Das Monopol
waren. Die anderen Förderländer hatten Blut gerochen und verlangten nun ebenfalls höhere Preise für ihre Rohdiamanten.
Waterboer stand vor dem Ende. Der Konzern lebte zwar noch, wand sich jedoch in seinen Fesseln und blutete aus vielen Wunden. In Johannesburg berief Piet Slythe eine Sonderkonferenz seiner Topmanager ein, um das Heiligtum der Diamanten zu verteidigen und Waterboer zu schützen – insbesondere die Familie Slythe, die Hüter des Grals.
Monsignor Rancuzzi saß mit dem vatikanischen Staatssekretär in dessen Büro und trank Champagner. Die Männer prosteten einander gut gelaunt zu. Fast waren sie erschrocken über ihre ungeahnten diplomatischen und politischen Fähigkeiten. Nicht nur, dass sie und die Kirche einen drohenden Skandal in einen triumphalen Sieg verwandelt hatten, indem sie einem korrupten, verderbten Unternehmen einen vernichtenden Schlag versetzten – sie hatten auch ein für alle Mal den Einfluss des Ordens beendet, der den Heiligen Stuhl mehr als zweihundert Jahre lang bekämpft hatte. Wenn die Banken erst erfuhren, dass der Orden Altiplanos mehrere hundert Millionen Dollar Schulden nicht zurückzahlen konnte, würden sie mit dieser kirchlichen Einrichtung nicht gerade wohlwollend verfahren.
Natürlich würde die Kirche Kaution stellen. Doch zum Ausgleich würde sie den Orden so umformen, dass er nicht einmal mehr der Schatten seines früheren Selbst war.
Die Papstmesse hätte beinahe Cristina Petronellis Auftrag scheitern lassen. Aber die Signorina würde niemals zulassen, dass sich irgendetwas zwischen sie und die lockenden 250.000 Euro stellte. Als das Papamobil eintraf, hatte sie bereits die zehn von Don Arcangelos Männern gelieferten Kästchen an strategischen Punkten in der Bank angebracht und die Zeitzünder eingestellt. Sie wusste nicht genau, was in der Bank vor sich ging, aber offenbar waren die Mitarbeiter ihrer Schicht mit Gas außer Gefecht gesetzt worden. Ziemlich seltsam, dachte Cristina. Sie hatte kein Gas gerochen. Vielleicht lag es daran, dass sie sich in einer Toilettenzelle versteckt und die Ereignisse draußen durch das offene Fenster verfolgt hatte. Als sie aus der Toilette kam, wimmelte es in der Bank von Polizisten. Zum Glück hatte sie die Kästchen gut versteckt. So gut, dass die Polizei sie kaum finden dürfte.
Cristina nutzte das Durcheinander, um in den vierten Stock hinaufzusteigen, wo sie rasch Don Arcangelos Handy an einen Computer anschloss. Zu ihrer Überraschung entdeckte sie ein anderes Handy, das an den Rechner daneben angeschlossen war.
Ziemlich geschafft nach diesem anstrengenden Tag trug Cristina sich im Wachbuch aus und verließ die Bankzentrale fast drei Stunden vor Schichtende. Einige Minuten später schlugen Flammen aus jedem Fenster des fünfstöckigen Gebäudes. Sie sah die Druckwelle, dann spürte sie die Hitze des Feuers. Cristina wusste, dass die geheimnisvollen Kästchen, die sie angebracht hatte, dieses Inferno verursacht hatten, und zum ersten Mal bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie empfand keinerlei Schuldgefühle oder Reue, weil sie dutzende von Menschen getötet hatte – nein, sie hatte nur Angst um ihre werte Person. Um sie herum schreiende Menschen, manche brüllten mit überkippender Stimme Befehle. Als Cristina Feuerwehrwagen, Ambulanzen und Streifenwagen erblickte, machte sie sich aus dem Staub, so schnell sie konnte. Zu schade um das Gebäude und meine Kollegen, dachte sie. Doch der Gedanke an die 250.000 Euro ließ sie das Schreckliche bald vergessen.
Als sie die Treppe zu ihrer Wohnung hinaufstieg, fiel ihr plötzlich etwas Seltsames ein: Sie hatte die Zeitzünder so eingestellt, das diese nach Ende ihrer Schicht hätten detonieren müssen, aber das Haus war lange vor Schichtende in die Luft geflogen! Erschrocken blieb sie auf der Treppe stehen, ein Stockwerk unter ihrer Wohnung. Doch es war schon zu spät. Enzo stand bereit. Als Cristinas Leben verlosch, fühlte sie keine Reue. Sie bedauerte nur, dass sie nicht clever genug gewesen war, um Vorauszahlung zu bitten.
80.
Die Anklage
Boeing 747 SP der Alitalia
10.700 Meter über dem Atlantik, 23.07 Uhr
Auf dem Flug von Rom nach Washington lehnte Carlton sich bequem im weichen Ledersessel der ersten Klasse zurück. Obgleich er völlig erschöpft war, konnte er nicht schlafen. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, wirbelten ihm die Ereignisse des vergangenen Monats im Kopf herum.
Neugierig schaute er sich in der feudalen First-Class-Kabine um. Bis
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