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Das Mitternachtskleid

Das Mitternachtskleid

Titel: Das Mitternachtskleid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einen Frau-Prust-förmigen Tunnel hinter sich zurückließ.
    Derek genehmigte sich gerade gemütlich ein Tässchen Kakao, als seine Mutter, begleitet von einem lauten Furz, in den Laden marschiert kam. Er hob den Kopf und runzelte die Stirn. »Klang das für dich nach b-Moll? Also, für mich klang das nicht nach b-Moll.« Noch bevor er seine Stimmgabel aus der Schublade unter der Theke nehmen konnte, war seine Mutter schon an ihm vorbeigestürmt.
    »Wo ist mein Besen?«
    Derek seufzte. »Im Keller, weißt du nicht mehr? Als dir die Zwerge letzten Monat den Kostenvoranschlag für die Reparatur gemacht haben, hast du sie als halsabschneiderische kleine Gartenornamente beschimpft. Aber du benutzt ihn doch sowieso nie.«
    »Ich muss … aufs Land«, sagte Frau Prust und suchte die vollgestopften Regale nach einem funktionsfähigen Besen ab.
    Ihr Sohn machte große Augen. »Ist das dein Ernst? Du hast doch immer gesagt, das wäre schädlich für deine Gesundheit. «
    »Es geht um Leben und Tod«, murmelte Frau Prust. »Und wenn ich die Lange-dünne-kurze-dicke-Sally frage?«
    »Also, Mutter, das ist wirklich nicht nett, sie so zu nennen«, sagte Derek vorwurfsvoll. »Sie kann doch auch nichts dafür, dass sie eine Gezeitenallergie hat.«
    »Aber sie hat einen Besen! Ha! Eine Baustelle jagt die andere. Pack mir ein paar Butterbrote ein, ja?«
    »Geht es um das Mädchen, das letzte Woche hier war?«, fragte Derek misstrauisch. »Ich glaube, sie hatte nicht sonderlich viel Sinn für Humor.«
    Seine Mutter beachtete ihn nicht weiter und kramte unter der Theke einen ledernen Totschläger hervor. Die Kleinhändler in der Zehntes-Ei-Straße hatten recht niedrige Gewinnspannen und daher eine sehr handfeste Einstellung zum Thema Ladendiebstahl. »Ich glaub es nicht, ich glaub es einfach nicht«, jammerte sie. »Ich? In meinem Alter? Eine gute Tat tun? Wahrscheinlich werde ich langsam weich in der Birne. Und dann auch noch ohne Bezahlung! Ich fass es nicht, ich fass es wirklich nicht. Demnächst fange ich womöglich noch an, den Leuten drei Wünsche zu gewähren. Wenn du dafür irgendwelche Anzeichen bei mir beobachten solltest, Derek, brätst du mir damit tüchtig eins über.« Sie drückte ihm den Totschläger in die Hand. »Du kümmerst dich um den Laden, während ich weg bin. Sieh zu, dass du die Gummischokolade an den Mann bringst und ein paar von den witzigen künstlichen Spiegeleiattrappen, ja? Zur Not machst du den Kunden eben weis, es wären neuartige Lesezeichen.«
    Und damit lief Frau Prust auch schon in die Nacht hinaus. Die nächtlichen Straßen und Gassen der Stadt waren ein gefährliches Pflaster, bevölkert von Räubern, Dieben und ähnlichen Landplagen, die sich allerdings rasch wieder in die Schatten duckten, sobald sie sahen, wer da an ihnen vorbeirauschte. Mit Frau Prust war nicht zu spaßen. Man kam ihr besser nicht in die Quere, wenn man Wert darauf legte, dass auch in Zukunft sämtliche Fingerknochen in die richtige Richtung zeigten.
     
    Macintoshs Körper hetzte durch die Nacht. Er litt große Qualen. Den Geist kümmerte das nicht; es waren ja nicht seine Qualen. Die Sehnen sirrten vor Schmerzen, doch es waren ja nicht die Schmerzen des Geistes. Die Finger, die stählerne Gitterstäbe aus der Wand gerissen hatten, bluteten. Aber der Geist blutete nicht. Er blutete nie.
    Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt einen eigenen Körper besessen hatte. Körper mussten ständig essen und trinken. Das war das Ärgerliche an den lästigen Dingern. Früher oder später war nichts mehr aus ihnen rauszuholen. Meistens spielte das aber keine Rolle; es fand sich immer jemand – irgendein Kleingeist, in dem Hass, Neid und Groll gärten –, der ihn bereitwillig in sich aufnahm. Doch der Geist musste vorsichtig sein, und schnell. Und vor allem musste er in dem Körper sicher sein. Hier draußen auf den verlassenen Straßen würde er so leicht keine neue geeignete Hülle finden. Widerwillig ließ er den Körper aus einem trüben Pfuhl trinken, der voller Frösche war. Aber so ein Körper brauchte schließlich auch Nahrung.

13
    Die Bettstelle wackelt
    In einem richtigen Bett im weiß-schwarzen Zimmer der Burg schlief es sich wesentlich bequemer als im Verlies, auch wenn Tiffany die beruhigenden Bäuerchen der Ziegen vermisste.
    Sie träumte wieder vom Feuer. Und sie wurde beobachtet. Sie konnte es spüren . Aber diesmal waren es nicht die Ziegen. Denn es geschah in ihrem Kopf. Doch es steckte kein böser Wille

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