Streicheleinheiten, man muss dich füttern und pflegen.«
»Arsch«, sagte Merlin. Er fand die Aussage von Christian zwar witzig, aber irgendwie rief sie auch sein Schamgefühl hervor. Wenn er es recht bedachte, hatte er außer der Mailfreundschaft nicht mehr viel mit Christian zu tun. Oft dachte er auch, dass es ganz gut so war. Der Kerl konnte einfach ziemlich nerven. Aber er war auch herzensgut. Und genau das nutzte Merlin gerade aus. Steckte in seinem Scherz vielleicht eine kleine Anspielung daraufhin?
»Mach dir keine Gedanken«, sagte Christian. »Du kannst zu mir kommen, wann immer du willst.«
»Warum machst du das?«, fragte Merlin plötzlich. »Ich meine, dir ist doch klar, dass du nicht das zurückbekommst, was du dir wünscht.«
»Ja«, antwortete Christian. »Das ist wohl wahr. Aber ...« Er brach ab und Merlin wollte nicht nachhaken, weil er Angst hatte, die Worte zu hören, die ihn so sehr unter Druck setzten.
»Bleib einfach noch ein wenig hier, okay?«, sagte Christian schließlich, erhob sich und ging zur Tür.
»Chris?«, fragte Merlin.
Christian drehte sich noch mal um.
»Danke.«
66
David stand im Hintergrund, während Selma mit dem Leiter der Sportline-Filiale abklärte, dass er lediglich zum Probetraining kam. Neugierig sah er sich um. Das Fitnesscenter war fast leer, lediglich vereinzelt mühten sich ein paar Frühaufsteher an den Geräten ab. Es roch nach frischem
Weitere Kostenlose Bücher