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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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sie das Zellophanpapier einer neuen Packung Marlboro aufriss. Wenn sie die Botschaft nicht überbrachte, würde Uljanow sehr unzufrieden sein. Lena wusste nicht, was er tun würde, doch sie war sicher, dass es noch schlimmer war als das, was Slythe ihr angetan hatte. Vielleicht würde Uljanow sie sogar töten.
    Wieder schauderte sie, klappte ein Streichholzbriefchen von »Most« auf, Moskaus angesagtem Nachtclub, rieb ein Streichholz an und steckte die Zigarette an. Als sie den ersten tiefen Zug nahm, kam ihr eine Idee. Rasch holte sie einen Kugelschreiber aus der Tasche, wobei sie das Briefchen zwischen den ausgestreckten Fingern hielt. Mit zitternder Hand kritzelte sie den genauen Wortlaut der Nachricht, die Uljanow ihr aufgetragen hatte, unter die Klappe.
    Wenn irgendjemand zusieht, überlegte sie, wird er glauben, ich schreibe diesem abartigen Mistkerl meine Nummer auf.
    Lena drückte die halb gerauchte Zigarette aus, steckte das Streichholzbriefchen in Slythes Westentasche und wandte sich wieder dem Bett zu.
    Sie spuckte auf den Mann, knipste das Licht aus und stürzte aus dem Zimmer.
     

27.

Der Bote
     
    Old Post Office Building
    Washington, D. C., 11.41 Uhr
     
    Das winterliche Washington war nicht mehr nur kalt und ungemütlich – es war zu einer tödlichen Bedrohung geworden. Carlton wusste, dass er so schnell wie möglich aus Dodge City fliehen musste. Osage und Mazursky hatten schon dran glauben müssen. Wenn er hier blieb, war er vermutlich als Nächster an der Reihe.
    In einen wadenlangen schwarzen Mantel gehüllt, eilte er vom Justizministerium zu einem Einkaufszentrum in der ehemaligen Hauptpost, dem Old Post Office Building.
    Drinnen wurde ihm fast übel vom aufdringlichen Geruch der Restaurants. Es war Lunchhour, und Behördenangestellte drängten sich wie Vieh vor den Ständen, die von Falafel bis zu Hamburgern fast alles anboten. Die meisten Gäste waren Angestellte des Justizministeriums oder des FBI, die wenigstens für eine Stunde aus den marmorverkleideten Festungen fliehen wollten.
    Nach Essen stand Carlton jetzt am allerwenigsten der Sinn. Vor Aufregung, Schlafmangel und zu viel Koffein lagen seine Nerven blank, und sein Magen rebellierte. Im Erdgeschoss des Einkaufszentrums hatte vor kurzem ein Reisebüro eröffnet. Carlton blieb oft vor dem schmalen Fenster stehen, in dem große bunte Farbfotos einladende Ferienziele in den Tropen und im Schnee anpriesen. Heute war er nicht hier, um der Arbeit für die Regierung zu entfliehen – er war hier, um vor der Regierung selbst zu fliehen.
    Carlton nahm die Rolltreppe. Im Erdgeschoss wandte er sich nach rechts, hastete weiter.
    »Verzeihen Sie …« Eine Männerstimme drang an sein Ohr. Nervös fuhr er herum und stieß mit dem Besitzer der Stimme zusammen, einem dunkelhaarigen Mann in Khakihose, dickem Pullover und Wildlederschuhen. Um den Hals trug er eine teure japanische Kamera, um die Hüfte einen Taillengürtel. Ein Tourist.
    Der Mann blickte ihn freundlich mit blauen Augen an. »Verzeihen Sie bitte, Sir«, sagte er noch einmal mit unüberhörbarem Cockneyakzent. »Könn Se mir sagen, wie ich zum Weißen Haus komm? Die Missus wollte hier einkaufen, und jetz ha’m wir uns verlaufen.«
    Carlton beruhigte sich wieder. Nur zu gern zeigte er Touristen in seiner geliebten Hauptstadt den richtigen Weg. Gottlob gab es noch ein paar normale Menschen auf der Welt. »Klar.« Er zeigte dem Mann die Richtung.
    »Ihr Yankees seid echt freundlich.« Der Mann grinste. »Vielen Dank.«
    »Nichts zu danken. Viel Spaß in Washington!« Carlton machte sich wieder auf den Weg zum Reisebüro. Fast hatte er die kleine Agentur schon erreicht, als er irgendetwas in der Manteltasche ertastete, das vorher noch nicht da gewesen war. Er griff hinein und zog einen kleinen braunen Umschlag heraus. Der Umschlag war zugeklebt und ohne Aufschrift. Carlton riss die Klappe auf, zog den Inhalt heraus: ein Schlüssel und ein Foto von einem Berg funkelnder Diamanten.
    Wieder fühlte er die glühende Kugel im Magen.
    Unter dem Foto standen ein paar handgeschriebene Zeilen.
     
    500 einkarätige Diamanten in Brillantschliff, hochweiß mit leichten Fehlern. Die Steine befinden sich in einem Schließfach Ihrer Bank. Benutzen Sie den beigefügten Schlüssel. Wir wissen Ihre Kooperation zu schätzen. Sie haben eine hübsche Freundin.
    Carlton schaute in den Umschlag. Da war noch etwas. Noch eine Aufnahme. Ein ganz neuer Schnappschuss von Erika, anscheinend mit einem starken

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