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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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war eine Szene direkt aus einem viktorianischen Melodram. Unser aristokratischer Börsenfreund war über irgend etwas beunruhigt. Bei den anderen konnte man das nicht feststellen. Dollmann, Lavorski und ganz bestimmt auch Sir Anthony konnten ihren Gesichtern jeden gewünschten Ausdruck geben.
    »Du lieber Himmel! Petersen!« Die Stimme von Skouras klang überrascht, aber nicht so überrascht, wie man einen Menschen begrüßt, der gerade dem Grab entstiegen ist. »Ich wußte nicht, daß Sie beide sich kennen.«
    »Aber natürlich, ja. Wissen Sie, Tony, Petersen und ich sind schon seit Jahren Kollegen in der UNESCO.« Onkel Arthur gab immer vor, daß er ein britischer Delegierter bei der UNESCO sei, eine vorzügliche Möglichkeit, seine häufigen Reisen in entfernte Länder zu erklären. »Meeresbiologie mag kein sehr kulturelles Thema sein, aber es ist durchaus wissenschaftlich und auch volksbildend. Petersen ist einer meiner besten Leute, ich meine, wenn er Vorträge hält. Er hat schon für mich in Europa, Asien, Afrika und Südamerika gearbeitet.« Das stimmte absolut, nur handelte es sich dabei nicht unbedingt um Vortragsreisen. »Ich wußte nicht einmal, daß er hier ist, bis ich es heute im Hotel erfuhr. Aber ich sollte nicht von uns sprechen. Es handelt sich um Hunslett, den Kollegen von Petersen und in gewisser Hinsicht auch von mir. Wir können ihn nirgendwo finden. Er ist nicht im Dorf gewesen, und da Ihr Boot dem unseren am nächsten ist, dachten wir uns, wir fragen Sie. Haben Sie vielleicht etwas von ihm gesehen. Irgend etwas?«
    »Ich fürchte nein«, sagte Skouras. »Irgend jemand von euch? Nein? Niemand?« Er drückte auf eine Klingel, und ein Steward kam. Er beauftragte den Steward, im Schiff weiter nachzufragen, und der Steward ging. »Wann ist er denn abhanden gekommen, Mr. Petersen?«
    »Ich habe keine Ahnung. Er führte einige Experimente durch. Ich war den ganzen Tag unterwegs, um Material zu sammeln. Quallen.« Ich lachte übertrieben laut und rieb dabei mein entzündetes Gesicht. »Die giftige Art, fürchte ich. Und als ich zurückkam, konnte ich ihn nicht finden.«
    »Sagen Sie, Mr. Petersen, konnte Ihr Freund schwimmen?« fragte der Fremde. Ich sah zu ihm hin. Ein dunkler, untersetzter Typ. Mitte Vierzig. Mit schwarzen, stechenden Augen in einem gebräunten, unbewegten Gesicht. Ausdruckslose Gesichter schienen hier an der Tagesordnung zu sein. Auch ich versuchte unbeteiligt auszusehen. Es war nicht leicht.
    »Ich fürchte, nein«, sagte ich ruhig. »Ich fürchte, daß Sie dasselbe denken wie ich. Wir haben hinten keine Reling. Ein unvorsichtiges Danebentreten …« Ich brach ab, als der Steward wiederkam, um zu berichten, daß niemand etwas von Hunslett gesehen hatte. Dann fuhr ich fort: »Ich glaube, ich sollte die ganze Angelegenheit sofort dem Polizeimeister MacDonald melden.«
    Alle anderen schienen der gleichen Meinung zu sein. Darauf gingen wir. Der kalte peitschende Regen war heftiger denn je. Am Fuß der Gangway gab ich vor, auszurutschen, schlug wild mit den Armen um mich, stürzte in die See und nahm bei der Gelegenheit gleich die Beleuchtung der Gangway mit. Bei dem Regen und der Dunkelheit gab das ein ziemliches Durcheinander, und es dauerte mindestens eine Minute, ehe man mich wieder auf die Gangway gezogen hatte. Der alte Skouras war die Güte selbst und bot mir sofort trockene Kleider an. Aber ich lehnte höflich ab und fuhr mit Onkel Arthur wieder zur ›Firecrest‹ zurück.
    Nachdem wir das Boot festgemacht hatten, sagte ich: »Als Sie heute auf der ›Shangri-la‹ gewesen sind, müssen Sie doch irgendeinen Grund für Ihre Anwesenheit angegeben haben und für Ihre dramatische Ankunft in einer Rettungsjacht der Royal Air Force.«
    »Ja, und zwar einen sehr guten. Ich erzählte ihnen, eine sehr wichtige UNESCO-Konferenz in Genf mußte abgebrochen werden, weil ein gewisser Dr. Spenser Freeman nicht anwesend war. Das stimmt sogar. Es steht heute in allen Zeitungen. In Wirklichkeit ist Dr. Freeman nicht in Genf, weil wir es nicht wollten. Das weiß natürlich niemand. Ich erzählte ihnen, daß seine Anwesenheit für die Nation lebenswichtig sei, daß wir eine Information erhalten hätten, er stelle irgendwelche Untersuchungen hier in Torbay an, und daß die Regierung mich hierhergeschickt hätte, um ihn zu suchen.«
    »Aber warum haben Sie dann die Rettungsjacht weggeschickt? Das muß doch Argwohn geweckt haben.«
    »Durchaus nicht. Wenn er irgendwo hier in der Wildnis von

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