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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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stand. In der leeren Wohnung herrschte Außentemperatur. Eine Wolke gefrorener Atemluft hinter sich lassend, ging Kowanetz vom Vorraum ins Wohnzimmer. Man musste nicht GRU-Offizier sein, um zu erkennen, dass Pjaschinew zusätzlich zu seinem Salär als Staatsbeamter eine weitere Einkommensquelle gehabt hatte. Die Wände der feudalen Wohnung waren mit blauer Seide tapeziert; Teppiche aus dem neunzehnten Jahrhundert lagen auf den Böden. Es mutete eher wie ein Zarenpalast an, nicht wie das Heim eines Bürokraten. Auf Hochglanz gebrachte, mit goldenen Blättern geschmückte Rokokomöbel füllten auch den letzten Winkel aus. Von den stucküberladenen Decken hingen Kristallkronleuchter wie erstarrte Eiszapfen. Auf Fotos präsentierte sich der ehemalige Bewohner stolz mit russischen und ausländischen Persönlichkeiten, zum Beispiel mit Piet Slythe. In einer Vitrine stand ein mustergültiges Modell der Potemkin, dem Kriegsschiff des Zaren, das 1905 die berühmte Meuterei der kaiserlichen Truppen erlebt hatte und 1925 in Eisensteins Film für die kommunistische Propaganda unsterblich gemacht worden war.
    Gemälde anderer Kriegsschiffe, friedlich auf den Wellen dahingleitend oder in Seeschlachten verwickelt, hingen an fast jeder Wand zwischen fein gearbeiteten Kerzenleuchtern.
    Kowanetz, dem nichts davon entging, begab sich nun in Pjaschinews Arbeitszimmer. Er lächelte, als er sah, wie gründlich und doch unauffällig sein Team das Zimmer durchsucht hatte. Abgesehen von den Dokumenten, die seine Leute aus dem Wandsafe genommen hatten, lag kein einziges Blatt verkehrt, kein Staubkörnchen war in seiner Ruhe gestört worden. Kowanetz bezweifelte, dass selbst Pjaschinew gemerkt hätte, dass seine persönliche Habe von einem Ermittlungsteam durchkämmt worden war.
    Die Einrichtung des Büros war sehr steif.
    Mitten im Raum stand ein stattlicher, wie gemeißelter Louis-seize-Schreibtisch, überhäuft mit Papieren. In jeder Ecke hielten schlanke Palmen Wache, an allen Wänden hingen Fotos moderner russischer Kriegsschiffe. Auf einem ornamentierten Kaffeetisch prangte ein großer Diamant im Smaragdschliff unter einer Glashaube. Kowanetz ließ die Sachen des kürzlich verstorbenen Komdragmetdirektors in Ruhe; es lohnte nicht, sich die behandschuhten Hände schmutzig zu machen. Sein Team hatte bereits jeden noch so kleinen Fetzen Information aus der Wohnung gelesen und analysiert. Kowanetz wusste, dass die Antwort auf das quälend einfache Rätsel nicht auf einem Papier stehen würde. Er suchte nach irgendetwas, das sichtbar und gleichzeitig verborgen war; deshalb durchsuchte er jedes Zimmer lange und ausgiebig sagte sich dabei immer wieder Pjaschinews Worte vor.
    Rossija, tretij sloi. Ne dopustit im wsjat eto.
    In der Bibliothek schienen hohe Bücherregale die Decke mit der Freskenmalerei zu tragen. Auf einem glänzenden Holztisch lagen Bücher über Diamanten, Marinegeschichte und Design. Dort war nichts zu finden. Nur Bücher. Nichts an der Wohnung war ungewöhnlich. Nach einer guten Stunde stummen Beobachtens sah Kowanetz ein, dass die Wohnung ihm nichts verraten würde.
    Er grüßte den salutierenden Gefreiten und ließ sich von seinem Chauffeur zur GRU-Zentrale zurückfahren. Er würde zwei Berichte abgeben, einen schriftlichen an Präsident Orlow und einen mündlichen per Telefon an Molotok. Auf dem dünnen Seil zwischen diesen beiden Chefs zu gehen war mehr als ein politischer Balanceakt. Kowanetz riskierte mehr als den bloßen Verlust seiner Ehre. Ein Versagen konnte er sich nicht leisten.
    Sein Problem bestand darin, dass er in seiner Eigenschaft als Offizier des militärischen Geheimdienstes ein Mann der Tat war, nicht der Analyse. Er war es gewöhnt, Informationen zu beschaffen - deren Auswertung lag ihm weniger. Anders als ein geschulter Detektiv war Kowanetz zu voreingenommen, ging zu nah an die Dinge heran. Er war unfähig, einen Schritt zurück zu tun, um das Offensichtliche zu erkennen, das ein Ermittler der Moskauer Miliz sofort gesehen hätte.
     

19.

Der Berater
     
    Main Justice Building
    Washington, D. C„ 8.07Uhr
     
    Carlton nippte an seinem Kaffee und starrte durch das Fenster seines Büros in die schwache Wintersonne. Er gähnte herzhaft. Zwei Nächte hintereinander hatte er nicht geschlafen. Ihm war kalt. Vielleicht half ja der starke schwarze Kaffee gegen die Erschöpfung. Carlton rieb sich die Augen und watete in Gedanken zum x-ten Mal durch den Sumpf der Fakten.
    Der Teufel konnte im Detail stecken,

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