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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mit dem bin ich doch auch einigermaßen locker fertig geworden. «
    Eskarina schrie nicht; sie sprach sehr leise, aber in einem Ton, der lauter war als jeder Schrei. »Willst du weiter die Augen davor verschließen, dass es hier um Leben und Tod geht, Tiffany Weh, deines Zeichen Käserin? Du hast eine Chance, den Tückischen zu besiegen. Aber wenn du versagst, hat auch die Hexenkunst versagt – und wird mit dir untergehen. Er wird deinen Körper besitzen, dein Wissen, deine Begabungen, deine Seele. Zu deinem Besten – und zum Wohle aller – werden deine Hexenschwestern ihre Differenzen beilegen und euch auslöschen, dich und ihn, bevor ihr weiteres Unheil anrichten könnt. Begreifst du das? Es ist lebens wichtig. Du musst dir selbst helfen!«
    »Die anderen Hexen werden mich töten ?«, fragte Tiffany entsetzt.
    »Natürlich. Du bist eine Hexe, und du weißt doch, was Oma Wetterwachs immer sagt: Wir können nur richtig, wir können nicht nett. Du oder er, Tiffany Weh, darauf läuft es hinaus. Wer verliert, ist tot. Was ihn angeht, könnte es leider bedeuten, dass wir ihn in ein paar Jahrhunderten wiedersehen. Für dich sieht die Prognose schon düsterer aus.«
    »Moment mal eben«, sagte Tiffany. »Wenn sie bereit sind, gegen ihn und mich zu kämpfen, könnten wir uns doch auch genauso gut alle zusammentun und ihm ein für alle Mal den Garaus machen.«
    »Könnte man natürlich machen. Aber möchtest du das auch? Was möchtest du wirklich, Tiffany Weh? Hier und jetzt? Die Wahl liegt bei dir. Die anderen Hexen würden es dir bestimmt nicht übelnehmen.« Eskarina zögerte kurz. »Sie hätten sicher wahnsinnig viel Verständnis .«
    Die Hexe, die sich vor einer Prüfung drückte?, dachte Tiffany. Die Hexe, die von den anderen geschont wurde, weil sie wussten, dass sie nichts taugte? Und wer denkt, dass er nichts taugt, taugt auch nicht zur Hexe. Laut sagte sie: »Ich komme lieber um bei dem Versuch, eine Hexe zu sein, als von allen mit Samthandschuhen angefasst zu werden. «
    »Fräulein Weh, du legst ein fast sündhaftes Selbstvertrauen an den Tag, gepaart mit maßlosem Stolz und Siegessicherheit. Mit anderen Worten, genau das, was ich von einer Hexe erwarten würde.«
     
    Die Welt wackelte ein bisschen, dann verwandelte sie sich. Noch bevor ihre Worte Tiffany ganz erreichten, war Eskarina bereits verschwunden. Tiffany fand sich vor dem Gobelin wieder. Sie hielt das brennende Scheit noch immer gepackt, aber diesmal erhob sie es voller Zuversicht. Sie kam sich vor, als wäre sie mit Luft gefüllt, die ihr Auftrieb gab. Auch wenn die Welt noch so seltsam geworden war, eines wusste sie genau: Ein trockener Wandbehang brannte wie Zunder, sobald man eine Flamme daran hielt.
    »Diesen alten Lappen steck ich an, da kenn ich gar nichts, Freundchen. Verlass dich drauf. Fort mit dir! Dahin, wo du hergekommen bist!«
    Zu ihrer Verblüffung trat die schwarze Gestalt tatsächlich den Rückzug an. Sie hörte noch ein kurzes Zischen, dann war es, als ob eine Last von ihr abfiel und den Geruch mit sich nahm.
    »Das war sehr faszinierend.« Tiffany fuhr herum und blickte in Prestons fröhliches Gesicht. »Wissen Sie«, sagte er, »ich habe mir wirklich Sorgen um Sie gemacht, weil Sie so stocksteif dastanden. Ich dachte schon, Sie wären tot. Als ich Ihren Arm angefasst habe – aber ganz respektvoll, kein Gegrapsche oder so –, fühlte er sich an wie die Luft kurz vor einem Gewitter. Da dachte ich mir, das ist wohl eine Hexensache, und habe beschlossen, auf Sie aufzupassen. Und dann haben Sie einen unschuldigen Wandbehang mit dem Feuertod bedroht.«
    Sie starrte in die Augen des Jungen wie in einen Spiegel. Feuer, dachte sie. Das Feuer hat ihn schon einmal getötet, und das weiß er. Aber er wird sich hüten, dem Feuer zu nahe zu kommen. Feuer ist der Schlüssel. Die Häsin läuft ins Feuer. Hm.
    »Eigentlich mag ich Feuer ganz gern«, sagte Preston. »Ich finde nicht, dass es mein Feind ist. Überhaupt nicht.«
    »Wie bitte?«, sagte Tiffany.
    »Tut mir leid, aber Sie haben gerade halblaut vor sich hingesprochen«, antwortete Preston. »Ich will lieber gar nicht wissen, worum es ging. Wie sagte meine Oma immer? Misch dich nicht in die Angelegenheiten von Hexen, denn sie werden dir eine Backpfeife verpassen. «
    Tiffany traf eine Blitzentscheidung. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
    Preston nickte. »Und wie! Ich habe zum Beispiel noch nie irgendwem verraten, dass der Feldwebel Gedichte schreibt.«
    »Nur mir! Vor

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