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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathi Appelt
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schlimm. Und wie es schlimm war!
    38 Und jetzt musste Mirja Meggie Marie finden.
    Irgendwo im Universum.
    Irgendwo im Meer.
    39 Apropos Meer: Ein klitzekleiner Hauch eines Zweifels huschte durch Mirjas Kopf. Dogie hatte ihr gesagt, dass der Flitzer lagunentauglich war. Von seetauglich war nicht die Rede gewesen.
    „L…l…lagunentauglich“, hatte er nach monatelanger Arbeit erklärt.
    Natürlich wollte sie mit dem Boot nicht aufs offene Meer hinausfahren, nur bis zur Sandbank, die zwar auch im Meer lag, aber im Grunde genommen nicht besonders weit draußen. Siehe Punkt I, in dem nichts über das offene Meer stand, nur über die Sandbank.
    Mirja schob ihren Daumen in die Gesäßtasche und fühlte dort den Notizzettel stecken. Ihren perfekten Plan.
    Dann konzentrierte sie sich auf das Wort „tauglich“. Was für einen Unterschied machte es, ob etwas für eine Lagune oder das Meer taugte, besonders wenn das Wort „Meer“ überhaupt nicht auf ihrem Plan stand. „Tauglich“ war mehr als genug. Der Flitzer war tauglich.
    Mirja hatte Dogie dabei zugeschaut, wie er den alten, zerbeulten Kahn, den irgendjemand am Strand zurückgelassen hatte, aufgemöbelt und in das schmucke, rot glänzende Gefährt verwandelt hatte, in dem sie jetzt saß. Er hatte das alte Holz abgeschmirgelt, bis es so glatt und zart war wie Seide, und es dann mit leuchtend roter Farbe angestrichen. Schicht über Schicht hatte Dogie aufgetragen. Es waren so viele, dass Mirja aufgehört hatte zu zählen.
    Und dann, eines Tages, zog er das Boot unter seinem Haus hervor, wo er daran gearbeitet hatte, zog es über das Gras hinunter zum Becken. Mirja tapste hinter ihm her. Er wartete, bis sie hineingeklettert war, und schob sie dann hinaus aufs Wasser.
    Signe war nicht begeistert gewesen. Signe konnte sich nie für etwas begeistern, das sich im oder auf dem Wasser abspielte. In dieser Beziehung ähnelte sie BF . „L…L…Landratten“, scherzte Dogie kichernd.
    Mirja wusste nicht, wer ihr Vater war, aber das war auch egal, weil Dogie immer zur Stelle war. Dogie, der ihr neue T-Shirts schenkte. Dogie, der dafür sorgte, dass der alte grüne Kombi nicht den Geist aufgab. Dogie, der jeden Abend nach dem Essen für sie und Signe auf der Ukulele spielte und der sie „Seidensänger“ nannte. Dogie, der bei ihrer Geburt dabei gewesen war.
    Solange sie Dogie nebenan wusste, brauchte Mirja keinen Vater. Oh nein. Dogie war ihr ganzes Leben an ihrer Seite gewesen, die ganzen zehn Jahre, jeden Tag. Er hatte ihr sogar einen eigenen Spitznamen gegeben. Er nannte sie „kleiner Anker“.
    Dogie war wie ein Bär, groß gewachsen und breitschultrig. Er war riesig im Vergleich zu Signe, die drahtig und eher klein war, nicht viel größer als Mirja.
    Als Dogie Signe aufforderte, zur Jungfernfahrt ebenfalls in den Flitzer zu steigen, hatte sie die Arme vor der Brust verschränkt und sich geweigert. „Danke, mir gefällt es hier, wo ich bin“, hatte sie gesagt und auf die Erde vor sich gedeutet. Mirja wusste, dass Signe das Wasser nicht liebte, nicht so wie sie und Dogie. Mirja wusste, dass Signe niemals in den Flitzer klettern würde, nie und nimmer. Nicht in einer Million Jahre.
    „W…w…wir fahren nur hier mit dem Boot“, hatte Dogie gesagt. Mit „hier“ war das Becken gemeint. „Es ist das perfekte Boot für diese L…Lagune.“ Und dann hatte er hinzugefügt: „Es ist s…s…sicher hier.“
    Der klitzekleine Hauch eines Zweifels huschte erneut durch Mirjas Kopf. Sie wedelte mit der Hand, um ihn zu vertreiben.
    Später hatte Dogie den kleinen Anleger gebaut, der ins flache Wasser führte.
    Signes Pier.
    Jedes Mal, wenn Mirja und Dogie mit dem Boot hinausfuhren, trug Signe ihren gelben Liegestuhl ans Ende des Anlegers und setzte sich hinein. Sie trug immer eine Schwimmweste. „Jemand muss doch den Strandwächter spielen“, sagte sie. Mirja und Dogie lachten nur. Ihnen war klar, dass Signe niemanden aus dem Wasser ziehen würde. Eher musste sie selbst gerettet werden, falls sie auch nur einen Fuß ins Wasser setzte. „Ich war schon zweimal im Wasser“, sagte sie trotzig und ignorierte ihr Gelächter. „Und ich bin nicht ersoffen.“
    Als Signe das erste Mal im Meer war, war Mirja geboren worden. Nicht im Becken, sondern in der Brandung, mitten im Golf von Mexiko. Signe hatte Mirja so oft von diesem Tag erzählt, dass Mirja die Szene fast vor sich sah. „Tja, damals bin ich zum ersten Mal geschwommen“, sagte Signe. Und dann ergänzte sie: „Du auch,

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