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Das Molekular-Café

Das Molekular-Café

Titel: Das Molekular-Café Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mr. Mitsukawa. Keith
Wainwright von der ›General Atomic‹. Ich habe dringendes
Frachtgut für unseren Stützpunkt in Itatsuke.«
    »O ja, ich weiß, vier Kisten, sechshundert Pfund.« Mitsukawa lächelte höflich.
Möchte wissen, woher der Kerl im Bilde ist!
Mitsukawa trat an die Karte. In einem Kreis mit der Aufschrift »Itatsuke« flammte ein Lämpchen auf.
»Zweihundertzwanzig Meilen, eine Stunde fünfunddreißig
Minuten – siebentausend Dollar, Mr. Wainwright. In der
gegenwärtigen Situation«, Mitsukawa schmunzelte, »ist
das erheblich billiger als LKW-Transport.«
»Sie meinen…«
»Genau, Mr. Wainwright«, sagte Mitsukawa schnell. »Aber das ist lange«, sagte Wainwright.
»So? – Saemon-san!«
Lautlos war ein junger Japaner da.
»Bitte, fragen Sie Denschi-Boß, wieviel Zeit ein Transport
von hier nach Itatsuke bei kürzester Verbindung in Anspruch nimmt.
Wir geben ihm Iriasuma.«
»Denschi-Boß? Soll das heißen, der Rechenfix ist bei Ihnen angestellt?« fragte der Gast.
»Der Neuroid, meinen Sie«, korrigierte Mitsukawa.
»Jawohl, er leitet bei uns die Überlandtransporte. Absolut
ohne Fehlleistung. – Saemon-san?«
»Zweiundvierzig Minuten, Mitsukawa-san.«
»Und Inasuma, wer ist das?« fragte Wainwright.
»Eine Atomlok – zweihundert Stundenmeilen. Doch das wird
kostenaufwendig, Mr. Wainwright. Zehntausend Dollar«,
präzisierte Mitsukawa. »Fünfzig Prozent Sofortzahlung
per Scheck auf die Urudsima-Bank.«
»Einverstanden«, sagte Wainwright ungeduldig. »Aber das Frachtgut muß versichert werden.«
»Selbstverständlich.« Mitsukawa lächelte.
»Gegen jedes Risiko«, verlangte Wainwright.
»Wir haben allerdings seit Jahren keine Transporthavarien aus
technischen Gründen mehr, Mr. Wainwright. Deshalb ist die
Versicherungssumme nur im Verlustfall zahlbar, und zwar bei Einwirken
höherer Gewalt oder vorsätzlicher Zerstörung durch
Personen, soweit sie mit dem Besitzer oder von ihm beauftragten Dritten
nicht in Verbindung stehen.«
»Hm, Personen. Gehören dazu auch die Atomkriegsgegner?« erkundigte sich Wainwright.
»Natürlich.«
»Fünfhunderttausend Dollar«, sagte Wainwright. »Wo ist die Police?«
»Bitte schön, Vertrag und Police, Sir.« Saemon hatte alles griffbereit. Wainwright unterschrieb wortlos.
»Saemon-san, veranlassen Sie bitte die Annahme des Stückguts
und den sofortigen Versand. – Und nun wird es mir ein
Vergnügen sein, Ihnen die prächtigen Chrysanthemen in meinem
Garten zu zeigen.« Mitsukawa strahlte über und über,
ganz Charme, ganz Entgegenkommen.
Saemon schickte Wainwright feindselige Blicke nach. Als Chef und Kunde
aus der Tür waren, ging er zum Telefon, nahm ab und wählte.
    Das grüne, in Quadrate säuberlich
zerteilte Reisfeld versank in heißem Mittagsdunst. Über
fernab blauenden Bergen glänzte ein weißer Gipfel, der
Fudschijama. Vom Feld her kam Gesang. Frauen mit breitrandigen
Strohhüten hantierten dort, gebückt, bis zum Knie im
sonnenwarmen Wasser. Auf dem Gelände des Rangierbahnhofs
Taruegawa-eki kreischten Kinderstimmen.
    »Takumi, Takumi, du bist dran mit Suchen!« Ein dicker
    Knirps schlug in schnellem Lauf Takumi ab.
»Nee, mag nicht. Kommt mal alle her, wir zählen neu ab.
Toschio! Wo willst du hin?«
Doch Toschio hörte nicht. Er gedachte sich zu verstecken,
so zu verstecken, daß Takumi ihn nie und nimmer finden
würde. Dort hinterm Bahndamm, wo an dichtem
Bambusgehölz vorbei das Abstellgleis verlief. Sacht schlich
der Junge rückwärts und zog das infolge Kinderlähmung
deformierte Bein behende nach.
Eine halbe Meile weiter lag jemand im
unkrautüberwucherten Gemäuer einer alten Kapelle, Fernglas
in Richtung Bahnkörper. Er wußte: Wenn der
Kommandoimpuls meines Mikrosenders in der kleinen grauen Turmspitze
dort am Gleisabzweig ankommt, rast Inasuma aufs Abstellgleis und
verwandelt sich in eine Fontäne aus Erde und Trümmern. Ich
muß bis zuletzt warten, darf das Signal erst funken, wenn Inasuma
bereits im Weichenbereich ist, wenn seine Räder schon
darüberrollen, sonst kommt Denschi-Boß mir zuvor und
korrigiert die
Weichenstellung.
Der Mann verstand sich aufs Warten.
Von weit her, aus Richtung Yokohama, rollte das bekannte
dumpfe Getöse des Güterexpreß heran. Schadet nichts, ich
schaffs noch, dachte Toschio und fing an zu rennen, wobei er
mit den Händen stachliges Geäst auseinanderbog. Um auf das
Abstellgleis zu gelangen, mußte man den Bahnkörper der
Hauptstrecke überqueren. Toschio kraxelte die Böschung
hoch, betrat das Gleis.

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