Das Moor Des Vergessens
kenne. Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie meinen Laptop überprüfen.«
»Ich glaube, das wird im Moment nicht nötig sein. Wie nimmt Sie normalerweise mit Ihnen Kontakt auf?«, fragte Rigston. »Sie steht einfach vor meiner Tür.«
»Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Tenille Cole beschreiben?«
»Ich würde mich als ihre Ratgeberin bezeichnen. Und ihre Freundin.«
»Ihre Ratgeberin? In welchem Sinn?«
Jane seufzte. »Ich weiß, es ist schwer für Leute wie Sie, das von einem schwarzen Teenager zu glauben, aber Tenille mag Gedichte. Und sie mag sie nicht nur, sie versteht auch, worum es dabei geht. Sie hat eine Sensibilität für romantische Lyrik, die die meisten Anglistikstudenten beschämen würde. Und das ist zufällig mein Spezialgebiet. Sie kommt zu mir in die Wohnung und liest Gedichte und Literaturkritik, und manchmal reden wir über das, was sie gelesen hat.« »Sie sprechen über Dichtung?«
»Und über Literaturkritik.« Jane lächelte herablassend. Ewan nahm es als einen Versuch, ihn zu ärgern. »Und Sie finden das nicht merkwürdig?« »Es ist sehr merkwürdig. Aber so ist es eben. Nichts Ungesundes. Nichts Verdorbenes. Nichts Kriminelles.« Rigston schüttelte verblüfft den Kopf. »Sprechen Sie auch über ihr eigenes Leben?«
»Sehr wenig. Sie kommt zu mir, um von ihrem Leben wegzukommen. Sie will es hinter sich lassen.«
»Sie wissen also nicht, warum sie vielleicht ...« Rigston sah auf seine Notizen. »Geno Marley erschossen hat?« »Tenille hat Geno Marley nicht erschossen«, sagte Jane mit einer Sicherheit, die Rigston schon von anderen Fällen vertraut war und ihn deprimierte. Diese tragische Fehleinschätzung hatte er schon allzu oft erlebt. »Woher wissen Sie das?«, fragte er sanft. »Weil sie nicht so ist. Sie gehört nicht zu den Möchtegerngangstern und den halbwüchsigen Müttern. Sie verachtet dieses Leben.«
»Nach dem, was man mir gesagt hat, steht ihr Vater im Mittelpunkt dieses Lebens.«
Jane schüttelte ungeduldig den Kopf. »Tenille hat keinen Vater. Zumindest keinen, den sie bewusst wahrgenommen hätte. Sie ist von ihrer Tante erzogen worden. Ihre Mutter ist tot. Sie hat nie einen Dad gehabt.« »Der Name John Hampton sagt Ihnen also nichts?« »Natürlich tut er das. Ich lebe schließlich in Marshpool.« »War Ihnen klar, dass er Tenilles Vater ist?« »Ich habe den diesbezüglichen Klatsch gehört. Aber ich habe nie mitbekommen, dass er sie auch nur beiläufig akzeptiert hätte.« Jane wandte den Blick ab, ihr Gesichtsausdruck war traurig. »Tenille sagt, dass sie keinen Vater hat. Und ich neige eher dazu, das zu glauben.«
Rigston versuchte es anders und hoffte, Jane zu überrumpeln. »Ist sie hier, Ms. Gresham?«
Jane sah schockiert auf. »Natürlich nicht. Sie hat doch keine Ahnung, wie sie die Farm hier finden könnte.« »Dann würde es Ihnen also nichts ausmachen, wenn ich mich hier umsehe?« Jane war verwirrt und zornig. »Ach, ihr Polizisten«, sagte sie bitter. »Wenn ich nein sage, denken Sie, ich habe etwas zu verbergen. Wenn ich ja sage, werde ich mich beleidigt und angegriffen fühlen.« Sie hob den Kopf und sah Rigston direkt in die Augen. »Bitte. Suchen Sie, so viel Sie wollen.« Es war ein direkter Blick, aus dem Rigston schließen konnte, dass er seine Zeit verschwenden würde. Aber trotzdem wäre es ihm nicht recht gewesen, dass jemand ihn klein beigeben sah.
»Danke«, sagte er.
Sie zuckte die Schultern. »Sie tun ja nur Ihre Arbeit. Ich habe nichts zu verbergen.«
Ich hatte von Toobouai aus unserem neuen Eden geträumt, ein kleines Paradies für diejenigen von uns, die schlimmste Stürme überstanden hatten. Ich nutzte die neu entstandene, scheinbare Freundlichkeit der Eingeborenen, verhandelte mit ihnen wegen Land für ein Fort, und zuerst waren die Beziehungen gut. Aber die Bildung unterschiedlicher Gruppierungen in der Mannschaft entwickelte sich weiter. Es gab nicht genug tahitianische Frauen für alle, und die eingeborenen Frauen waren nur mit Gewalt zu nehmen, was ich nicht billigen konnte. Manche der Männer wollten nach Tahiti zurückkehren, andere waren nur darauf aus, meine Autorität zu untergraben, weil sie meinten, sie seien jetzt ihre eigenen Herren, und sie begriffen nicht, dass Führung vonnöten war, weil Einigkeit zum Erreichen eines Ziels bestehen musste, um eine Kolonie richtig aufbauen zu können. Schließlich beschloss ich, dass wir nach Tahiti zurückkehren würden, um die, die es wünschten, an
Weitere Kostenlose Bücher