Das Midas-Komplott - Thriller
richtigen Weg blieben. Einige Male schien sie etwas sagen zu wollen, besann sich dann aber eines anderen und wandte den Kopf ab. Verlegenheit, Ärger, Angst – Tyler hatte immer mehr das Gefühl, dass er sich bei ihr entschuldigen sollte, denn ihm war noch etwas eingefallen, das ihn endgültig von ihrer Unschuld überzeugt hatte. Er hatte zwar beschlossen, Orr so lange es ging Sand in die Augen zu streuen, aber wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, würde er handeln müssen, und dazu brauchte er Stacys Hilfe.
Irgendwann stieß der Gang, durch den sie kamen, auf einen Tunnel, der links bergauf und rechts bergab führte. Bisher hatte sich der Weg mal etwas gehoben, mal etwas gesenkt, aber im Großen und Ganzen waren sie auf demselben Niveau geblieben. Der ansteigende Gang endete jäh vor einer Ziegelmauer. »Was zum Teufel soll denn das?«, maulte Gaul.
»Für wie alt hältst du diese Steine?«, fragte Tyler Stacy.
»Sehr alt.«
»Vielleicht wollte jemand verhindern, dass Midas Grabkammer gefunden wird«, warf Orr ein.
»Warum hat man dann den Weg, den wir gerade genommen haben, nicht verschlossen?«, fragte Tyler.
»Weiß ich doch nicht. Sie sind der Ingenieur. Ist aber letztlich egal«, fuhr Orr fort. »Dann steigen wir also noch etwas tiefer in den Kaninchenbau.«
Der Tunnel senkte sich auf einer Strecke von gut sechzig Metern und mündete dann in eine Höhle von sechs auf neun Metern. Das hintere Ende war auf ganzer Breite von Wasser bedeckt. Etwas, das wie eine schmale Steinbrücke aussah, wölbte sich darüber und endete an der Wand. Tyler drehte sich um die eigene Achse.
Sie steckten in einer Sackgasse.
»Haben Sie sich einen Scherz erlaubt, Locke?«, knurrte Orr.
Tyler sah ihn erstaunt an. »Nein, in diese Richtung hat uns das Geolabium geschickt.« Sollte er sich doch getäuscht haben?
»Wenn Sie jetzt mit Ihrem Latein am Ende sind, Locke, drücke ich gleich auf meinen Knopf. Lassen Sie sich gefälligst etwas einfallen, aber dalli, damit ich nicht erst auf den Gedanken komme, Sie hätten mich schon die ganze Zeit gelinkt.«
Der Sprengstoffgürtel bohrte sich in Tylers Magen, als er ans hintere Ende der Höhle trat und die Wand musterte. In einer Höhe von zwei Metern zog sich ein kaum wahrnehmbarer Riss von einer Seite zur anderen. Auf den ersten Blick sah die Wand aus wie die Tuffwände, an denen sie bisher entlanggegangen waren, aber an einigen Stellen schimmerte es weiß, als wäre der Tuff nur eine dünne Schicht. Tyler kratzte mit dem Fingernagel an dem weißen Material, aber es gab nicht nach wie Tuffstein. Im Gegenteil, er wetzte sich seinen Nagel daran ab. Fast wie an … Tyler drehte das Geolabium um. Der Zeiger war auf Aquarius gerichtet, den Wassermann. Das hatte etwas zu bedeuten.
Er ließ sich auf die Knie fallen und hielt die Laterne über das Wasser. Nach eineinhalb Metern wurde es undurchsichtig. Der Boden war nicht mehr zu erkennen.
Tyler musste über den genialen Einfall lächeln.
»Heureka«, sagte er leise.
»Was?«, fragte Stacy zurück.
»Fass das mal an«, sagte er und deutete auf die weiße Schicht unter dem Tuff.
Sie rieb mit dem Finger daran.
»Was ist los?«, fragte Orr.
»Fühlt sich wie das Zeug an, mit dem ich mir die Füße abschmirgele«, sagte sie. »Bimsstein?«
»Richtig«, sagte Tyler. »Wusstest du, dass Bimsstein bis zu neunzig Prozent aus Luft bestehen kann?«
»Was interessiert uns das?«, mischte sich Orr ungehalten ein.
»Weil Bimsstein schwimmt. Chemisch unterscheidet er sich nicht von anderer Lava, wie sie beispielsweise der Vesuv ausspuckt. Er ist jedoch deutlich leichter und schwimmt so gut, dass es sogar Theorien gibt, Pflanzen und Tiere hätten sich auf schwimmenden Bimssteininselchen, die von indonesischen Vulkanen stammen, im Pazifik verbreitet.«
»Was willst du damit sagen?«
»Die Wand unter dem Haarriss ist aus Bimsstein. Man hat sie bloß mit Tuff verkleidet. Diese Wand schwimmt.«
Verwirrt beugte sich Orr über das Wasser. »Ist so etwas überhaupt möglich?«
»Es könnte sein, dass man Bimsziegel zusammenzementiert hat. Dann füllte man den Tümpel mit Wasser, die Führungsschienen hielten die Wand, bis sie so weit gestiegen war, dass sie fest gegen die Decke drückt.«
»Und niemand würde jemals auf den Gedanken kommen, eine Tür vor sich zu haben«, sagte Stacy ungläubig. »Aber es leuchtet durchaus ein, dass man die Grabkammer des Midas schützen wollte.«
»Mal langsam«, protestierte Orr. »Als Gia und ich vor
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