Das Monstrum
Sein linker Knöchel stieß gegen die Deichsel einer alten Egge, die hier im Unkraut vor sich hinrostete, und er musste die Zähne zusammenbeißen und einen Schmerzenslaut unterdrücken. Er stieg darüber und schlich um die nächste Ecke. Jetzt war er hinter dem Schuppen.
Dieses schlurpsende Geräusch war hier hinten unerträglich laut.
Ich bin direkt hinter diesen gottverdammten Duschkabinen, dachte er. Sie schwimmen Zentimeter von mir entfernt … buchstäblich Zentimeter.
Rascheln von Unkraut. Kaum hörbares Kratzen von Metall. Gardener war gleichzeitig nach Lachen und Kreischen zumute. Sie hatten Bobbis Schlüssel nicht gehabt. Jemand war gerade zur Seitenwand des Schuppens gekommen und hatte den Schlüssel vom Nagel geholt, den Gardener erst vor Sekunden dort aufgehängt hatte – wahrscheinlich Bobbi selbst.
Noch warm von meiner Hand, Bobbi, hast du es bemerkt?
Er stand an der Rückseite des Schuppens mit dem Rücken an dem rauen Holz, die Arme etwas gespreizt, die Handflächen fest auf den Brettern.
Hast du es bemerkt? Und hörst du mich? Hört mich einer von euch? Wird jemand – Allison oder Archinbourg oder Berringer – plötzlich den Kopf um die Ecke strecken und rufen: »Verloren, Gard, wir seeeeehen dich?« Funktioniert die Abschirmung noch?
Er stand da und wartete darauf, dass sie ihn holen würden.
Sie kamen nicht. In einer gewöhnlichen Sommernacht hätte er das metallische Klicken des Schlosses wahrscheinlich nicht hören können – es wäre vom lauten rii-rii-rii der Grillen übertönt worden. Aber jetzt gab es keine Grillen mehr. Er hörte das Aufschließen; hörte das Quietschen der Angeln, als die Tür geöffnet wurde; hörte wieder das Quietschen, als die Tür zugemacht wurde. Sie waren drin.
Fast im selben Augenblick wurde das Pulsieren des Lichts, das durch die Ritzen fiel, schneller, das Leuchten wurde greller, und ein schmerzerfüllter Schrei zerriss sein Gehirn:
Weh! Es tut weeeeeh …
Er bewegte sich vom Schuppen weg und ging zurück ins Haus.
9
Er lag lange wach und wartete, dass sie wieder herauskommen würden, wartete, ob er entdeckt worden war.
Also gut, ich kann versuchen, dem »Werden« ein Ende zu bereiten, dachte er. Aber das wird nicht funktionieren, wenn ich nicht tatsächlich in das Schiff hinein kann. Kann ich das?
Er wusste es nicht. Bobbi schien keinerlei Bedenken zu haben, aber Bobbi und die anderen waren jetzt anders. Oh, er selbst war auch dabei, zu »werden«; das bewiesen die verlorenen Zähne; und auch die Fähigkeit, Gedanken zu hören. Er hatte die Worte auf dem Computerbildschirm verändert, indem er sie nur gedacht hatte. Aber es hatte keinen Zweck, sich etwas vorzumachen: Er lag weit hinter der Konkurrenz. Falls Bobbi den Eintritt ins Schiff überlebte
und ihr alter Kumpel Gard tot umfiel, würde sich dann jemand die Zeit nehmen und eine Träne vergießen? Er glaubte es nicht.
Vielleicht wollen sie das alle, Bobbi eingeschlossen. Dass du das Schiff betrittst und dein Gehirn einfach mit einer einzigen harmonischen Radioübertragung explodiert. Das würde Bobbi den moralischen Schmerz ersparen, sich selbst um dich kümmern zu müssen. Mord ohne Tränen.
Er bezweifelte jetzt nicht mehr, dass sie die Absicht hatten, ihn loszuwerden. Aber er dachte, dass vielleicht Bobbi – die alte Bobbi – ihn so lange leben lassen würde, bis er das Innere dieses seltsamen Dings gesehen hatte, mit dessen Ausgrabung sie so lange beschäftigt gewesen waren. Das fühlte sich jedenfalls richtig an. Und letzten Endes spielte es keine Rolle. Wenn es ein Mord war, was Bobbi plante, dann konnte er sich davor nicht wirklich schützen, oder? Er musste in das Schiff hinein. Wenn ihm das nicht gelang, würde er seinen Einfall, so verrückt er auch sein mochte, niemals in die Tat umsetzen können.
Du musst es versuchen, Gard.
Er hatte die Absicht, es zu versuchen, sobald sie im Inneren waren, und das würde wahrscheinlich morgen früh sein. Jetzt dachte er, dass er sein Glück vielleicht noch ein wenig stärker beanspruchen musste. Wenn er sich an das Lumpengerüst hielt, das er inzwischen wohl als seinen »ursprünglichen Plan« bezeichnen musste, dann würde er nichts mehr für den kleinen Jungen tun können. Der Junge musste zuerst drankommen.
Gard, er ist wahrscheinlich schon tot.
Vielleicht. Aber der alte Mann glaubte das nicht; der alte Mann glaubte, dass es noch einen kleinen Jungen gab, den man retten konnte.
Ein einzelnes Kind ist nicht wichtig – nicht
Weitere Kostenlose Bücher