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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Maine
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Holländers gleicht dem Schicksal, das Gott über mich verhängt hat.“ setzte er so leise hinzu, dass ich Mühe hatte, die Worte zu verstehen.
     
    „Und die Liebe einer Frau könnte Sie erlösen, Damian?“, fragte ich zweifelnd.
     
    „Nein, für mich gibt es keine Erlösung. Die Aufgabe, die mir Gott gestellt hat, ist erst beendet, wenn das Schiff des Fliegenden Holländers im Nichts zerschellt. Gemeinsam mit dem unglücklichen Seefahrer werde ich am Jüngsten Tage vergehen.“
     
    „Aber die Liebe. Die Liebe ist die Erlösung!“ stieß ich hervor. „Daran glaube ich.“
     
    „Ja, die Liebe ist die Erlösung, Danielle“, sagte Damian leise. „Doch mich erlöst sie erst am Ende aller Tage.“
     
    „Und haben Sie diese Liebe schon einmal gefunden, Damian?“, frage ich gespannt.
                 
    Ich werde es wissen, wenn die Posaunen zum Ewigen Gericht rufen!“ war die geheimnisvolle Antwort.
     
    „Ich bin es, Damian“, schrie mein Herz. „Ich bin es, die dich liebt. Ich bin es, Fliegender Holländer, die dir treu sein will bis in den Tod!“
     
    Aber meine Lippen blieben stumm.
     
    Nur die Stille hörte meine Worte.
     
    Und die Ewigkeit ...
     
                                                                                                      ***
     
    Freitag, der zwölfte April 1992.
     
    Mitten in der unendlichen Wasser-Wüste des Atlantischen Ozeans pflügte sich die Titanic durch die Wellen. Die Maschinen liefen „Volle Kraft voraus“. Ihr stetiges Rumoren unter unseren Füßen grollte zu uns herauf wie das Murren von urzeitlichen Riesen. Die Kraft von achtundsiebzigtausend Pferden trieb die drei gigantischen Schiffsschrauben, die das 269 Meter lange Schiff mit mehr als 2.200 Personen in Richtung New York schoben. Aber nur 705 Menschen war es bestimmt, dieses Ziel jemals zu erreichen.
     
    In der Nacht dieses an sich ereignislosen Tages traf ich den geheimnisvollen Marquis auf dem Promenadendeck wieder. Der Zeiger der Uhr näherte sich bereits der Mitternacht und ich sollte eigentlich längst im Bett liegen. Meine Rolle als Mr. Astors Gesellschaftsdame hatte mich heute sehr beansprucht. Ich war in der ‘Gesellschaft’ akzeptiert worden und nun drängten sich die Leute danach, meine Bekanntschaft zu machen und mit mir zu plaudern.
     
    Ich spielte die Rolle einer Schauspielerin, die in allen Theatern von Paris Engagements hatte, ganz leidlich. Meine verstorbene Dienstherrin hatte mich manchmal zu einem Theaterbesuch mitgenommen. Und die Aufführungen hatten mich so begeistert, dass ich nicht nur viele Dramen und Komödien kannte, sogar die Namen der Schauspieler wusste. Das half mir jetzt natürlich bei den Gesprächen, die mit mir geführt wurden.
     
    John Jacob Astor war sehr zufrieden mit mir. Über den geheimnisvollen Marquis und den Blauen Diamanten redeten wir nicht mehr. Damian de Armand war weder im Speisesaal noch im Rauchsalon aufgetaucht. Und der Wirbel um mich herum ließ mir keine Zeit, ihn zu suchen.
     
    Astor gehörte zu den Leuten, die sich früh zurückzogen. Hatte er seine Havanna geraucht, verabschiedete er sich und ging zu Madeleine. Und da die Herrschaften dann nicht mehr gestört werden wollten, hatte ich danach frei. Eigentlich hätte ich mich auch schlafen legen sollen. Doch die Ereignisse des Tages hatten mich innerlich so erregt, dass ich bestimmt keine Ruhe gefunden hätte. Also entschied ich mich zu einem kleinen Bummel auf dem Promenaden-Deck der Ersten Klasse.
     
    Es war bitterkalt an Deck. Aber ich hatte meinen Mantel aus der Kabine geholt und mich dicht darin eingewickelt. Aber die Nacht-Kühle kroch auch durch den dichten Wollstoff.
     
    Das Meer war ruhig und die Sterne des Firmaments spiegelten sich in den nächtlichen Wellen. Damian de Armand stand wie ein schwarzer Schatten an der Reeling und sah in die Unendlichkeit des Ozeans hinaus. Aber er schien sehr erfreut zu sein, mich zu sehen. Und wir waren uns seit unserem Gespräch gestern Abend so nahe gekommen, dass ich keine Scheu hatte, ihn aus seinen Grübeleien zu reißen.
     
    In Damians sonst so verschlossen wirkendes Gesicht drang ein Ausdruck der Freude, als er mich sah. Und er schien hier auf mich gewartet zu haben.
     
    Das Gespräch von gestern Abend hatte so viele Fragen offen gelassen. Und auch, wenn ich mich bei dem, was er gestern erzählte, ordentlich gegruselt hatte, wollte ich

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