Das Mörderschiff
Weg durch die gefährlichsten Gewässer Großbritanniens zu finden. Und wenn wir auch nur eine Hoffnung zum Überleben haben, dann hängt das davon ab, wie lange ich noch fähig bin, in dieser Schwärze zu sehen. Machen Sie das verdammte Licht aus!«
»Ich bitte um Entschuldigung.« Das Licht ging aus. »Es war gedankenlos von mir.«
»Und machen Sie auch sonst nirgendwo Licht. Nicht einmal in Ihrer Kabine. Es sind nicht die Felsen im Loch Houron, die mich beunruhigen.«
»Es tut mir leid«, wiederholte sie. »Und ich bedaure, was ich vorhin gesagt habe. Deswegen bin ich nach oben gekommen. Ich wollte Ihnen das sagen. Ich meine, wie ich zu Ihnen gesprochen habe und daß ich so abrupt weggelaufen bin. Ich habe kein Recht, mich zum Richter über andere aufzuspielen – und außerdem glaube ich, daß mein Urteil falsch war. Ich war nur – nun ja, im wahrsten Sinn des Wortes, schockiert. Zuzusehen, wie zwei Menschen einfach exekutiert wurden. Denn es stimmt nicht, was Sir Arthur gesagt hat, daß es in diesem Fall hieß: töten oder getötet werden. Und dann den Menschen sehen, dem es überhaupt nichts ausmacht …« Ihre Stimme verlor sich und war nicht mehr zu verstehen.
»Wenn schon, dann wäre es besser, Sie drückten sich präzise aus, meine Liebe«, sagte Onkel Arthur. »Drei Menschen, nicht zwei. Er hat einen getötet, kurz ehe Sie heute nacht zu uns an Bord kamen. Er hatte keine Wahl. Aber Philip Calvert wird kein vernünftiger Mensch als Mörder bezeichnen. Sie sagen, es berührt ihn nicht. Wenn es das täte, würde er verrückt werden. In anderer Beziehung berührt es ihn außerordentlich. Er tut es schließlich nicht für Geld, er ist ein miserabel bezahlter Mann, bei seinen einmaligen Talenten.« Ich nahm mir vor, diesen Satz bei passender Gelegenheit, wenn wir beide allein sein würden, wieder zu erwähnen. »Er tut es auch nicht, weil es ihm Spaß macht, oder wie sagt man doch heute so modern? – Aus schierer Lust am Schrecklichen. Ein Mann, der sich in seiner Freizeit mit Musik, Astronomie und Philosophie beschäftigt, tötet nicht, weil es ihm Spaß macht. Aber es gibt Dinge, die ihn berühren, nämlich der Unterschied zwischen Recht und Unrecht, zwischen Gut und Böse, und wenn dieser Unterschied groß genug ist, das Gute zu zerstören, dann wird er nicht zögern, Schritte zu unternehmen, die Balance wiederherzustellen. Und vielleicht macht ihn das zu einem besseren Menschen, als Sie oder ich es sind.«
»Und das ist noch nicht einmal alles«, sagte ich, »außerdem bin ich noch berühmt für meine Kinderliebe.«
»Tut mir leid, Calvert«, sagte Onkel Arthur, »ich wollte Sie weder beleidigen noch in Verlegenheit bringen. Ich hoffe, Sie verstehen das. Aber wenn Charlotte es für wichtig genug hielt und hier heraufkam, um sich zu entschuldigen, hielt ich es auch für wichtig genug, die Dinge beim Namen zu nennen.«
»Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Charlotte nach oben gekommen ist«, sagte ich gehässig, – »falls das überhaupt der Grund ist, warum sie nach oben gekommen ist. Sie kam herauf, weil ihre weibliche Neugier sie einfach auffrißt. Sie will unbedingt wissen, wohin wir fahren.«
»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich rauche?« fragte sie.
»Zünden Sie das Streichholz nicht vor meinen Augen an.«
Sie steckte sich eine Zigarette an und sagte: »Daß mich die Neugier auffrißt, stimmt. Aber nicht, wohin wir fahren. Ich weiß, wohin wir fahren. Das haben Sie mir schon gesagt. Zum Loch Houron. Was ich wissen möchte ist, was hier eigentlich vorgeht. Worin besteht dieses schreckliche Geheimnis, was bedeutet das ständige Kommen und Gehen von fremden Menschen auf der ›Shangri-la‹? Was ist so wichtig, daß es den Tod von drei Menschen an einem Abend rechtfertigt? Was machen Sie beide hier eigentlich, was sind Sie, und wer sind Sie? Ich habe niemals geglaubt, Sir Arthur, daß Sie ein UNESCO-Delegierter sind. Ich weiß jetzt, daß Sie es nicht sind. Bitte, ich glaube, ich habe ein Recht, es zu erfahren.«
»Sagen Sie es ihr nicht«, riet ich.
»Wieso, um alles in der Welt, nicht?« sagte Sir Arthur verschnupft. »Wie sie sehr richtig sagt, ist sie schon viel zu tief in alles verstrickt, ob sie es will oder nicht. Sie hat ein Recht darauf, es zu wissen. Abgesehen davon, wird das Ganze in ein oder zwei Tagen sowieso der Öffentlichkeit bekannt sein.«
»Daran haben Sie nicht gedacht, als Sie den Polizeimeister MacDonald mit Entlassung und Gefängnis bedrohten, falls er
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