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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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losgelassen, und jetzt umklammerte sie es noch fester. »Ich brauche dich. Ich habe dich gerufen. Und du hast es gehört, nicht?«
    »Ja«, sagte Gardener unbehaglich. »Ja, ich schätze schon.«
    »Gard …« Bobbis Stimme versagte. Gard wartete, sein Verstand war ein einziges Durcheinander. Bobbi brauchte ärztliche Hilfe … aber sie sagte, wenn Gardener jemanden holte, wäre das das Ende ihrer Freundschaft …
    Der sanfte Kuss, den sie ihm mitten auf die schmutzige Handfläche drückte, überraschte ihn. Er sah sie verblüfft an und blickte in ihre großen Augen. Das fiebrige Glänzen hatte sie verlassen; er sah jetzt nur ein Flehen darin.
    »Warte bis morgen«, sagte Bobbi. »Wenn es mir morgen nicht besser geht … tausendmal besser … dann gehe ich. Einverstanden?«
    »Bobbi …«
    »Einverstanden?« Ihre Hand griff fester zu und forderte Gardener so zur Zustimmung auf. »Nun … ich denke schon …«
    »Versprich es mir.«
    »Ich verspreche es.« Vielleicht, fügte Gardener im Geiste hinzu. Wenn du nicht einschläfst und anfängst, merkwürdig zu atmen. Wenn ich nicht gegen Mitternacht zu dir komme und feststelle, dass deine Lippen aussehen, als
hättest du Blaubeeren gegessen. Wenn du keinen Anfall bekommst.
    Das war dumm. Gefährlich, feige … aber in erster Linie einfach nur dumm. Er war mit der Überzeugung aus dem großen schwarzen Tornado gekommen, dass Selbstmord der beste Weg war, seinem Elend ein Ende zu machen und sicherzustellen, dass er anderen kein Leid mehr zufügte. Er war dazu entschlossen gewesen; er wusste, dass das so war. Er war unmittelbar davor gewesen, in das kalte Wasser zu springen. Dann war die Überzeugung gekommen, dass Bobbi Schwierigkeiten hatte
    (Ich habe dich gerufen, und du hast es gehört, nicht wahr) und nun war er hier. Und jetzt, Ladies and Gentlemen, hörte er Allen Ludden mit seiner schnellen, heiteren Quizmasterstimme sagen, kommt die Master-Frage: Zehn Punkte, wenn Sie mir sagen können, warum Jim Gardener die Drohung von Bobbi Anderson, ihre Freundschaft zu beenden, so zu schaffen macht, wo er sie doch durch seinen Selbstmord selbst beenden will? Was? Niemand? Nun, hier ist die große Überraschung! Ich weiß es auch nicht!
    »Okay«, sagte Bobbi. »Okay. Großartig.«
    Die Erregung, die beinahe Entsetzen gewesen war, fiel von ihr ab – die schnellen, keuchenden Atemzüge wurden langsamer, und die Rötung ihrer Wangen ging etwas zurück. Also war das Versprechen immerhin zu irgendetwas gut gewesen.
    »Schlaf, Bobbi.« Er würde wach bleiben und auf jede Veränderung achten. Er war müde, aber er konnte Kaffee trinken (und vielleicht etwas von dem nehmen, was Bobbi genommen hatte, wenn er es fand). Er schuldete Bobbi diese Nachtwache. Es hatte Nächte gegeben, in denen sie bei ihm gewacht hatte. »Schlaf jetzt.« Er befreite sanft sein Handgelenk aus Bobbis Griff.

    Sie machte die Augen zu, dann öffnete sie sie langsam ein letztes Mal. Sie lächelte, ein so reizendes Lächeln, dass er sich sofort wieder in sie verliebte. Sie hatte diese Wirkung auf ihn. »Das ist … wie in alten Zeiten, Gard.«
    »Ja, Bobbi. Wie in alten Zeiten.«
    »… hab dich lieb …«
    »Ich hab dich auch lieb. Schlaf jetzt.«
    Ihre Atemzüge wurden tiefer. Gardener saß drei Minuten an ihrer Seite, dann fünf, betrachtete ihr Madonnenlächeln und war zunehmend davon überzeugt, dass sie eingeschlafen war. Dann öffnete Bobbi sehr langsam unter Mühen erneut die Augen.
    »Fantastisch«, flüsterte sie.
    »Was?« Gardener beugte sich vor. Er war sich nicht sicher, was sie gesagt hatte.
    »Was es ist … was es kann … was es tun wird …«
    Sie spricht im Schlaf, dachte Gard, aber er spürte den kalten Schauer zurückkehren. Der verschlagene Ausdruck war in Bobbis Gesicht zurückgekehrt. Er lag nicht darauf, sondern darinnen, als wäre er unter ihrer Haut gewachsen.
    »Du hättest es finden sollen … ich glaube, es war für dich, Gard …«
    »Was denn?«
    »Sieh dich um«, sagte Bobbi. Ihre Stimme wurde leiser. »Wirst schon sehen. Wir graben es gemeinsam zu Ende aus. Du wirst sehen, es löst … die Probleme … alle Probleme …«
    Jetzt musste Gardener sich ganz weit vorbeugen, um etwas zu hören. »Was denn, Bobbi?«
    »Sieh dich um«, wiederholte Bobbi, und das letzte Wort dehnte sich und wurde zu einem Schnarchen. Sie war eingeschlafen.
    2
    Gardener wäre beinahe doch ans Telefon gegangen. Er war nahe daran. Er stand auf, aber auf halbem Weg durchs Wohnzimmer änderte er die Richtung

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