Das Monster von Moskau
sie diesen Gedanken weiter, so kam sie zu dem Schluss, dass dieser Wolf möglicherweise ihretwegen erschienen war, um sie unter Kontrolle zu halten.
Automatisch dachte sie auch an das Monster von Moskau. Auf dem Eis hatte sie es gesehen, doch sie hätte jeden Eid auf sich genommen, dass dieser Wolf nichts mit der Gestalt zu tun hatte.
Wie war Kozak noch von Valentin genannt worden? Hexer, Dämon und Teufel. Aber nicht Wolf.
Nach einer geraumen Weile bewegte sich das Tier wieder. Es senkte seinen Kopf und drehte den Körper nach rechts vom Haus weg. Kein Heulen erklang. Nahezu friedlich zog das Tier von dannen und war sehr bald in der Dunkelheit verschwunden.
Karina trat von der Brüstung des Balkons zurück und überlegte fieberhaft, was sie unternehmen sollte. Sie war keine Frau, die irgendetwas auf sich beruhen ließ. Sie ging den Dingen immer auf den Grund.
Das wollte sie auch jetzt. In der warmen Wohnung stellte sie das Glas ab. Dann steckte sie ihre Waffe in den Hosenbund, zog die Strickjacke normal an und verließ die Wohnung.
Im Besitz der Waffe fühlte sich Karina sicherer, wenn sie das Haus umschritt. Sie konnte sich nämlich vorstellen, dass der Wolf sich noch in der Nähe aufhielt. Möglicherweise lauerte er sogar darauf, dass sie sich zeigte.
Im Flur begegnete ihr niemand. Sie schritt durch die Stille, die auch in einem dunklen leeren Kino so vorhanden ist.
Die Haustür war bereits abgeschlossen. Karina hatte den Schlüssel mitgenommen und musste ihn in zwei verschiedene Schlösser stecken, um die Tür zu öffnen. Sicherheit ging hier über alles.
Sie huschte aus der Tür. Auf dem Grundstück stand auch der Bau mit den Garagen. Ihren Wagen hatte sie hineingefahren und die Tür wieder geschlossen.
Der Komplex vor den Toren lag frei und übersichtlich vor ihr. Einen Wolf sah sie ebenso wenig wie einen Menschen. Er lief auch nicht über die Zufahrt, über die man die normale Straße erreichen konnte. Nein, hier gab es für ein Tier zu wenig Deckung.
Also an der Rückseite. Denn dort befanden sich auch die Balkone. Sie ging zügig an den Garagen vorbei, aber sie war sehr aufmerksam und bereit, sofort zu handeln.
An der Rückseite angekommen, blieb sie stehen. Sie schaute auch in die Höhe. Die Balkone des vierstöckigen Hauses sahen aus wie kantige Nester, die von der Fassade wegwuchsen. Licht fiel nicht aus den Wohnungen. Die Mieter schliefen. Nur auf ihrem Balkon verteilte sich ein schwacher Schein, dessen Quelle im Wohnraum lag.
Obwohl Karina beim ersten Hinschauen nichts sah, dachte sie nicht daran, sich zurückzuziehen. Langsam und irgendwie suchend ging sie weiter und blieb sehr bald an der Stelle stehen, an der sie das Tier gesehen hatte.
Bis zu ihrem Balkon war es nicht sehr hoch, aber auch ein Wolf hätte den Sprung nicht geschafft. Er musste irgendwo anders stecken. Vorausgesetzt, er hielt sich überhaupt noch in der Nähe auf.
Die Taschenlampe hatte Karina ebenfalls mitgenommen. Bisher brauchte sie das Licht nicht, doch jetzt wollte sie nachschauen und den Wolf vielleicht auch irritieren.
Sie schaltete die Lampe ein.
Die Helligkeit des Strahles erschreckte sie für einen Moment. Er wanderte gegen das Gestrüpp, er traf die Baumstämme, huschte an ihnen vorbei, und so leuchtete Karina auch tiefer in den Hintergrund hinein.
Dort huschte etwas weg!
Es war so schnell gegangen, dass sie nicht hatte erkennen können, was es genau war. Eines allerdings stand für sie fest. Das war kein Tier gewesen. Sie hatte die unbekannte Gestalt einfach als zu groß erlebt. Ein Mensch...
Vielleicht ein Mann auf Liebestour, der sich durch das plötzliche Licht erschreckt hatte?
Karina Grischin schoss einiges durch den Kopf, während sie auf die Stelle zulief, wo sie glaubte, den Mann gesehen zu haben. Sie selbst musste sperrigem Buschwerk ausweichen und sich an den Baumstämmen vorbeizwängen.
Dann erreichte sie die hintere Hälfte des Grundstücks, die brachlag. Angeblich sollte dort noch ein zweites Haus gebaut werden, aber das ließ auf sich warten.
Wenn der Hausmeister Zeit hatte, pflegte er das Grundstück so gut wie möglich mit. Im Winter jedoch ließ er es verwildern.
Sie sah den Mann nicht, auch nicht, als sich Karina auf der Stelle drehte und so viel wie möglich ableuchtete. Keine Bewegung, keiner, der floh. Stattdessen fiel ihr das silbrige Schimmern auf, das von dem Draht des Zaunes stammte, der an dieser Seite das Grundstück abgrenzte.
Trotzdem ging sie darauf zu. Karina merkte,
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