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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ihm auftauchte. »Ein Mönch aus Shrewsbury? Bist du hier, um für deine Abtei zu sprechen?«
    »Nein.« Cadfael stand nur wenige Schritte von Meurig entfernt. Nun wich der Schleier des ungläubigen Entsetzens von den glänzenden schwarzen Augen. Der junge Mann erkannte ihn - kannte ihn nur zu gut. »Nein, ich spreche für Gervase Bonel.«
    Meurigs Hals krampfte sich zusammen, er wollte sprechen, brachte aber kein Wort über die Lippen.
    »Ich verstehe dich nicht, Bruder«, entgegnete der Richter geduldig. »Erkläre mir, was du meinst. Du hast ein Hindernis erwähnt.«
    »Ich bin Waliser«, begann Cadfael, »und billige das walisische Gesetz, das besagt, daß ein Sohn ein Sohn ist, mag er ehelich geboren sein oder nicht, und dieselben Rechte besitzt wie ein legitimer Sohn - obwohl das englische Gesetz ihn als Bastard bezeichnet. Ja, ein Sohn, der unehelich geboren wurde, kann seinen Vater beerben, aber nicht, wenn er seinen Vater ermordet hat, so wie dieser Mann.«
    Er hatte erwartet, daß ein Tumult ausbrechen würde. Statt dessen herrschte Grabesstille in der Kirche. Die drei Richter saßen wie versteinert auf ihrer Bank, alle Anwesenden schienen den Atem anzuhalten. Und als sie aus ihrer Betäubung erwachten und verstohlen, fast angstvoll auf Meurig blickten, hatte er seine Fassung mühsam wiedergewonnen.
    Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn und den hohen Wangenknochen, und seine Halsmuskeln waren angespannt wie Bogensehnen. Doch er hatte sich in der Gewalt, er konnte seinem Ankläger ins Gesicht sehen, konnte sich sogar würdevoll von ihm abwenden, die Richter anschauen, wobei seine Miene erkennen ließ, daß er nicht mit Worten gegen eine solche Beschuldigung protestieren wollte, sondern mit schweigender Verachtung. Sicher werden manche glauben, daß ich ein Abgesandter meines Ordens bin, dachte Cadfael bedrückt, daß ich die Übergabe Mallilies an den rechtmäßigen Besitzer verhindern oder zumindest hinauszögern soll, mit allen Mitteln. Und daß ich nicht einmal davor zurüc kschrecke, einen ehrbaren Mann des Mordes zu bezichtigen.
    »Dies ist eine schwerwiegende Anklage«, sagte der Vorsitzende mit gefurchter Stirn. »Wenn du es ernst meinst, mußt du Beweise vorlegen. Und wenn du das nicht kannst, zieh dich zurück.«
    »Ich habe Beweise. Mein Name ist Cadfael, und ich bin ein Mönch aus Shrewsbury. Ich habe das Öl hergestellt, mit dem Gervase Bonel vergiftet wurde. Deshalb war ich es meiner Ehre schuldig, die Wahrheit zu ergründen. Eine Arznei, die kranken Menschen helfen soll, darf nicht als Mordwerkzeug benutzt werden. Man hat mich zu dem Sterbenden gerufen, und jetzt stehe ich hier, um in seinem Namen Gerechtigkeit zu fordern.
    Erlaubt mir zu berichten, wie er getötet wurde.«
    In knappen Worten erzählte er die ganze Geschichte und erwähnte, alle, die am Sterbebett gestanden hatten. Damals hätte es so ausgesehen, als wäre der Stiefsohn der einzige, dem Bonels Tod Vorteile bringen könnte.
    »Wir alle dachten, Meurig hätte nichts gewinnen können.
    Aber nun wissen wir alle, daß für ihn sehr viel auf dem Spiel stand. Die Vereinbarung mit meiner Abtei war nicht gesiegelt, und nach dem walisischen Gesetz - von dem wir damals nicht ahnten, daß es in diesem Fall angewendet werden kann - ist er der Erbe. Laßt mich die Ereignisse schildern, wie ich sie sehe.
    Seit er zum Mann heranwuchs wußte er, daß seine Position als Bonels Erbe nach walisischem Recht unantastbar war, und er begnügte sich wie jeder andere Sohn damit, auf den Tod des Vaters zu warten, und dann sein Erbe zu beanspruchen. Nicht einmal das Testament, in dem Gervase Bonel nach seiner zweiten Hochzeit den Stiefsohn zum Erben einsetzte, beunruhigte Meurig, denn wie könnte eine solche Bestimmung seine Rechte als leiblicher Sohn bedrohen? Doch die Vereinbarung mit dem Kloster war eine andere Sache. Bonel wollte Mallilie dem Benediktinerorden übertragen. Dafür sollte ihm die Abtei ein Haus auf ihrem Grundstück zur Verfügung stellen und ihn bis an sein Lebensende versorgen. Wäre die Vereinbarung sofort gesiegelt worden, hätte dieser Mann seinen Verlust mittlerweile überwunden und keinen Mord begangen. Aber mein Abt wurde nach London berufen und hatte allen Grund zu der Annahme, daß man ihn seines Amtes entheben würde. Deshalb wollte er die Urkunde nicht siegeln.
    Diese Verzögerung weckte neue Hoffnung in Meurig.
    Verzweifelt suchte er nach Mitteln und Wegen, um die Ratifizierung des Dokuments zu verhindern. Sobald die

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