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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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übergab seinen Schützling einem wartenden Diener und verschwand ohne ein Wort.
    »Sie werden erwartet. Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte der Diener mit starkem sizilianischen Akzent.
    Der Bedienstete, der mit seiner weißen Krawatte, den weißen Frackschößen und Handschuhen dem Diener in der Vatikanbank glich, führte Carlton in die wohltuende Kühle der inneren Halle und einen prächtigen Korridor entlang. Das Schaf wird in die Höhle des Wolfes geführt, dachte Carlton. Er bewunderte die römischen Plastiken und die Renaissancegemälde, die den Flur zierten. Vermutlich waren es sämtlich Originale. Der Diener klopfte einmal kurz, dann öffnete er eine vergoldete Doppeltür und verneigte sich leicht vor Carlton. Er betrat den großen Salon, und der Diener schloss die Tür hinter ihm.
    Carlton staunte beim Anblick des feudalen Empfangszimmers. Zuerst fielen ihm die zahlreichen Rokokomöbel ins Auge. Vergoldete Deckenfriese leuchteten im gleißenden Sonnenlicht, das durch zwei hohe Fenster fiel. Auf dem zweiten Balkon saß ein Mann in einem Ledersessel, nahm ein Sonnenbad und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die Straßen von Palermo, die weit unter ihm im Sonnenglast lagen. Im Profil sah man seine große Nase und das dünne, fast weiße Haar. Als Carlton durch den Salon zu ihm ging, wandte er sich um. Beim Näherkommen sah Carlton, dass der Mann Mitte siebzig sein musste. Sein rundes Gesicht, der untersetzte Leib und die lässige, fast schäbige Kleidung ließen ihn wie einen Bauern erscheinen, nicht wie einen Mann, der in diese feudale Umgebung gehörte. Sein Gesicht war sonnengebräunt und voller Falten. Er trug eine alte Jeans, die Carlton bei einem Paten eher unpassend fand, dazu ein grün kariertes Wollhemd, einen alten Pullover und abgenutzte braune Lederschuhe, die nicht nur bessere Tage, sondern bessere Jahrzehnte gesehen haben mochten.
    »Signor Carlton. Willkommen.« Seine Stimme klang voll und klar. Ohne aufzustehen, schüttelte er Carlton mit machtvollem Druck die Hand und lächelte, wobei seine blendend weißen Zähne blitzten. »Ich bin Don Forza.« Sein Akzent war nicht zu überhören, sein Englisch jedoch perfekt. »Per favore. Nehmen Sie Platz.« Er wies auf einen Sessel neben dem seinen. Carlton setzte sich und wartete.
    Nachdem er sich über Carltons Reise nach Rom erkundigt und seinem Gast ein Glas Chianti angeboten hatte, wandte sich Don Forza der Angelegenheit zu, derentwegen Carlton gekommen war. »Mein guter Freund Don Innocenti – scusi, Don MacLean – hat mir gesagt, Sie hätten mir einen wichtigen Vorschlag zu machen. Am Telefon wollte er nichts Genaueres sagen.« Er zwinkerte. »Er ist ein Mann, der sich gern bedeckt hält. Seine Freunde sind auch meine. Aber was kann ein inzwischen ehrlich gewordener Mann wie ich für das amerikanische Justizministerium tun? Oder für die amerikanische Marine? Oder für die CIA?« Man konnte über Forza vieles sagen, nicht aber, dass er schlecht informiert gewesen wäre.
    »Mr Forza«, begann Carlton, wobei er die respektvolle Anrede »Don« unterließ, auch wenn MacLean ihm versichert hatte, sie werde Forza nichts ausmachen, da er vom Verbrecher zum ehrbaren Geschäftsmann konvertiert war. »Was wissen Sie über Diamanten?«
    »Dass sie wunderschön, teuer und kalt sind. Genau wie viele Frauen, die ich in meinem Leben gekannt habe.« Forza kicherte. »Ansonsten, niente. Ich weiß nichts über Diamanten.«
    Carlton erzählte von Waterboer und der Geschichte des Unternehmens; besondere Betonung legte er darauf, dass Waterboer Kinder ausbeutete und während des Kalten Krieges die Sowjetunion unterstützt hatte.
    »Kinder? Kommunisten? Davon habe ich nichts gewusst«, erwiderte Forza, augenscheinlich angewidert. Wenn es etwas gab, das die Mafia heilig hielt, waren es Kinder. Und von allen politischen Systemen war den Mafiosi der Kommunismus am meisten verhasst. Forza atmete schwer. »Dennoch weiß ich nicht, was ich damit zu tun habe.«
    »Seit vielen Jahren hat jemand im Vatikan einen stetig wachsenden Vorrat an Diamanten angehäuft. Wer dafür verantwortlich ist, spielt im Augenblick keine Rolle.«
    »Altiplano und der Orden.«
    Carlton fiel im Sessel zurück und blickte Forza fassungslos an. »Woher wissen Sie …«
    Wieder blitzten Forzas weiße Zähne. » Per piacere, signore. Wie, glauben Sie, konnte Altiplano – der schließlich Italiener ist – ohne die Hilfe der Cosa Nostra so viele Diamanten aufkaufen?« Er streckte Carlton

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