Das Monopol
Funkgerät genauso gut im Bad hören. Nachdem er sich auf diese Weise selbst überzeugt hatte, ging er zu einem Schreibtisch im hinteren Teil der Brücke, nahm sich den Sportteil der letzten Prawda, den er aus dem Internet ausgedruckt hatte, und ging aufs Klo.
Vielleicht haben diese nichtsnutzigen Rowdys ja endlich mal ein Spiel gewonnen.
Tausende von Sternen funkelten am schwarzen Polarhimmel, der durch keinerlei Verschmutzung getrübt wurde. In vollkommener Dunkelheit, die nur ein wenig durch die Positionslichter der Rossija erhellt wurde, steuerte Carlton das Schiff langsam und vorsichtig, wobei ihm die Übung mit seinem eigenen Navy-PT-Boot auf der Chesapeake Bay zu Gute kam. Und es war gut, dass er sich so sehr aufs Navigieren konzentrieren musste; es lenkte ihn ein wenig von seinen Sorgen ab. Wie konnte Forbes erwarten, dass sie eine verdeckte Operation wie diese ohne vorheriges Training und ohne Informationen durchführten?
Im Licht der Bordscheinwerfer warfen die massigen Aufbauten der Rossija unheimliche Schatten auf die Decks. Von einer Reihe Bullaugen in der Mitte des Schiffsrumpfs abgesehen waren die Fenster dunkel.
Vielleicht schlafen die ja alle, dachte Carlton. Ein frommer Wunsch. Die Dunkelheit war nicht nur ein Segen. Zwar konnten sie sich im Schutz der Nacht unbemerkt nähern, doch das Boot war auch schwerer zu steuern. Carlton drosselte den Motor, bis nur noch ein schwaches Dröhnen zu hören war, und lenkte die Barkasse zum Heck der Rossija. Laut Information aus der CIA- Datenbank musste sich dort eine Leiter befinden …
Da war sie!
Carlton stellte den Motor ganz ab und glitt lautlos auf das gerundete Heck zu.
Wo stecken Jagodas Leute?
Die Rossija war kein Kriegsschiff, und außer dem Reaktor gab es an Bord nur wenig zu bewachen. Carlton hoffte, dass die Hecktür aus diesem Grund nicht zugesperrt war. Er kam an die Tür heran und drehte den Riegel. Die Tür schwang auf. Er grinste zufrieden. »Charascho, Konstantina Nataljewna.« Kapitän Akronseff lobte seine dicke Schiffsköchin. Woher sie das Wildkaninchen und die Pflaumen bekommen hatte, blieb ihr wohl behütetes Geheimnis. Akronseff hütete sich, sie danach zu fragen, zumal dieses Mysterium noch zur Freude an den Mahlzeiten beitrug. Der Kapitän wusste natürlich, woher das Geld für die Bordverpflegung stammte: Von irgendeinem hohen Tier in Moskau namens Pjaschinew. Er hatte den Mann nicht überprüfen lassen, aber gerüchteweise gehört, dass er mit dem Diamantenhandel zu tun hatte. Darüber jedoch wollte Akronseff nicht zu viel wissen, im Grunde war es ihm auch egal. Als ehrlicher Mann hatte er das Bestechungsgeld abgelehnt, das Pjaschinew ihm und seinen Männern für eine monatliche Überquerung des Eismeers geboten hatte. Auch andere Vergünstigungen hatte er ausgeschlagen. Akronseff machte es gratis. Doch er war zu klug, als dass er die Bitten eines hohen Staatsbeamten ignoriert hätte. Deshalb nahm er statt Schmiergeldern lieber ein paar zusätzliche Annehmlichkeiten für seine Mannschaft entgegen. An Bord der Rossija gab es die modernsten Fernsehgeräte und DVD-Player; die Crew konnte sich an den neuesten russischen und amerikanischen Filmen erfreuen. Sie hatten einen Computer mit Internetanschluss, eine Bibliothek mit den jüngsten Ausgaben russischer und ausländischer Zeitschriften sowie eine Speisekammer, die einen französischen Spitzenkoch vor Neid hätte erblassen lassen.
Akronseff lehnte sich im Sessel zurück. Alle seine Offiziere waren inzwischen zu Bett gegangen. Er ließ den georgischen Wein im Glas kreisen und genoss die Stille der Arktis. Dann nahm er den letzten Schluck und stellte das Glas hin.
Plötzlich spitzte er die Ohren.
Was war das?
Instinktiv drehte er den Kopf. Er glaubte, wieder ein Geräusch gehört zu haben.
Klingt wie ein Kratzen. Ein Kratzen? Das konnte nicht das Weinglas gewesen sein. Schon hatte Akronseff sich halb erhoben, um nachzuschauen, als die dicke Köchin plötzlich ihr Puttengesicht aus der Küchentür steckte und lächelte.
»Noch einen kleinen Cognac?« Sie zwinkerte ihm zu.
»Ach, Sie sind das!« Akronseff stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Nein, danke. Ich sollte mich lieber zurückziehen. Ich höre schon Dinge, die gar nicht da sind.«
Ein gedämpfter Knall ertönte, als Chen den Azetylen-Schweißbrenner anzündete.
Warnend legte Pink einen Finger an die Lippen, doch in der Dunkelheit sah Chen es nicht. Er trug eine Schutzbrille und starrte in die leuchtend
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