Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mittlere Zimmer

Das mittlere Zimmer

Titel: Das mittlere Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Lempke
Vom Netzwerk:
erwartete. War es vielleicht sogar gefährlich, was sie hier tat?
    Sie stieß die Tür auf. Natürlich war es dunkel. Einen Moment zögerte Rike, dann tastete sie mit der Hand innen neben dem Türrahmen nach dem Lichtschalter. Mit klopfendem Herzen, in der Erwartung, irgendetwas würde sie in der nächsten Sekunde angreifen.
    Das Licht ging an, keine blaue n Monster da. Auch ansonsten war nicht viel im Zimmer: ein wuchtiger Kleiderschrank, eine Kommode mit drei großen Schubladen, ein Bett mit gedrechselten Pfosten, alles aus schwarz gebeizter Eiche gefertigt. Das Zimmer hatte weiße Wände und zwei Fenster, eins seitlich zum Garten, eins nach vorne zum Parkplatz hinaus.
    Die Ecke dazwischen hatte Johann mit einem massiven, schwarzen Holzsessel d ekoriert und die Wand über dem Bett mit einem Stahlstich mit biblischem Thema im schweren, breiten Holzrahmen, der gut und gerne 1,50 mal 2 Meter maß.
    Andere Farben als schwarz, weiß, grau oder beige gab es nicht. Dadurch wirkte das Zi mmer sehr leblos ... sehr tot. Richtig, hier lebte ja auch ein Mann, der eigentlich tot sein sollte. Nun, sie war dabei, die Sache zu korrigieren.
    Sie half Johann beim Ausziehen und dann ins Bett, stellte ein paar Flaschen Wasser neben sein schwarzes, antikes Nachttischchen sowie einen Eimer neben das Bett und wünschte ihm eine gute Nacht.
    Anschließend durchsuchte sie eine halbe Stunde lang das Wohnzimmer nach Schlüsseln, ohne etwas zu finden. Dann sah sie sich bis elf Uhr einen Spielfilm an und ging ebenfalls schlafen. Am nächsten Morgen war ihr erster Gedanke: ob er noch lebt?
    Im Morgenmantel machte sie sich auf den Weg zu seinem Zimmer und öffnete leise die Tür. Johann hatte sich so in seine Decke eingerollt, dass nur ein paar blonde Haare hervorlugten. Er schnarchte mit rasselndem Geräusch. Rike ließ ihn schl afen und machte sich in der Küche Frühstück. Etwa eine halbe Stunde später begab sie sich wieder in Johanns Schlafzimmer, in der Hand ein frisches, leeres Glas, dessen Boden hauchdünn mit dem Medikament bedeckt war.
    Als sie diesmal die Tür aufdrückte, drehte sich Johann gerade um und schlug die Augen auf.
    „Guten Morgen, mein Schatz. Wie geht’s dir? Hast du gut geschlafen?“ Rike stellte das Glas auf dem Nachttisch ab, beugte sich über Johann, der womöglich noch dunklere Ringe unter den Augen hatte als am Vortag, und drückte ihm einen Kuss auf die kalte Stirn. Mehr Intimität konnte sie sich nicht abringen.
    „Ich hab sehr unruhig geschlafen.“ Seine Stimme klang schwach. Er lächelte Rike nicht an. „Trotzdem hab ich den Eindruck, dass es mir ein klein wenig besser geht.“
    Ja, wahrscheinlich, aber das würde sich bald ändern. Rike nahm eine der noch nicht angebrochenen Wasserflaschen, schraubte sie auf und füllte das präparierte Glas bis zum Rand. Als sie es Johann reichen wollte, winkte er ab.
    „Später. Ich hab heute Nacht so viel getrunken, dass es mir eigentlich schon zu den Ohren rauslaufen müsste.“
    „Gut. Soll ich dir was zu essen machen?“, fragte Rike.
         „Danke. Aber auch das nicht. Lass mich einfach noch ein bisschen schlafen. Wenn du gleich einkaufen fährst, weck mich bitte. Vielleicht fällt mir was ein, das du mir mitbringen kan nst.“
    „Mach ich “, versicherte Rike, griff sich das benutzte Glas und zwei leere Wasserflaschen und verließ damit Johanns Schlafzimmer.
    Anschließend nahm sie ein Bad und zog sich an. Sie ließ sich Zeit und brachte s ogar noch die Küche in Ordnung. Und wunderte sich, wieso Johann nicht allmählich ihre Hilfe brauchte. War er schon zu schwach, um nach ihr zu rufen? Oder hatte er das Gift noch gar nicht zu sich genommen?
    Gegen halb elf ging sie in sein Zimmer. Ihr erster Blick galt dem Glas auf dem Nach ttisch. Es war leer. Gut. Ihr zweiter Blick traf direkt in Johanns hellbraune Augen. Er lag auf dem Rücken, die Arme neben sich auf der Decke. Er sah krank aus. Aber vielleicht nicht ganz so krank wie am Vortag.
    „Ich fahre gleich los. Geht’s dir besser?“ , wollte Rike wissen. Sie war irritiert.
    „Ich fühle mich sehr schwach“ , meinte Johann und rührte sich nicht. „Aber ich hab Appetit auf Eis, weißt du, das mit der dicken Schokoglasur und den Nüssen. Bringst du mir davon ein paar mit? Und die Tageszeitung? Und vielleicht hilfst du mir noch ins Wohnzimmer, da kann ich ein bisschen fernsehen.“
    Also wurde das Krankenlager wieder auf dem Sofa eingerichtet, bevor Rike zum Ei nkaufen fuhr.
    Zuerst machte sie einen

Weitere Kostenlose Bücher