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Das Menue

Titel: Das Menue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Rankin
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der dickliche Oberkehrer. »Es sei denn natürlich, Sie möchten einen Job als mein Assistent.«
    »Nein danke. Aber bitte, fahren Sie fort.«
    »Selbstverständlich. Heutzutage gibt es so viele Abteilungen, Unterabteilungen, Agenturen, Divisionen, Depots, Werkstätten und so weiter und so fort, dass niemand auch nur die einfachsten Dinge erledigen kann. Es ist ein einziges gewaltiges bürokratisches Chaos. Wie der Herr, so auch die Herde, haben Sie dieses Sprichwort schon einmal gehört?«
    »Nein, aber bitte, fahren Sie doch fort.«
    »Alles kommt zum Stillstand.« Der dicke Mann blickte sehr ernst drein. »Es gibt zu wenige Byrons wie Sie, die im Kreis herumrennen. Jede Abteilung schiebt einer anderen die Schuld in die Schuhe. Das Große Schwungrad bricht zusammen, und Risse tauchen auf. Fehler können nicht mehr korrigiert werden, und alles hat seine Auswirkungen oben an der Oberfläche des Planeten. Dort herrscht das reinste Chaos. Wenn es uns nicht gelingt, den Mechanismus zu korrigieren, hält die Menschheit geradewegs auf ein finales Armageddon zu. Und diesmal wird niemand dieses Armageddon lebend überstehen.«
    »Aber er ist doch unsere Aufgabe, das zu verhindern! Dafür sind wir da!«
    »Das ist ein schwieriges Problem. Ich möchte Ihnen eine elementare Frage stellen. Wie viele ultimative Enden der Menschheit kann es heutzutage geben?«
    »Selbstverständlich nur eines.«
    Der dicke Oberkehrer schüttelte den Kopf.
    »Mehr als eines?«
    »Exakt sechs«, sagte der Oberkehrer. »Sechs, und alle laufen zugleich ab.«
    »Aber das… das ist unmöglich! Das kann nicht geschehen!«
    »Es kann. Glauben Sie mir. Ich kehre hier. Ich sehe alles. Ein Abfall hier, ein Systemabsturz da, eine falsche Projektion über diese Entwicklung, das Unvermögen, ein mögliches kleines Versagen dort zu verhindern. Muss ich noch weiterreden?«
    »Aber sechs…? Weiß der Aufseher davon?«
    »Dieses kopflose Huhn? Was meinen Sie?«
    »Aber… Wir müssen etwas unternehmen! Und zwar auf der Stelle, sogleich!«
    Über ihnen ertönte das Geräusch von Zahnrädern, die unangenehm und ohne Flux aufeinander mahlten.
    »Da geht Ihr lateraler Augmentor dahin«, seufzte der fette Oberkehrer. »Habe ich gesagt sechs ultimative Enden? Machen Sie besser sieben daraus.«
     
    »Sehen Sie nur, Jack! Sehen Sie!« Eine aufgeregte Gruppe von Zen-Piraten stand über Mad Johns Terminal im Keller der Miskatonic University. »Sehen Sie, was es jetzt tut?«
    »Was tut es?«
    »Eine Bank ausrauben.« Spike beobachtete die Zahlenreihen, die über den Bildschirm huschten. »Es plündert tote Konten.«
    »Wie viel Geld?«
    »Eineinhalb Millionen, vielleicht mehr.«
    »Und wohin bringt es das Geld?«
    »Zurück zur Muttersonde, wohin sonst?«
    »Und dann?«
    »Wir verlieren es, Jack.« John hämmerte auf seiner Tastatur herum. »Aber diesmal nicht. Diesmal wird es alles zu uns bringen.«
    »Wir haben es von der Sonde isoliert«, erklärte Spike. »Obwohl es bis jetzt noch nichts davon weiß. Wir haben ein falsches Bild der Sonde hier in unserem System geschaffen. Es wird zu uns kommen in der Annahmen, unsere Sonde wäre die echte. Sobald es in unseren Systemen steckt, kappen wir die Telefonleitungen, und wir haben es im Sack.«
    »Aber es ist nur ein Programm! Ein Hackerprogramm, weiter nichts. Ihr redet davon, als sei es ein physisches Objekt, das man in einen Käfig sperren kann.«
    »Es ist eine KI, Jack. Eine künstliche Intelligenz. Es muss so sein, es gibt keine andere Erklärung. Aber wir werden es bald ganz sicher wissen. Es ist fertig mit dem Fressen der Bankkonten. Jetzt will es nach Hause.« Spike setzte sich an das nächste Terminal und tippte Zahlen- und Buchstabenfolgen ein. »Es ist auf dem Weg hierher. Ich erhalte bereits Werte.«
    Die Zen-Piraten hielten kollektiv den Atem an. »Was hat Spike jetzt vor?«, flüsterte Jack.
    »Sobald es hier im System ist, will sie es in eine Endlosschlaufe führen, sodass es keinen Weg nach draußen findet. Dann ziehen wir die Stecker. Es gehört uns, und wir können damit tun, was wir wollen.«
    Jack biss sich auf die Lippe. Das war wirklich schlau eingefädelt. Diese Leute waren ihm haushoch überlegen.
    »Ich hab’s! Es ist drin! Ich schließe das System. Zieh den Stecker raus, John!« Spike tippte ein Abschaltungskommando ein, und Mad John riss die Telefonschnur aus dem Sockel ihres Terminals.
    »Geschafft!«
    Jubelrufe ertönten. Spike kletterte auf einen Schreibtisch und hob die schmalen Hände.

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