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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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schon tot. Und die Ehe war ziemlich unglücklich gewesen. Sie war ein verwöhntes wohlhabendes Mädchen, das seine Kränklichkeit genoss. Ich meine wirklich genoss. John hatte schon genug unter Christian Curwens Familie gelitten. Ich habe mir alles mögliche überlegt, um auf eine Alternative zu kommen. Aber das Einzige, was mir einfällt, das sowohl die Heimlichtuerei als auch den möglichen Anlass für Johns Schmerz erklärt, ist, wenn ich Recht habe, dass Fletcher nicht nur zurückkam, sondern William auch die ganze Geschichte erzählte.« »Trotzdem etwas dürftig«, sagte Dan. »Ich meine, es hätte ja etwas Ehrenrühriges über Isabella sein können, das William herausgefunden hatte.«
    Jane schien enttäuscht. »Siehst du, ich hab dir ja gleich gesagt, dass es nur ein Spleen von mir ist«, meinte sie unsicher und versuchte, es herunterzuspielen.
    »Nein, versteh mich nicht falsch. Ich glaube, es ist schon mehr als das. Worauf immer Mary sich bezogen haben mag, es ist etwas, mit dem sich niemand sonst beschäftigt hat, und das ist vom wissenschaftlichen Standpunkt aus an sich schon interessant. Ich glaube, du solltest der Sache nachgehen. Und zwar bald, Jane.«
    »Ich hab's jetzt schon länger als ein Jahr für mich behalten, Dan. Es kann warten, bis ich Zeit habe, um es im neuen Archiv richtig anzugehen.« Sie trank ihren Mokka aus, zog den Mantel an und machte sich zum Gehen bereit. »Meinst du?« »Warum nicht?« »Jane, du hast doch selbst betont, dass die Moorleiche und ihre Tätowierungen nach Südsee klingen. Was wäre, wenn sich diese Leiche tatsächlich als Fletcher Christian herausstellen sollte? Nachdem wir neulich darüber sprachen, habe ich ein paar grundlegende Dinge im Internet recherchiert. Und unter anderem las ich, dass Fletcher sich als Schmuggler betätigt haben soll, nachdem er zurückgekommen war. Das ist genau die Art von Beruf, der zu einem geheimnisvollen Tod draußen auf dem Moor hätte führen können. Er könnte es wirklich sein. Und wenn er's ist, werden Hinz und Kunz sich auf jedes Archiv im Lake District stürzen. Und dann wird es zu spät sein. Jemand anders wird dir deinen Traum stehlen.« Er fasste nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Du musst schnell etwas tun. Und du brauchst Hilfe. Hilfe und Fachwissen. Und dafür bin ich da.«

 
     
     
    »Ich wusste, dass ich Vertrauen in dich setzen kann, Willy«, sagte er. »Mein Bruder sprach von deiner Güte und wie du mich gegen die Verleumdungen verteidigt hast, die gegen mich in der Öffentlichkeit im Umlauf waren.« Ich hatte tatsächlich, als persönlichen Gefallen seinem Bruder Edward gegenüber, dem Herausgeber des »Weekly Entertainer« geschrieben und die Lügen gebrandmarkt, die unter dem Namen meines alten Freundes publiziert worden waren. »Wie kommst du hierher?«, fragte ich ihn. Er sagte, es sei eine lange Geschichte und dazu eine, die er mir gern erzählen würde. »Gemeine Lügen sind über mich in Umlauf gesetzt worden, und ich will, dass die Wahrheit bekannt wird. Ich kann mir keinen besseren Mann denken, der meine Geschichte den Menschen überliefern könnte, als dich, meinen alten Freund.« Ich muss gestehen, dass mich der Gedanke erstaunte, sein Berichterstatter zu werden, aber je mehr ich darüber nachsann, desto geeigneter erschien mir der Stoff für die Versform. Die Arbeit an meinem langen Versgedicht über mein Leben hat bei mir eine Vorliebe für das Epische im Vergleich zum Lyrischen geweckt, und so wird diese Erzählung gewiss episch werden und das Beste und Schändlichste am Charakter eines Mannes erfassen, so wie es sein sollte.

6
    Jake Hartnell blieb einen Moment im warmen Schatten unter dem Wellblechvordach des Koutras-Minimarktes stehen und trug die schweren Plastiktüten in einer Hand. Es war drei Wochen her, seit er England verlassen und Nachrichten gehört oder mehr als nur einen flüchtigen Blick auf die Schlagzeilen einer britischen Zeitung geworfen hatte. Die Sonne mochte seine olivbraune Haut zwar so gebräunt haben, dass er fast als ein im südlichen Mittelmeerraum geborener Einheimischer durchgehen konnte, aber er wusste, dass es ganz anders war. Als er die vertrauten Namenszüge auf den Titelseiten erblickte, packte ihn plötzlich ein unerwartet starkes Heimweh.
    Er überquerte die schmale Straße und stellte die Einkäufe hinten in den offenen Geländewagen. Dann kehrte er zum Ständer mit den ausländischen Zeitungen zurück. Er schätzte, dass sie schon ein paar Tage alt waren,

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