Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
Vom Netzwerk:
David schnell und war auch schon zur Tür hinaus, noch bevor Einwände kommen konnten. Dann lief er wie auf Watte über den Flur zu den Toiletten. Kurz darauf stand er im Vorraum, hielt sich am Waschbecken fest und betrachtete sich im Spiegel. War das das Gesicht eines Schwulen? David zitterte leicht. Nein, niemand würde es ihm ansehen können, wenn er nicht eindeutige Hinweise gab. Er musste sich nur an die Spielregeln halten - das hieß, er durfte Merlin nicht in der Öffentlichkeit anglotzen. Keiner konnte ihm in den Kopf gucken und seine Gedanken lesen. Wenn er es nicht wollte, würde es niemand erfahren. Aber warum wurde er dann rot? Er hätte doch völlig cool zu Linda hinübersehen und den Kopf schütteln können. Dann hätte er einfach geschrieben, dass er nicht wisse, was sie meine und der Fall wäre erledigt. Aber nein, er wurde rot, brachte kein Wort mehr raus und verriet sich. Mensch, das war eine absolut peinliche Vorstellung gewesen. Alles. Warum hatte er nicht einfach die Aufgabe an der Tafel gelöst und sich hinterher weiter Gedanken über Linda und ihren blöden Zettel gemacht? Ein besseres Zugeständnis hätte er ihr echt nicht machen können.
    »Warum bin ich so ein verdammter Schwächling?«, flüsterte er sich selbst zu und beobachtete dabei seine Mimik. Er würde jetzt wieder ins Klassenzimmer gehen und sich nichts anmerken lassen. Alles was in seinem Kopf abging, war unter Verschluss. Er brauchte sich über nichts Gedanken zu machen. Niemand wusste etwas von seinem Geheimnis. Und wenn ihn doch jemand darauf ansprechen sollte, dann konnte er ihm völlig cool widersprechen, schließlich war niemand in der Lage, seine Lüge zu überführen. Es gab absolut keinen Grund, irgendwie nervös zu sein.
    David atmete tief durch und verließ das Klo. Bevor er wieder in die Klasse ging, streckte er seinen Körper. Man konnte es ihm nicht ansehen, das war Fakt, das hatte er gerade überprüft. Er drückte die Klinke runter und riss die Tür auf, wie es ein richtiger Mann tun würde.

    32

    Merlin traute sich für den Rest der Stunde kaum noch, in Davids Richtung zu schauen. Immer wieder hatte er den dämlichen Zettel von Linda vor Augen. Kein Wunder, dass David mehr als nur irritiert war. Verschämt hielt er sich über seinen Ordner gebeugt und gab sich Mühe, alles mitzuschreiben, was Herr Hürling an die Tafel malte. Er konnte gut nachvollziehen, wie es bei David ankommen musste, wenn er plötzlich über so ein dummes Briefchen erfuhr, dass sein Nachbar ihn die ganze Zeit anglotzte, weil dieser tierisch auf ihn stand. Warum hatte sie das gemacht? Er hatte sie doch eh gebeten, dass sie ihm nicht mehr solche Zettelchen zuwerfen sollte, weil sich David über kurz oder lang sicher fragen würde, was sie da zu bereden hatten. Aber nein, Madame hielt sich natürlich mal wieder nicht daran. Warum auch? Sie hatte ja nichts zu verlieren. Er aber schon. Was sollte David jetzt von ihm denken? Wahrscheinlich hatte er sich gerade mal damit arrangiert, dass sein Tischnachbar schwul war. Dass der aber noch in ihn verschossen sein könnte, war ihm sicher nicht in den Sinn gekommen. David hatte ja nicht mal mehr die einfachste Ableitung hinbekommen, so sehr irritierte ihn die Sache. Merlin fühlte sich elend. Auch die Tatsache, dass David danach aufs Klo geflüchtet war, zeigte ihm, wie sehr ihn die Nachricht mitgenommen haben musste. Im ersten Moment hatte er noch überlegt, ob er ihm nicht einfach folgen und alles erklären sollte, doch das hätte es sicher noch schlimmer gemacht. Jetzt konnte er nur hoffen, dass David die Sache nicht allzu ernst nahm - was für ein Witz. Merlin stützte seinen Kopf auf.
    Als es klingelte, warf er seinen Ordner achtlos in den Rucksack und verließ die Klasse, ohne sich noch mal umzudrehen. Erst als er über den Schulhof ging, verlangsamte er seinen Schritt wieder. In der Raucherecke blieb er stehen und wartete auf Linda. Es dauerte nicht lange, bis sie auf ihn zusteuerte. Ihr Gesicht war voller Fragen, doch diesmal würde Merlin anfangen.
    »Was sollte der Scheiß?«, blaffte er los.
    Linda blieb abrupt stehen. »Was?«, fragte sie verwirrt.
    »Warum hast du das geschrieben?«
    »Das Briefchen?«
    »Ja genau«, sagte Merlin. »War doch wohl klar, dass er irgendwann eins liest, oder? Und was mach ich jetzt? Soll ich ihm sagen, dass das alles wohl ein dummes Missverständnis war?«
    »Also ich weiß absolut nicht was du meinst«, sagte Linda.
    »Komm, hör mit dem Kack auf. Ich hab dir

Weitere Kostenlose Bücher