Das Meer wird dein Leichentuch
lassen, Madeleine. Ich hätte so etwas auch nicht von dieser Frau erwartet, meine Liebe. Aber Leute in unserem Stand müssen immer vorsichtig sein. Diese Ganoven arbeiten mit allen Tricks.“ Astors Stimme klang plötzlich liebenswürdig, als er mit seiner Frau redete. „Eigentlich hatte ich Ben Guggenheim in Verdacht, dass er einen Dieb anheuern würde, der den Diamanten stiehlt. Glaubst du, Madeleine, dass auch ein Benjamin Guggenheim auf diesen Schwindel mit dem Fluch hereingefallen ist?“
„Ich habe eine schlimme Vorahnung, John!“, sagte Madeleine. „Ich fühle es ganz deutlich.“
„Ruh dich aus, mein Schatz und vergiss diese dunkle Geschichte. Morgen Nachmittag sind wir in New York und lachen beide darüber.“ gab Astor zurück.
„Sie sind verblendet, Mr. Astor“, sagte ich, während zwei Matrosen die Suite betraten und mich ergriffen. „Und in Ihrer Verblendung werden sie zugrunde gehen. Halten Sie sich in der nächsten Nacht bereit, in ein Rettungsboot zu steigen, Madeleine.“ rief ich über die Schulter zurück, während mich die Männer nach draußen führten.
„Wohin bringen Sie mich?“, wollte ich wissen.
„Zuerst zum Kapitän“, knurrte einer der Matrosen. „Und dann hinunter in den Laderaum, wo Sie den Rest der Fahrt weniger angenehm zubringen werden ...“
***
„Von der Maseba, Sir. Sie meldet starkes Packeis und drei große Eisberge.“ hörte ich Phillips sagen. Der Funker schob dem Kapitän einen Zettel mit einer weiteren Eiswarnung zu.
„Danke, Phillips. Halten Sie mich weiter auf dem Laufenden.“ nickte Kapitän Smith und legte grüßend die Hand an die Mütze. Dann sah er erstaunt zu mir herüber, während einer der Matrosen mit kurzen Worten seine Meldung erstattete.
„Und was haben Sie dazu zu sagen, Miss Bidois?“ Das klang ganz anders als Astors schroffe Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Ein typischer Yankee, der nur glaubt, was ihm in seine Pläne passt. Kapitän Smith war Engländer und das Rechtsempfinden seines Volkes war tief in ihm verwurzelt. Für ihn gab es keinen Schuldspruch, bevor der Angeklagte nicht selbst geredet hatte. In diesem Augenblick erschien mit Edward Smith mit seinen silberglänzenden Haaren, dem eisgrauen Bart und den verständnisvoll blickenden braunen Augen wie ein gütiger Vater.
„Ich bin sicher, dass sich in New York alles aufklären wird, Miss Bidois!“, sagte er, nachdem ich meine Erzählung beendet hatte. „Aber vielleicht sind Sie selbst einem Schwindler aufgesessen und haben seine Erzählungen geglaubt. Ein Marquis Damian de Armand befindet sich nämlich nicht auf der Passagierliste.“
„Aber seine Kabine - die Kabine der Vanderbilts.“ presste ich hervor.
„Es ist niemand darin. Nur ein alter, ägyptischer Sarkophag. Aber der mag zum Gepäck der Vanderbilts gehören. Sie haben ja ihre Dienerschaft mit den großen Stücken vorausgeschickt, während sie selbst in zwei Wochen mit der Olympic nachkommen. Von einem Marquis de Armand keine Spur. Vielleicht ist er ein Hochstapler, der sich am Tage unter den Leuten in der Dritten Klasse versteckt. Für solche Leute ist es auch kein Problem, eine Tür zu öffnen und dann so zu tun, als gehöre ihnen die Kabine.“
„Ihre Vermutungen sind logisch, Herr Kapitän. Und ich verstehe, dass Sie handeln müssen, wie Mr. Astor es wünscht.“ nickte ich.
„Ich danke Ihnen, dass Sie mir mein Amt in diesem Fall nicht schwer machen, Miss Bidois!“, brummte Edward Smith. „Unten im großen Laderaum haben wir eine kleine Arrestzelle. Der Laderaum ist verschlossen und deshalb werden wir sie nicht in der Zelle einschließen. Sie können dann sogar etwas spazieren gehen. Und ich werde dafür sorgen, dass man Ihnen genügend zu Essen und zu Trinken bringt.“
„Ich danke Ihnen, Herr Kapitän“, sagte ich schlicht.
„Solange wir noch auf See sind, werde ich versuchen, Ihren geheimnisvollen Marquis zu finden und festzusetzen“, rief Kapitän Smith hinter mir her, während mich die Matrosen nach draußen führten.
„Geh und fang den Wind!“, hörte ich mich selbst flüstern ...
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