Das Mönchskraut
überfüllt waren und daß im großen Hof wachsende Betriebsamkeit herrschte.
»Es geht auch um das Pferd des armen Master Bonel, der heute begraben werden soll«, sagte Bruder Matthew.
»Wir sind nicht mehr verpflichtet, das Pferd zu beherbergen und zu füttern, wenn ich auch weiß, daß dieser Fall in der Schwebe ist, solange der Mord und die neuen Besitzverhältnisse nicht geklärt sind. Aber die Witwe hat keinesfalls das Recht, dieses Pferd in unserem Stall stehenzulassen. Ihre verheiratete Tochter lebt in der Stadt und wird das Tier sicher aufnehmen können. Bis das alles geregelt ist, müssen wir es natürlich versorgen, aber es ist überflüssig, daß wir ihm einen Platz in unserem Hauptstall zur Verfügung stellen. Ich würde es gern zusammen mit ein paar Ackergäulen in den Stall am Pferdemarktplatz bringen. Seid ihr damit einverstanden?«
Damit war Cadfael ganz und gar nicht einverstanden.
Erschrocken richtete er sich auf und ärgerte sich mehr über sein unglücklich gewähltes Versteck als über Matthews praktischen Vorschlag. Doch - wie hätte er so etwas voraussehen können? Der Stall diente nur selten als Unterkunft für Reittiere - abgesehen von jenen Tagen, wo die Pferdemärkte und die Jahrmärkte von St. Peter abgehalten wurden und wo er seinen eigentlichen Zweck erfüllte. Wie sollte er Edwin rechtzeitig vom Heuboden herunterholen und vor der Entdeckung bewahren - am hellen Tag, während ihn religiöse Pflichten einengten?
»Das ist eine gute Idee«, stimmte Prior Robert zu. »Am besten läßt du die Pferde sofort hinausbringen.«
»Gut, dann werde ich den Reitknechten die nötigen Anweisungen geben. Habe ich auch deine Erlaubnis, Witwe Bonels Pferd hinauszuschaffen, Vater?«
»Selbstverständlich!« Roberts Interesse an der Familie Bonel hatte erheblich nachgelassen, da es zweifelhaft war, ob er das Landgut Mallilie jemals besitzen würde. Allerdings hegte er nicht die Absicht, seine Hoffnungen kampflos aufzugeben.
Der Mord und seine Folgen brannten ihm auf der Seele, und er hätte am liebsten nicht nur das Pferd, sondern den gesamten Bonel-Haushalt entfernt, wäre das dem Gesetz nach möglich gewesen. Er wollte nicht, daß die Abtei mit einem so furchtbaren Verbrechen in Verbindung gebracht wurde, er wollte auch nicht, daß die Beamten des Landrats seine Gäste befragten oder daß auch nur der Hauch eines Skandals wie ein fauler Gestank über den Klostermauern hing. »Vorerst können wir uns nicht um die legalen Komplikationen kümmern, die sich an die Vereinbarung mit Bonel knüpfen. Diese ist natürlich hinfällig geworden - es sei denn, der neue Besitzer von Mallilie beschließt, den Willen des Verstorbenen zu erfüllen und das Dokument zu siegeln. Vor Master Bonels Bestattung darf in dieser Hinsicht nichts unternommen werden. Aber das Pferd können wir natürlich wegbringen. Ich bezweifle, daß die Witwe Bonel Verwendung für ein Reittier hat, doch das ist nicht unser Problem.«
Er bereut es schon, daß er in einer impulsiven mitleidigen Anwandlung ein Grab für Gervase Bonel im Kirchenquerschiff zur Verfügung gestellt hat, dachte Cadfael. Jetzt kann er das nicht mehr rückgängig machen, ohne seine Würde aufs Spiel zu setzen. Gott sei Dank wird Richildis jenen Trost finden, den ihr ein feierliches Begräbnis spenden kann, denn alles, was Robert organisiert, hat den Anstrich edler Größe. Bis jetzt war Gervase prunkvoll in der Totenkapelle aufgebahrt, und heute abend wird man ihn auf klostereigenem Grund und Boden bestatten. Das wird Richildis beruhigen. Sicher hat sie dem Toten gegenüber gewisse Schuldgefühle, und wenn sie allein ist, wird sie sich mit Selbstvorwürfen quälen. ›Hätte ich ihn bloß nicht geheiratet ... Hätte ich doch Frieden zwischen Gervase und Edwin gestiftet - dann wäre er vielleicht noch am Leben ...
Während man über den potentiellen Kauf eines Grundstücks sprach, das den Friedhof vergrößern würde, hörte Cadfael nicht mehr zu. Statt dessen überdachte er seine eigenen, viel dringlicheren Probleme. Es würde ihm nicht schwerfallen, einen Vorwand zu finden, um sich in der Nähe des Foregates aufhalten zu können, wenn die Reitknechte die Pferde in das neue Quartier brachten. Die Laienbrüder würden ihn kaum beachten. Wenn er den als Mönch verkleideten Edwin unbemerkt auf den Heuboden gebracht hatte, konnte er ihn genausogut wieder herausholen - vorausgesetzt, er wählte den richtigen Zeitpunkt. Und wohin sollten sie sich dann wenden!
Gewiß
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