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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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dachte er sich.
    Als er sein Zimmer betrat, fiel ihm als erstes auf, dass Merlin auf der anderen Seite das Rollo heruntergelassen hatte. Er blieb wie angewurzelt stehen. In seinem Hals brannte es plötzlich. Unbewusst rieb er sich über den Adamsapfel. Was hatte das zu bedeuten?
    »David?«
    Er fuhr herum. Hinter ihm stand sein Vater und sah ihn fragend an. Die schnelle Bewegung brachte die Kopfschmerzen zurück. Er rieb sich über die Stirn.
    »Du hast mich erschreckt.«
    »Entschuldige«, sagte sein Vater, »aber deine Mutter lässt mir keine Ruhe, wenn ich nicht mit dir rede.«
    David stöhnte. Er sah wieder nach draußen zu dem verschlossenen Fenster. Warum hatte Merlin plötzlich die Jalousien unten? Dann setzte er sich vorsichtig auf sein Bett, während sein Vater unschlüssig im Türrahmen stehenblieb. Fast machte es den Eindruck, als wollte er aus irgend einem Grund nicht hereinkommen. David registrierte, dass auch sein Vater aus dem Fenster auf die andere Seite sah und die Stirn runzelte. Wahrscheinlich fragte er sich, was David da so interessant fand. Er räusperte sich.
    »Deine Mutter meint, du möchtest Geld verdienen«, sagte er endlich.
    »Ja.«
    »Wie stellst du dir das vor?«
    David musste grinsen. Jetzt würde sicherlich ein Vortrag über seriöse Arbeiten kommen.
    »Ich mache einfach einen Nebenjob«, sagte er. »Ein paar meiner Klassenkameraden machen das auch.« Das wusste er zwar nicht, aber sein Vater brauchte das ja nicht zu wissen. Und irgendeiner würde sich schon sein Taschengeld durch einen Job aufbessern.
    »Was sind das denn für Arbeiten?«
    »Keine Ahnung. Irgendwas halt«, sagte David und kam sich in diesem Moment ziemlich dämlich vor. Seine Gedanken schwirrten immer wieder um Merlin und das Fenster.
    »Nicht, dass du an die falschen Leute gerätst.« Sein Vater sah mit einem Mal besorgt aus. »Ich weiß nicht, was deine Mitschüler machen ...«
    »Vielleicht irgendwelche leichte Büroarbeiten«, unterbrach David ihn. Er dachte an das Angebot von Paolo. Davon musste er seinem Vater ja noch nichts erzählen. Das würde schon noch früh genug für Aufregung sorgen. Ausgerechnet Paolo holte ihn in die Firma seines Vaters!
    Sein Vater nickte. »Hast du dir da auch schon was ausgeguckt?«
    David legte sich zurück und schloss die Augen.
    »Und glaubst du, dass das neben der Schule klappt?«, stellte sein Vater eine weitere Frage.
    »Natürlich«, sagte David schnell. Er öffnete die Augen wieder und war froh, dass er nicht mehr auf die vorherige Frage reagieren musste.
    »Solange deine Noten nicht darunter leiden«, sagte sein Vater, »habe ich eigentlich nichts dagegen. Aber ich würde mir den Betrieb vorher schon gern anschauen.«
    »Klar«, sagte David und grinste.
    »Gut, ich lasse dich jetzt wieder in Ruhe.« Sein Vater schloss die Tür hinter sich.
    David dachte kurz darüber nach, dass sein Vater im Grunde auch immer alles ganz genau wissen wollte und übervorsichtig war. Aber bei ihm war das trotzdem anders als bei seiner Mutter. Dann schob sich das Fenster wieder vor sämtliche anderen Gedanken. Was wohl drüben geschah? Vielleicht hätte er Merlin seine Beobachtungen doch nicht gestehen sollen. Dabei hatte er den Eindruck gewonnen, dass Merlin sich im Grunde gar nichts aus der Sache machte. Vielleicht waren ihm aber nur noch nicht die entsprechenden Gedanken dazu durch den Kopf gegangen. Wahrscheinlich wäre er gar nicht mehr so locker, wenn er an die Momente dachte, in denen er ... Paolo! Jetzt fiel David wieder ein, dass er Paolo halbnackt auf dem Flur gesehen hatte. Dieser Gedanke war ihm vage auch schon vorhin durch den Kopf geschossen, als er nach Hause gekommen war. Doch erst jetzt wurde ihm klar, was das eigentlich bedeutete. Merlin konnte ihm nicht versprechen, dass er die Affäre wirklich beendete und Paolo stand lediglich in Shorts auf dem Flur. Und nun war das Rollo unten, wo er doch normalerweise immer alles mitbekam, was drüben abging ...
    David spürte das dumpfe Drücken in seinem Kopf. Trotzdem sprang er hastig aus dem Bett und stellte sich ans Fenster. Ob er rübergehen sollte? Er könnte vielleicht verhindern ... Aber was wollte er verhindern? Das letzte Mal hatte er auch nichts unternommen. Und die Male davor auch nicht. Hatte er überhaupt ein Recht dazu? Immerhin war Merlin ihm gegenüber ehrlich. Sein Hals wurde eng. Ehrlichkeit! Obwohl er genau wusste, wie vergeblich es sein würde, kramte er das Fernglas hervor und schaute damit auf die andere

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