Das Monopol
Namen. Aber ich habe sie noch nie im Leben gesehen.«
Boone nickte. »Also hab ich Recht. Die waren hinter Ihnen her, nicht hinter Theodores Mörder.«
»Sie glauben ... Sie meinen also, das Ganze war ein ...«
»Ein Komplott, genau.«
18.
Die Wohnung
Moskau, 9.07Uhr
Normalerweise wurden die Ermittlungen in Vermisstenfällen von der überarbeiteten und unterbezahlten Moskauer Miliz vorgenommen. Doch der Fall Pjaschinew war anders gelagert: Das Verschwinden des Direktors von Komdragmet machte eine offizielle Untersuchung erforderlich.
Ursprünglich hatte Orlow vorgehabt, die Ermittlungen dem Innenministerium und dessen Polizeiapparat zu überlassen, dem MVD. Dann aber wäre der militärische Nachrichtendienst GRU außen vor geblieben. Sicher - die Stärke und der Zugriff des GRU waren seit seinem missglückten Putschversuch verringert worden. Doch Orlow hielt es für besser, dem angeschlagenen Sicherheitsorgan eine Gelegenheit zur Rehabilitierung zu verschaffen und sich seiner Dankbarkeit zu versichern, statt dessen Führung vor den Kopf zu stoßen und sie sich damit zum Feind zu machen. Außerdem war der MVD nur für Angelegenheiten der inneren Sicherheit zuständig; der Fall Pjaschinew jedoch hatte zu viele internationale Bezüge, als dass man ihn vom Innenministerium hätte ermitteln lassen können. Auf diese politischen Erwägungen gegründet - die Orlow eher instinktiv als mit kalter Logik traf fiel die Verantwortung für die Ermittlungen Oberst Kowanetz vom GRU zu.
Kowanetz hatte den Putschversuch nicht aktiv unterstützt. Daher war er von Orlows Säuberung des GRU und des SWR/FSB - dem früheren KGB - verschont geblieben. Doch Kowanetz reichte das nicht. Er strebte nach mehr Einfluss, als der angeschlagene GRU ihm bieten konnte, und hatte sich daher mit einer anderen Macht verbunden, die ihm seiner Meinung nach das Gewünschte schon bald verschaffen konnte: Kowanetz war Molotoks Russkost beigetreten.
Abgesehen von Pjaschinews Offshore-Konto, dem Helikopterabsturz in Mexiko und der rätselhaften handgeschriebenen Notiz gab es kaum Hinweise. Bei so wenigen Beweisen wären die Akten jeder anderen Untersuchung schnell geschlossen worden, doch der Fall Pjaschinew bedrohte die innere Sicherheit und konnte nicht einfach zu den Akten gelegt werden.
Die Tür zu Pjaschinews Wohnung war mit dem Absperrband der Polizei gesichert. Seit dem Verschwinden des Bewohners war nur dem GRU-Team der Zutritt zu der Luxusbehausung gestattet worden. Dreimal war die Wohnung durchsucht worden. Das erste Mal gleich nach Pjaschinews Verschwinden, um jedes Dokument zu sichern, das die nationalen Sicherheitsinteressen berührte. Ein zweites Mal, nachdem bekannt geworden war, dass Pjaschinew das Land in einem Kampfjet verlassen hatte. Und ein drittes Mal, als man entdeckte, dass er von Waterboer kürzlich 5.000.000
Dollar bekommen hatte und daher nicht nur bestechlich, sondern auch ein Verräter war.
Doch die drei Durchsuchungen hatten keine Ergebnisse erbracht, ebenso wenig die Razzia in Pjaschinews Büro und die Verhöre von Familie, Freunden und Mitarbeitern. Doch nun hatte Kowanetz einen neuen Grund, die Wohnung zu durchsuchen. Er hatte neue Befehle erhalten. Nicht von Orlow - diesmal war die Order von seinem anderen Chef gekommen: Molotok. Molotok hatte in Erfahrung gebracht, dass Pjaschinew von einem geheimen Diamantenvorrat des KGB wusste, dessen Existenz er der russischen Regierung verschwiegen hatte. Selbst Waterboer wusste nichts von diesen Diamanten. Molotok wollte sie haben. Und jetzt, da Pjaschinew tot war - wer war da besser zum Auffinden geeignet als Kowanetz, der Leiter der Ermittlungen? Und Molotok zahlte gut. Wenn Kowanetz Erfolg hatte, ließ er ihn am Leben.
Wieder und wieder sagte sich Kowanetz die Worte der geheimnisvollen Notiz vor: Rossija, tretij sloi. Ne dopustit im wsjat eto. Russland, dritte Schicht. Sie dürfen es nicht bekommen.
Jeder Mensch hinterlässt Spuren, das wusste Kowanetz. Wie ein kluger Kopf einmal bemerkt hatte, bedeutet ein Mangel an Beweisen nicht zwingend den Beweis dafür, dass ein Mangel vorliegt Da es im Polizeibericht keine Hinweise auf Pjaschinews Notiz gab, musste in der Wohnung etwas zu finden sein. Irgendwo in dieser Luxuslaube waren jene Fakten versteckt, die ihm das Entziffern der rätselhaften Sätze erlaubten - und dann würde er die verschwundenen Diamanten finden.
Kowanetz erwiderte den zackigen Gruß eines jungen Gefreiten, der an der Wohnungstür Wache
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