Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
»Wissenökonomie« zur Verfügung haben, dann ergibt sich auch hier ein mittleres Tempo von etwa einem Prozent. Die Anzahl der Wissensarbeiter in den Industrienationen steigt etwa in diesem Tempo. Auch der Anteil der »untypischen Arbeitsverhältnisse«, im weiten Spektrum vom Einzel-Kreativen bis zum Billiglohnjob, hat sich in den letzten Jahrzehnten ungefähr im Ein-Prozent-Tempo erhöht. 3 In den Firmen verschieben sich Anteile von den primären (Produktions-)Tätigkeiten zu den sekundären (Verwaltung) zu den tertiären (Innovation, Marketing, Kommunikation
etc.) um etwa diesen Faktor: ein Prozent. Das klingt nach langsamem Wandel. Tatsächlich kommt es aber bisweilen zu einem kaskadenhaften Schub in Richtung auf Flexibilisierung und Tertiarisierung der Arbeitswelt.
Auch der Megatrend Bildung bewegt sich mit gemächlichem, aber robustem Tempo durch die Weltgeschichte. Die Anzahl der sekundären und tertiären Bildungsabschlüsse weltweit steigt pro Jahr um rund ein Prozent, und das schon seit vielen Jahren und auf allen Kontinenten. So machten etwa Mitte der sechziger Jahre rund 13 Prozent aller 18- bis 20-Jährigen in Deutschland das Abitur, heute sind es knapp 40 Prozent, eine Steigerung um 27 Prozentpunkte in 45 Jahren (in Skandinavien und Kanada liegt die Hochbildungsrate bei den Jüngeren schon bei 70 Prozent). In Indien stieg die Alphabetisierungsrate bei Frauen zwischen 1982 und 2007 von 26 auf 54 Prozent, in Nigeria zwischen 1990 und 2007 von 44 auf 64 Prozent. 4
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamt-Energie-Aufkommen, ähnlich wie der Anteil von Bioprodukten an den Gesamtprodukten, steigt pro Jahr im Durchschnitt um ein Prozent. (Megatrend Neo-Ökologie).
Die Anzahl der Internet-User steigt global jährlich um etwa ein Prozent (Megatrend Konnektivität).
Gerade die letzte Zahl mag erstaunen und zum Widerspruch reizen. Hat sich das Internet nicht in den letzten Jahren rasend schnell ausgebreitet, von null auf 100 in kurzer Zeit?
Die 11 Megatrends des Zukunftsinstituts:
Globalisierung
Frauen
Individualisierung
Alterung
Urbanisierung
Mobilität
New Work – Wissensarbeit
Neue Bildung
Gesundheit
Neo-Ökologie
Konnektivität
Man darf sich nicht täuschen lassen. Viele Prozesse sind langsamer, als man denkt, wenn man die Messmethode qualitativ erweitert. In den Wohlstandsnationen hat sich das Internet in den letzten 20 Jahren zu einem zentralen Medium entwickelt, aber keineswegs zum alleinigen. Es schauen immer noch mehr Menschen Fernsehen, als aktiv das Internet nutzen – im Sinne eines voll interaktiven Wissensmediums. Passiver Medienkonsum ist zäher, als gemeinhin angenommen, und das Lesen von E-Mails macht einen noch nicht unbedingt zu einem Einwohner der digitalen Welt. Zwar haben in Deutschland heute 70 Prozent der Haushalte einen Internet-Zugang. Aber eine genauere Nutzeranalyse zeigt, dass bis heute, Stand 2011, kaum 30 Prozent die vollen Möglichkeiten des Netzwerk-Mediums erschließen – vom Blog über die sozialen Netzwerke bis zum Einkaufen im Netz. Der Rest ist irgendwie » digitaler Dilettant« oder gehört zu den fast 30 Prozent der »Digitalverweigerer«, die dem neuen Medium komplett entsagen. Die mittlere Internet-Verweildauer pro Bürger in Deutschland liegt bei rund eineinhalb Stunden pro Tag. Der mittlere Fernsehkonsum konstant bei über drei Stunden.
Fundamentale neue Technologien, das zeigt uns die Geschichte, breiten sich nur langsam aus, wenn mit ihrem Gebrauch neue Kulturtechniken verbunden sind. Auch das Automobil brauchte fast ein Jahrhundert, um in den Industrieländern zu einem von so gut wie jedem Erwachsenen bedienbaren Transportmedium zu werden. Das Tempo einer technischen Entwicklung ist also auch von Soziotechniken abhängig, von den kulturellen Verhaltensmustern und Gewohnheiten. Die Einführung des Farbfernsehens zum Beispiel ging tatsächlich sehr schnell vonstatten, weil die Menschen den medialen Konsum über Radio und Schwarzweißfernsehen schon gewohnt waren (sich vor eine flimmernde Kiste zu setzen beherrschten zudem schon unsere Ur-Vorfahren – damals nannte man das »Herd-« oder »Lagerfeuer«). Und weil man neben Sendern nur Empfänger aufstellen musste – die Infrastruktur war relativ einfach zu bewerkstelligen. Aber das Internet fordert eine ganz andere kognitive Leistung von seinen Nutzern – es ist nicht nur ein Download- sondern auch ein Upload-Medium.
Alle Trends verlaufen in einer klassischen Sigmoid-S-Kurve. Sie brauchen lange
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