Das Monster von Moskau
zurück in die warme Wohnung kam.
Karina hatte das Glas bereits angehoben, um es leer zu trinken, als sie einen Laut hörte, der sie alarmierte.
Er war unter ihr aufgeklungen.
Ein ungewöhnliches Heulen...
Das passte überhaupt nicht hierher. Karina merkte, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken rann, was nicht an der Kälte lag.
Das Geräusch hatte sie irritiert.
Aber sie verließ den Balkon nicht. Sie wollte wissen, wer das Geräusch ausgestoßen hatte.
Es war ein Tier gewesen, aber keine Katze und auch kein Hund, sondern ein anderes.
Ohne ihren Körper zu bewegen, versuchte sie, mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Sie hätte sich jetzt noch mehr Stille gewünscht, um auch andere Laute zu hören. Wer immer sich dort unten bewegte, er schaffte es sicherlich nicht lautlos.
Gespannt wartete sie ab und suchte nach einer Bewegung in der Dunkelheit am Boden.
Nichts passierte.
Sekunden können zäh dahintropfen. Das musste auch Karina feststellen, als sie wartete. Ihr Mund war plötzlich trocken geworden. Im Glas befand sich noch ein kleiner Schluck. Sie wagte nicht, den Arm anzuheben und das Glas an die Lippen zu setzen. Jede Bewegung konnte sie einfach zu schnell verraten.
Das Heulen erklang erneut!
Diesmal zuckte sie zusammen, weil sie es so intensiv vernommen hatte, obwohl es nicht lauter gewesen war.
Dafür in der Nähe...
Sie atmete die kalte Luft ein, bevor sie sich nach vorn lehnte, um besser über die Brüstung schauen zu können. Sie wollte sehen, was sich direkt unter ihr befand.
Jetzt war sie froh, dass keine Blumen ihren Blick behinderten. Sie sah den Boden und die Bewegung.
Ein Tier schlich dort mit langsamen Schritten entlang. Es bewegte sich auf vier Beinen, und sie brauchte nicht zweimal hinzuschauen, um es zu erkennen.
Das war keine Katze. So große Katzen gab es hier nicht. Es musste ein Hund sein, und zwar ein sehr großer.
Sie sah das Erscheinen des Tieres als nicht normal an. Karina wusste, dass die anderen Hausbewohner keine Hunde besaßen. Es konnte allerdings auch ein Tier sein, das irgendwo ausgerissen war. Auf Grund seiner Größe sah es gefährlich aus.
War das wirklich ein Hund?
Das Tier setzte sich auf seine Hinterbeine. Karina hatte den Eindruck, als wollte es ihr etwas beweisen. Dann streckte es seinen Körper nach oben und reckte auch den Hals.
Erneut heulte das Tier auf!
Obwohl Karina damit gerechnet hatte, schauderte sie zusammen. Dieser Ton gefiel ihr nicht. Der konnte ihr einfach nicht gefallen. Sie kannte keinen Hund, der ein solches Heulen ausstieß.
Nein, Hunde heulten nicht so.
Andere Tiere taten dies.
Wölfe!
***
Karina Grischin erschrak über sich selbst, als ihr dieser Gedanke kam. Bei vielen Menschen hinterlässt selbst das Aussprechen des Namens einen Schauder. So erging es Karina nicht. Zwar hatte auch sie reagiert, aber bei ihr lagen die Gründe woanders.
Sie dachte rationaler. Wölfe in der Moskauer Innenstadt. Das war ihr noch nicht zu Ohren gekommen. In den ländlichen Außenbezirken dachte man anders darüber. Da waren sie auch nicht nur Theorie, denn in den kalten Wintern schlichen sie oft in die Nähe der menschlichen Siedlungen, um sich dort ihre Nahrung zu holen. So manches Huhn oder Schaf war zu ihrer Beute geworden.
Was suchte der Wolf hier? War es Zufall? Hatte er sich verlaufen? Oder war er bewusst bei ihr aufgetaucht?
Karina konnte sich eine der Alternativen aussuchen, nur wusste sie nicht, welcher sie trauen konnte.
Sie stand weiterhin unbeweglich und schaute auf den Wolf hinab. Dabei schien sogar die Zeit einzufrieren.
Nach dem letzten Heulen hatte sich das Tier nicht mehr bewegt. Es hockte weiterhin in seiner starren Haltung und schaute in die Höhe. Wobei Karina nicht mal wusste, ob sie überhaupt von diesem Tier gesehen wurde.
Sie hatte mal gehört, dass Wölfe gelbe Augen besitzen. Das stellte sie hier nicht fest. Dafür schoss ein anderer Gedanke durch ihren Kopf.
Wölfe gibt es. Sie sind bekannt. Aber es existierte auch eine Abart von ihnen, und die hatten nur die wenigsten Menschen zu Gesicht bekommen oder wussten über sie Bescheid.
Werwölfe!
Menschen, die sich in Wölfe verwandelten und als blutgierige Monster durch die Nacht streiften. Obwohl sich Karina nicht vorstellen konnte, dass sich ein Werwolf durch den Garten bewegte, wollte sie dieser Gedanke nicht loslassen. Er biss sich praktisch in ihrem Hinterkopf fest, und sie dachte auch wieder an die Ereignisse des zurückliegenden Tages. Spann
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