Das Monster von Bozen
Siegfried Baumeister empfangen, mit denen Sie bereits gesprochen haben. Die beiden werden Sie auch bei Ihren Befragungen begleiten. Sie dürfen nichts ohne sie unternehmen, ist das klar? Ich will jeden Ärger vermeiden. Sie können sich vorher mit ihnen in Verbindung setzen, ich habe hier einen Zettel mit allen Kontaktdaten für Sie. Sagen Sie ihnen, mit wem Sie sprechen wollen, die beiden sorgen dann dafür, dass Sie die Leute am Donnerstag antreffen, vielleicht auch schon Mittwochabend. Und halten Sie sich mit Spesen zurück, Sie wissen ja, wie knapp unser Budget ist.«
19
Mittwoch, 15. Juli
Entnervt kamen Vincenzo Bellini und Guiseppe Marzoli in Köln an. Sie waren viermal umgestiegen, einmal hätten sie beinahe den Anschlusszug verpasst. Am Bahnsteig wurden sie von zwei älteren Kollegen begrüßt, die Vincenzo augenblicklich an Pat und Patachon erinnerten. Der eine war sehr groß, hager und hatte einen gewaltigen Schnäuzer, der andere war viel kleiner und rundlich. Es stellte sich heraus, dass Pat in Wirklichkeit Siegfried Baumeister war und Patachon Detlef Steiner, beide Kriminalhauptmeister und ihre Kontaktleute bei der Kölner Kripo.
Steiner nahm sie herzlich in Empfang: »A Junge, hatt Ehr en aangenähme Reis gehatt? Mer brängen üch jetz eesch ens en et Hotel, do läht ehr dann üür Saache av, dann go’ mer en et Heller’s Brauhuus, un do liert ehr dann trek ens uns Kölsch kenne. Do treffe mer der Hugo Werner, dat es unse Kolleg, dä domols dä Fall Graf bearbeidt hät. Hä hät gesaht, wann die jet vun mer wolle, solle sie en et Heller’s kumme un mer eine usgevve.«
Die Italiener sahen sich ratlos an. Was wollte Patachon ihnen bloß sagen?
Pat – Siegfried Baumeister –, der ihre Verwirrung bemerkte, sprang ein: »Herzlich willkommen. Wir bringen Sie erst mal ins Hotel, dann treffen wir in Heller’s Brauhaus Hugo Werner, der den Fall Graf damals bearbeitet hat. Einverstanden?« Vincenzo und Marzoli nickten etwas perplex.
Baumeister fuhr fort: »Die restlichen Befragungen machen wir dann morgen. Und abends würden wir Sie gern in ein anderes Brauhaus mitnehmen, damit Sie die Kölner Lebensart richtig kennenlernen.«
»Nohm Päffgen, do kenne mer der Köbes persönlich, weil, dat es uns Stammkneip«, ergänzte sein Kollege Steiner in seinem unverständlichen Kauderwelsch.
Es war gut, dass sie diesen Werner noch am selben Tag befragen konnten, denn die Zeit war knapp. Keine Stunde später saßen sie im Heller’s dem kleinen, dicklichen Hugo Werner gegenüber. Er war inzwischen pensioniert, erinnerte sich aber noch gut an die Umstände, unter denen der beliebte Kölner Professor damals so tragisch gestorben war.
Vincenzo und Marzoli bekamen umstandslos schmale, hohe Gläser mit Bier vorgesetzt – das berühmte Kölsch – und bestellten sich dann nach gründlichem Studium der Speisekarte jeweils einen »halven Hahn«, erfreut darüber, dass ein so üppiges Mahl derartig preiswert und damit in Baroncinis Sinne budgetschonend war. Als jedem von ihnen ein Teller mit einem Käsebrötchen vorgesetzt wurde, brachen die drei Kölner in lautes Gelächter aus.
»Wisst ihr«, sagte Baumeister, nun übergangslos vom Sie zum Du wechselnd, »›halver Hahn‹ heißt schon halber Hahn. Aber es ist eben kein halber Hahn.« Er prustete angesichts seines eigenen Witzes und der ungläubigen Blicke der Italiener erneut los.
Steiner schaltete sich ein: »Maht euch nix draus. Ihr seid nit de Erste, die dodrop reinfalle. Su, jetz bestelle mer euch ävver noch wat Aanständiges dobei. Hermann, brängs de uns Kollege och noch zwei Kölsche Kaviar?« Das war ein Roggenbrötchen mit Blutwurst und Zwiebelringen. Unter der Beobachtung und zur Belustigung des Kölner Dreigestirns aßen sie Dinge, die es in Italien nirgendwo gab.
Endlich ergriff Vincenzo das Wort. »Signor Werner, können wir Ihnen denn jetzt ein paar Fragen stellen?«
Werner trank noch einen großen Schluck Kölsch und bedeutete Köbes Hermann, dass er dringend ein neues brauchte. »Darum sind wir hier«, sagte er. »Was wollen Sie wissen?« Zu Vincenzos Erleichterung sprach er akzentfreies Deutsch.
»Zunächst würde uns interessieren, warum Sie damals Schimmel vorgeladen haben, und warum nur ihn und nicht auch andere.«
Werner nahm zunächst freudestrahlend sein Kölsch entgegen. »Ah, danke Hermann! – Das war ein Hinweis von Frau Graf. Sie mochte ihn nicht und hatte von Anfang an den Verdacht, dass er dahinterstecken könnte.
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