Das Model und der Scheich
als hätte sich nichts geändert.
„Ja?“
„Es war echt“, antwortete er. „Echt und gegenwärtig. Wir haben es zerstört, aber es war da.“
„Findest du das tröstlich?“, fragte sie bitter, während ihr klar wurde, dass ihr diese Nacht mehr als alles andere das Herz gebrochen hatte.
Als ob sie Schmerzen hätte, verspannte sie sich. Doch Salih schwieg und legte trockene Rinde nach. Dann verschwand er in Richtung des kleinen Sees.
Desirée holte den Schlafanzug aus ihrer Tasche, zog ihn an und setzte sich ans Feuer.
Wie das Bild eines Gottes – nackt, kräftig, die nasse Haut glänzend – tauchte Salih aus der Dunkelheit auf. Mit einem Handtuch aus seiner Tasche trocknete er sich ab, und Desirée beobachtete ihn dabei bewundernd.
Als auch er sich für die Nacht angezogen hatte, setzte er sich neben sie.
„Wirst du Samiha heiraten?“
Achselzuckend antwortete er: „Darüber haben wir noch nicht verhandelt. Aber warum nicht? Irgendwannmuss ichheiraten …“
„Wie kannst du darüber so gelassen sprechen? Du weißt, wie Liebe sich anfühlt. Warum überlegst du dann, eine Frau zu heiraten, die du nicht liebst?“
Angelegentlich stocherte er in der Glut. „Die reife Form von Liebe stellt sich erst während der Ehe ein. Man teilt sein Leben miteinander, hat zusammen Kinder. Da fällt es nicht schwer, einander zu lieben.“
„Sehr überzeugt klingst du nicht.“
„Ich habe es dir schon einmal gesagt, Desi: Ich werde nie wieder eine Frau so lieben wie dich. Das ist undenkbar. Ich wünsche es mir nicht einmal. Es ist besser, auf die traditionelle Art zu heiraten, also erst eine Frau zu finden und dann zu lernen, sie zu lieben. Alles andere bringt nur Leiden mit sich.“
Ob er das zum ersten Mal von seinem Onkel gehört hatte oder von seinem Großvater, wusste er nicht mehr. Doch sein eigenes Leben hatte nur zu klar bewiesen, wie wahr diese alte Weisheit war. Am besten wäre eine Heirat ohne große Gefühle – die sich nur allzu schnell in ihr Gegenteil verkehren konnten.
Schweigend saßen sie da, bis Desirée fragte: „Drängen dich deine Eltern?“
„Wie gesagt, möchten sie schon seit zehn Jahren, dass ich heirate. Inzwischen haben sie es aufgegeben, mich darauf anzusprechen. Doch im Grunde haben sie ja recht, es ist an der Zeit. Ich bin schon fast dreißig.“
„Und warum Samiha?“
„Es gibt gute Gründe, eine Frau zu heiraten, die im Westen aufgewachsen ist.“
„Was denn für welche?“
Am Himmel ging der Mond auf. Mit den Händen auf den Knien saß Salih da und blickte Desirée lange an. Im Feuerschein wirkte ihr Gesicht unglaublich bezaubernd.
Zehn Jahre lang hatte er von ihr geträumt. Und nichts wäre er lieber gewesen als der Jugendliche von damals. Doch die Vergangenheit kam nicht zurück. Er musste der Versuchung widerstehen und einen anderen Weg einschlagen.
„Warum willst du das alles wissen, Desi?“
„Weil ich es einfach nicht glauben kann. Das ergibt doch keinen Sinn!“
„Wieso nicht?“, fragte er stirnrunzelnd.
„Es passt einfach nicht. Ihr seid Cousin und Cousine!“
„Nach unserer Tradition passt das sogar besonders gut.“
„Aber du und Samiha? Denkt ihr auch so?“
„Viele Frauen, die im Ausland leben, halten auf diese Weise ihre Verbindungen nach Barakat aufrecht. Die Kinder haben dann in zwei Ländern das Recht auf eine Staatsbürgerschaft. In unsicheren Zeiten ist das nicht schlecht.“
„Und du glaubst, dass Samiha das will?“
„Vielleicht.“
„Und warum möchtest du es?“
Er warf ein Stück Holz ins Feuer, das knisternd verbrannte. „Das alles kommt zu einer Zeit, wo ich vielleicht ins Ausland gehe. Umso besser, wenn ich das nicht mit einem Diplomatenpass tue.“
Desirée stockte der Atem. „Du willst im Westen leben?“
„Warum nicht?“
„Aber du bist ein Vertrauter des Königs! Der Mittelpunkt deines Lebens ist doch hier, oder?“
„Aber ich werde anderswo gebraucht. Meine Stellung bringt nicht nur Rechte, sondern vor allem auch Pflichten mit sich. Deshalb muss ich tun, was für mein Land das Beste ist.“
„Und was für Pflichten sind das, die dich ins Ausland führen?“
„Darüber kann ich jetzt nicht sprechen, Desi.“
„Für wie lange?“
„Warum fragst du? Weshalb willst du das wissen?“ Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht, das plötzlich verschlossen wirkte. Verärgert stellte er fest, dass er ihr Dinge anvertraut hatte, die er eigentlich hätte für sich behalten müssen.
„Gehen wir schlafen“,
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