Das Mond-Monster
Derek?«
»Genau.«
Er drehte sich weg und schaute in eine andere Richtung. So ließ er sich nicht überzeugen. Der Druck, unter dem er stand, war auch wahnsinnig. Nicht nur seine Tochter war verschwunden, auch vier andere Frauen, und bisher hatte niemand eine Spur von ihnen entdeckt. Es gab keinen Hinweis auf den Ort, wo man sie gefangen hielt oder wo sie möglicherweise begraben waren.
Unsere einzige Hoffnung hieß wirklich Mike Derek. Er war anders. Ebenso anders wie auch das Mond-Monster. Gerade darauf setzten wir. Da kamen zwei zusammen, möglicherweise auch Verbündete, obwohl Mike das Monster als Feind und Störenfried betrachtete, wie er immer wieder betont hatte.
Der Mond stand am Himmel und nahm an Kraft zu. Seine Farbe veränderte sich dabei. Das blasse Gelbweiß schwand immer mehr dahin und aus dem Innern des Kreises schien sich die gelbe Farbe zu lösen, um sich verteilen zu können.
Ich sah an der Heckklappe des Leichenwagens eine Bewegung. Mike Derek tauchte dort auf. Er schälte sich aus dem Leichenwagen hervor, blieb dann hoch aufgerichtet stehen und hielt die Arme von seinem Körper abgespreizt. Den Kopf hatte er nach hinten gelegt und der lange Mantel umgab ihn wie einen Schutz vor den Unbilden der Welt.
»Es geht los!«, flüsterte Suko. »Handschellen?«
»Noch nicht.«
»Ich halte sie trotzdem bereit.«
»Tu das.«
Der Weg führte mich auf Mike zu. Er sah mich gar nicht oder wollte mich nicht sehen. Sein Blick galt einzig und allein dem Vollmond, der sich uns zeigte wie ein flaches Gesicht oder nur wie ein großes Auge, das die gesamte nördliche Halbkugel unter Kontrolle hielt.
»Mike«, sagte ich leise.
Er schüttelte den Kopf.
Da war mir klar, dass die Verwandlung in den zweiten Teil seiner Existenz bevorstand. Das hatte auch Ben Cross mitbekommen. Er wollte zu uns laufen, was Suko, der ziemlich günstig stand, nicht zuließ. Er hielt ihn zurück.
»Es fängt an, John…«, sagte Mike Derek.
»Ja, ich sehe es.«
»Und ich muss es zulassen.«
»Tu es.«
»Ich will es nicht…«
»Doch, du musst. Es ist dein Schicksal. Außerdem kannst du dich nicht dagegen wehren.«
Bisher hatte er mich nicht angeschaut und nur für den Mond Interesse gezeigt. Das änderte sich jetzt, denn er senkte den Kopf, um einen Blick in mein Gesicht zu werfen.
Ich war einiges gewohnt, sonst hätte ich mich über seine Veränderung erschreckt. Über das Gesicht schienen Schatten zu laufen, die sich zudem noch fest mit der Haut verbunden hatten. Der Mund stand schon offen und beide Lippenteile zuckten, aber er schloss ihn nicht mehr. Was aus ihm hervorströmte, war kein normales Atmen. Wir hörten das Keuchen und auf Grund seiner Haltung machte er einen angriffswütigen Eindruck.
Dann bewegte er seine Hände. Zuerst dachte ich, dass er nach mir greifen wollte, aber er schlug beide Handflächen gegen seinen Körper und fuhr damit an den Seiten auf und ab, wie jemand, der sich massiert.
Es kam über ihn. Es gab kein Halten mehr, das wusste ich. Schon zu oft war ich Zeuge der Verwandlungen geworden, allerdings mehr bei Werwölfen als bei Vampiren.
Ich wollte auch nicht eingreifen. Man konnte sich nicht gegen das Schicksal stemmen und diese Verwandlung zu einem Vampir war im Prinzip unsere einzige Hoffnung.
Für einen Moment schauten wir uns an. Nie länger, denn er befand sich bereits auf dem Weg nach unten. Er fiel auf die Knie und direkt nach dem Aufprall schüttelte es ihn durch.
Plötzlich war er zu einem Anderen geworden. Er brüllte, er zuckte mit den Armen und Schultern zugleich. Er warf den Kopf von einer Seite zur anderen, sodass seine langen Haare flogen. Der Mund wollte sich nicht mehr schließen. Ich versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen, um herauszufinden, ob ihm Vampirzähne wuchsen.
Ob es bereits so weit war, erkannte ich nicht, denn alles ging viel zu schnell. Aber er würde weiter toben. Er konnte seinem Schicksal nicht entgehen. Bevor es noch schlimmer mit ihm wurde, mussten wir eingreifen.
Ich winkte Suko mit einer knappen Bewegung herbei, der nur darauf gewartet hatte. Als er kam, machte ich ihm Platz, sodass er sich um Mike Derek kümmern konnte.
Der Halbvampir kniete noch immer. Er stieß seinen Oberkörper vor und zurück, er brüllte, er keuchte und spie dabei Wörter aus, die wir nicht verstanden.
Suko griff zu.
Mit einem blitzschnellen Griff hatte er sich den rechten Arm des Mannes geschnappt und hebelte ihn hoch. Der Rest war für ihn Routine, obwohl sich Mike
Weitere Kostenlose Bücher