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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathi Appelt
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großen gelben Schulbus. Seine Mutter sagte zu ihm: „Geh und suche dein wahres Herz, mein Liebling.“ Er hatte keine Ahnung, wo er mit der Suche anfangen sollte. Er wusste nur, dass er sein Herz nicht in New Jersey finden würde. Er ließ seine Mutter nicht gern zurück, aber er brauchte ein ruhiges Plätzchen. Er warf eine Münze: „K…K…Kopf, ich gehe in die B…Berge, Zahl, ich g…g…gehe ans Meer.“ Es war ein glänzender neuer Vierteldollar, den er in die Luft warf. Als er ihn auffing und auf seine breite Handfläche klatschte, lag Zahl oben.
    Man hätte vermuten können, dass er sich zur Ostküste aufmachte, schließlich lag die am nächsten, aber dort war es ihm zu laut und geschäftig. Und was war mit der malerischen Felsenküste von Kalifornien? Dort war ihm das Wasser zu kalt. Er wollte Wasser, in dem er selbst im Winter waten konnte. Und so lenkte er den Bus nach Texas.
    Er fuhr drei Tage und drei Nächte, und als er nach Houston kam, wandte er sich nach Süden, nicht nach Galveston, wo es wie an der Ostküste zuging – lauter Touristen –, und auch nicht nach Corpus Christi, denn da sah es nicht viel anders aus. Stattdessen tuckerte er gemütlich an der Küste entlang, bis er in ein Kaff namens Tater kam, das nur eine Handvoll Einwohner hatte und direkt am Eingang zum Nationalpark lag. Er fuhr am Tor vorbei und irgendwann erreichte er eine Straße – oder etwas, was einer Straße sehr ähnlich sah. Sie bestand aus Austernschalen. Und das war die Oyster Ridge Road. Rechts und links der Straße lag der Nationalpark, aber diese Straße war seit fast hundert Jahren in Privatbesitz und seit Generationen standen hier drei Häuser.
    Eins war das Haus von Mr Beauchamp. Das andere war gerade von der Enkelin des ursprünglichen Eigentümers und ihrer Mitbewohnerin bezogen worden. Das dritte Haus gehörte einem Mann aus Tater, der früher am Wochenende zum Fischen hierhergekommen war, aber schon lange das Interesse daran verloren hatte. Es war zu vermieten.
    Am selben Tag noch unterschrieb Dogie den Mietvertrag. Dann holte er sich von der Parkaufsichtsbehörde eine Genehmigung, einen Verleih am Strand zu eröffnen. Er fuhr mit dem gelben Bus ans Ende der Oyster Ridge Road und stellte ihn dort ab. Und da stand er seit zehn Jahren – außer, wenn ein Sturm kam und Dogie den Bus auf höher gelegenes Gelände fuhr, damit er nicht weggespült wurde.
    Jeden Morgen rollte er das Sonnensegel seitlich am Bus aus und machte sich für das Tagesgeschäft bereit. Er hatte unter diesem Sonnensegel gestanden, als er Signe das erste Mal erblickte.
    Dogie wusste es noch genau.
    Er hängte gerade ein Pinbrett auf, wo er Poster und T-Shirts zum Verkauf anbieten wollte, als eine große Frau an ihm vorbeiging. Ihr Bauch war kugelrund. Sie ging, so schnell sie konnte, geradewegs in die Brandung, hinein in die Wellen. Ihr folgte ein junges Mädchen, ein Teenager, mit geisterhaft weißen Haaren und rief: „Warte! Warte doch! Du kannst das nicht hier machen!“ Aber die große Frau schenkte dem Mädchen keine Beachtung. Sie gingen durch das seichte Wasser, wo die Wellen sanft ans Ufer rollten, immer weiter, bis sie bis zur Taille im Meer standen. Er sah sie auf den Wellen auf und ab wippen.
    Dann hörte Dogie sie beide schreien – beide Frauen, die eine groß und dunkel, die andere kleiner und mit dem weißesten Haar, das er je gesehen hatte.
    Anfänglich beachtete Dogie die Schreie nicht. Die meisten Menschen schrien, wenn sie ins Wasser gingen, weil es kalt war, weil die erste Welle höher gegen den Körper klatschte als erwartet, weil ihnen das Wasser ins Gesicht spritzte. Dann legte er den Hammer weg und lauschte. Er hörte, dass diese Schreie anders waren.
    Der Schrei der großen Frau war ein Schmerzensschrei.
    Der Schrei des jüngeren Mädchens war ein Schrei der Angst.
    Der Krieg macht die Menschen mit der Bedeutung von Schreien vertraut.
    Dogie kickte die Flip-Flops von seinen Füßen und rannte ins Wasser, warf sich hinein und schwamm, so schnell er konnte. Die Schreie übertönten das Brüllen der Brandung.
    Und als er näher kam, begriff er, was passiert war: In den Armen der jüngeren Frau lag ein Baby. Und auf dem Gesicht der älteren glänzten Tränen.
    Er fragte sich, wo Meggie Marie jetzt wohl war. Sie konnte überall sein, in São Paulo oder Singapur oder San Francisco. Wer wusste das schon?
    Er vermisste Meggie Marie nicht. Dieser stille Ort an der Küste war immer zu beengt gewesen für sie. Er war nicht

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